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Kraftwerksausbau bringt Verdreifachung der Anlagenleistung9 min read

5. Dezember 2019, Lesedauer: 6 min

Kraftwerksausbau bringt Verdreifachung der Anlagenleistung9 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Alt? Von wegen. Gerade einmal 15 Betriebsjahre hatte das Kleinkraftwerk eines leidenschaftlichen Wasserkraftbetreibers in der Obersteiermark auf dem Buckel, ehe dieser daran ging, seine Ökostromanlage am Köberlbach in Gaishorn am See auf völlig neue Beine zu stellen.

Mit einer Fallhöhenerweiterung von bislang 179 m auf nunmehr 313 m sowie einer Erhöhung des Ausbaudurchflusses von 90 l/s auf 170 l/s gelang es, die Maschinenleistung um rund 300 Prozent auf heute 430 kW anzuheben. Die 2-düsige Peltonturbine aus dem Hause Andritz Hydro erzeugt im Regeljahr rund 1,6 GWh. Das Kraftwerk besticht dabei nicht nur mit effizienter Maschinentechnik, sondern darüber hinaus auch mit einigen speziellen Finessen, die auch auf das Konto des engagierten Betreibers gehen. Eine davon: ein im Maschinenhaus integriertes Café im Stile der 1920er Jahre.

In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hielt die Elektrizität langsam Einzug im Paltental in der Obersteiermark. Mit der Agrar-Waldgemeinschaft Gaishorn wurde eine Vereinigung von zukunftsgerichteten Bauern initiativ und realisierte 1926 das erste Wasserkraftwerk am Köberlbach. Die Anlage, ausgestattet mit einer 1-düsigen Voith-Peltonturbine, war modern für die damalige Zeit – und mit etwa 100 PS durchaus leistungsstark. Über Jahrzehnte betrieb die Genossenschaft die Anlage, bis in den 1960er Jahren das öffentliche Stromnetz das kleine Dorf im Paltental erreichte. „Als die Netzanbindung durch die STEWEAG in den 1960ern kam, wurde die Anlage kurzerhand wegen Minderleistung abgedreht – und setzte über die folgenden Jahrzehnte Spinnweben an. Ende der 1990er Jahre bot sich meiner Familie und mir die Möglichkeit, das Kraftwerk zu kaufen“, erzählt der heutige Betreiber der Anlage. Nicht zuletzt dank seiner eigenen beruflichen Vergangenheit im Umfeld von Wasserkraftwerken erkannte er recht schnell das Potenzial in der Anlage und beschloss gemeinsam mit seiner Familie, das Kraftwerk aus seinem fast vier Jahrzehnte dauernden Dornröschenschlaf zu erwecken.

Potenzial am Standort nutzen
Die Anlagenkomponenten, wie Wasserfassung und Maschinenhaus wurden saniert, die Rohrleitung komplett getauscht, ein neuer Generator angeschafft und die Turbine saniert. Nachdem der alte mechanische Regler durch eine moderne hydraulische Variante ersetzt war, konnte das Kraftwerk Köberlbach 2002 in runderneuertem Zustand wieder in Betrieb gehen. Die Anlage lieferte fortan zuverlässig Strom ins Netz der Energie Steiermark.
Obwohl durchaus zufrieden mit seinem Kleinkraftwerk, reifte im Hinterkopf des Betreibers über die Jahre die Idee eines weiteren Ausbaus immer weiter. Schließlich waren die Voraussetzungen gut – von der Wasserführung des in den Palten mündenden Köberlbachs, über die Wasserqualität bis zur Option, die Wasserfassung nach deutlich weiter oben zu verlegen. Anfang 2016 war es dann soweit – die Idee hatte sich zum Projekt entwickelt: Abgesehen vom alten Maschinenhaus, das in seiner ursprünglichen äußeren Form erhalten bleiben sollte, war ein kompletter Neubau des Kraftwerks vorgesehen. Es standen die wasserrechtliche, naturschutzrechtliche, energie- rechtliche und forstrechtliche Bewilligung sowie der Anerkennungsbescheid als Ökostromanlage auf der Agenda. „Grundsätzlich ist das behördliche Genehmigungsverfahren sehr zügig und gut verlaufen. Lediglich die naturschutzrechtliche Bewilligung dauerte etwas länger. Aber dank der guten Vorarbeit unseres Planers fanden wir auch mit dem Naturschutz eine sehr gute Basis. Nach anderthalb Jahren lagen die Genehmigungen auf dem Tisch“, so der Betreiber. Im November 2017 erfolgte der Startschuss für die Bauarbeiten.

Effektiver Rückhalt von Sedimenten
Die zentrale naturschutzrechtliche Auflage sah dabei einen vollständigen Rückbau der bestehenden Wasserfassung vor. Von ihrem Grundkonzept her entsprach diese bereits der neuen Fassung, die nun auf 1.075 m Seehöhe am Zusammenfluss von Niederbergbach und Mitterbach angelegt wurde. Eine wichtige Rolle im gesamten Wasserfassungssystem kommt dem kleinen Vorteich zu, in dem sich bereits der Großteil der mitgeführten Sedimente absetzen kann. Mittels integrierter Stauklappe können diese sehr einfach gespült werden, wodurch das abgesetzte Material weiter ins Bett des Köberlbachs verfrachtet wird. Nachdem das Wasser ein Tirolerwehr passiert hat, gelangt es in eine Entsanderkammer, die mit einem Spülschütz ausgeführt ist. Die Spülschützen an der Wasserfassung wurden vom bekannten steirischen Stahlwasserbau­spezialisten S.K.M. realisiert, der einmal mehr mit seinen bewährten Qualitätslösungen punkten konnte. Nach dem Sandfang erfolgt die Fein-Entsandung. Dabei wird das Triebwasser über eine Tauchwand geführt und über einen Coanda-Rechen gereinigt, bevor es zum Einlaufbecken des Druckrohrs fließt. Aus dem Entsanderbecken heraus wird die Dotierung des Restwassers – sowohl der Sockelbetrag als auch die dynamische Menge – vorgenommen. Grundsätzlich wurde die Wasserfassung etwas abschüssig situiert, um möglichen Geschiebedrang – etwa durch Vermurungen – gezielt weiterzuleiten.

Schwierige Rohrverlegung
Besonderes Geschick zeigte das Team der Gottfried Guster GmbH aus der Obersteiermark, dem es gelang, die insgesamt 1.026 m lange Druckrohrleitung in nur drei Monaten Bauzeit unterirdisch zu verlegen. Und dies trotz äußerst unwirtlicher Witterungsbedingungen. Schnee und Kälte erschwerten die Bauarbeiten im Spätherbst 2017. Abgesehen von einem 160 m langen Teilstück, das bereits 2003 getauscht worden war, wurden die Rohrleitung komplett neu verlegt. Neben den Witterungsbedingungen stellten auch die teilweise schwierigen geologischen Verhältnisse und Hangneigungen bis zu 100 Prozent echte Herausforderungen dar. Geologisch gesehen befindet sich das Projektgebiet in der sogenannten Grauwackenzone der Alpen. Als Rohrsystem kam für den Betreiber nur eine robuste, langlebige Lösung in Frage. Man setzte auf duktile Gussrohre DN400 des Herstellers Svobodny Sokol, geliefert vom oberösterreichischen Experten für Rohrvertrieb aus dem Mühlviertel, der Geotrade Handelsges.m.b.H. Die Rohrverbindungen erfolgten dabei in schub- und zuggesicherter Ausführung. Bei der Trassenführung legte der Betreiber besonderes Augenmerk darauf, dass die Leitung in sicherer Entfernung vom Bachbett verläuft und eventuellen Rutschungen entgeht. Bis Ende November 2017 gelang die vollständige Verlegung der Rohre, die anschließende Druckprobe verlief auf Anhieb erfolgreich.

Optimale Raumnutzung im Krafthaus
Als durchaus anspruchsvoll entpuppten sich die Umbauarbeiten am fast 100-jährigen Maschinenhaus, das an die neue elektromaschinelle und die elektrische Ausrüstung angepasst werden musste. „Der stark kalkhaltige Beton unserer Vorväter erwies sich als äußerst widerstandsfähig und erschwerte die Arbeiten für die Erneuerung des Bodens dementsprechend“, erzählt der Betreiber, der im Zuge des Umbaus auch großen Wert auf ein effizientes Kransystem im Krafthaus legte. Damit können sämtliche Bauteile problemlos bewegt werden, ausgelegt ist das Kransystem auf die schwerste Maschinenkomponente – den Generator mit rund drei Tonnen.
In dem auf 760 m Seehöhe gelegenen Maschinenhaus konnten nicht nur der Maschinensatz, sämtliche Hilfsaggregate und die Schaltschränke installiert werden. Darüber hinaus fanden in einem kleinen Nebenraum auch der Transformator und die beiden 30-kV Hochspannungsschaltanlagen Platz. Dadurch verblieb ein ungenutzter Raum im Krafthaus, mit dem der findige Betreiber etwas ganz Besonderes im Sinn hatte. Gemeinsam mit seiner Familie, die ihm jederzeit unterstützend zur Seite stand, verwandelte er den kleinen Raum in ein feines Café im Stil der 1920er Jahre. Hier finden sich nicht nur Zeugnisse, wie Bilder, Geldscheine, Aktien einer vergangenen Ära, sondern auch jede Menge alte Technik: Für Kenner ist es ja nichts Neues, dass die alten gusseisernen Armaturen aus der Pionierzeit der Elektrifizierung durchaus ihren ästhetischen Reiz haben. Eine nette Idee, die sehr stilvoll umgesetzt wurde.

Ultrakompakte Hydrauliklösung
Das optische Erscheinungsbild im Maschinenhaus spielte zwar eine große Rolle für die wasserkraftbegeisterte Betreiberfamilie aus der Obersteiermark, eine größere wurde aber der qualitativen Ausführung der elektromaschinellen Ausrüstung zuteil. Folgerichtig setzte man auf Kriterien wie Robustheit, Langlebigkeit, Zuverlässigkeit, aber auch Effizienz und Wirkungsgrade. Kriterien, welche die technisch ausgereiften Turbinen von ANDRITZ Hydro zur Gänze erfüllen. „Mich hat das Konzept der relativ kompakten, horizontalachsigen 3-düsigen Peltonturbine von ANDRITZ Hydro am meisten überzeugt. Mit dieser Maschinenwahl gelang es, das geringe Platzangebot im Krafthaus und gleichzeitig die technischen Möglichkeiten einer hochgetrimmten Turbine optimal auszunutzen“, erklärt der Betreiber, der in diesem Zusammenhang auch auf die Düsensteuerungen verweist. Gemeinsam mit dem Turbinenspezialisten aus Ravensburg entschied man sich für elektrisch gesteuerte Düsen, die den Einsatz einer ganz neuen, ultrakompakten Hydraulikanlage ermöglichten – kaum größer als eine Kaffeemaschine. „Im Hinblick auf die beengten räumlichen Bedingungen im Krafthaus hat ANDRITZ Hydro hier die perfekte Lösung geliefert“, so der Steirer. Er verweist darauf, dass die Turbine nach Abstimmung sämtlicher Parameter so dimensioniert wurde, dass sie zentimetergenau durch das Tor in das Maschinenhaus passte.

Laufrad mit neuem Design
Speziell ist an dem neuen Kraftwerk aber nicht nur die Hydraulikanlage, speziell ist auch das Laufrad. Dieses wurde aus „dem Vollen“, also aus einer geschmiedeten Scheibe gefräst, was zwar ein Qualitätskriterium an sich darstellt, jedoch keine Innovation. Völlig innovativ ist allerdings das Design des Laufrads, bei dem Maschinen aus dem Groß-Kraftwerksbau Pate gestanden hatten: So wurden die Peltonbecher mit einer konkaven Form versehen und auch deren Verbindungsstelle strömungsoptimiert gefertigt. Dank dieses Designs sind höchste Wirkungsgrade garantiert. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist jedes Zehntel an Wirkungsgradzugewinn ein willkommener Bonus.
Ausgelegt ist die Turbine auf eine Nennfallhöhe von 313 m und eine Ausbauwassermenge von 170 l/s, wodurch sie eine Nennleistung von 430 kW erreicht. Das Laufrad mit einem Strahlkreisdurchmesser von 700 mm treibt mit 1.000 Upm einen hochwertigen Drehstrom-Synchrongenerator aus dem Hause Hitzinger an, der wiederum auf 470 kVA ausgelegt ist. Der erzeugte Strom wird am 30 kV Transformator hochgespannt und in die etwa 100 m entfernte Übergabestation der Energie Steiermark ins Netz eingespeist. Der Betreiber zeigt sich dabei mit der Performance seines Maschinensatzes sehr zufrieden: „Ich kann heute sagen, dass ich mit der Wahl von Turbine und Generator die richtige Entscheidung getroffen habe. Der Maschinensatz erfüllt zur Gänze meine Erwartungen – nicht nur was die Effizienz angeht, sondern auch was die Zuverlässigkeit oder auch den Lärmschutz angeht.“

Moderne Steuerungstechnik
Entsprechend dem Qualitätsniveau der elektromaschinellen Ausrüstung war der Betreiber auch entschlossen, in Sachen Automations- und Leittechnik keine Abstriche zu machen. Daher engagierte er dafür die in Sachen Kleinwasserkraft vielfach bewährte MBK Energietechnik GmbH aus dem steirischen Ilz. Christian Mund und Josef Berghold gelten seit vielen Jahren als absolute Profis in Sachen Steuerungstechnik für Kleinwasserkraftwerke, ihre Referenzliste ist lang. Auch für das Kraftwerk Köberlbach realisierte das federführende Duo von MBK die gesamte Automatisierung des Kraftwerks, hochwertige Visualisierungen bis hin zum Schutz und Alarmierungen. Besonderes Augenmerk legt man bei MBK auf eine durchdachte und möglichst bedienerfreundliche Nutzeroberfläche, die ein Steuern der Anlage einfach und effizient macht. Selbstverständlich wurde auch ein modernes Fernwirksystem integriert, sodass der Betreiber jederzeit von überall auf die Anlage zugreifen kann. Für die Arbeit der Firma MBK findet der Kraftwerksbetreiber nur lobende Worte, zumal die beiden Hauptverantwortlichen auch stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden wären.

Strom für 450 Haushalte
In nicht einmal fünf Monaten ist es der Familie im obersteirischen Gaishorn am See gelungen, ihr Kleinwasserkraftwerk auf völlig neue Beine zu stellen. Noch vor der Schneeschmelze, im März letzten Jahres, nahm das Kraftwerk seinen Betrieb auf. Waren es zuvor rund 700.000 kWh, die das Kraftwerk Köberlbach im Regeljahr ans Netz lieferte, so beträgt das Regelarbeitsvermögen heute 1,6 GWh – also mehr als das Doppelte. Damit können rund 450 obersteirische Haushalte mit sauberem Strom aus Kleinwasserkraft versorgt werden. Der findige Betreiber aus dem Paltental lieferte damit ein Musterbeispiel dafür, welche Potenziale und Möglichkeiten noch in so manchem Standort in den Alpen stecken, wenn man diese nur zu nutzen weiß.

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