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Leistungsverdoppelung für Lungauer Pionier-Kraftwerk9 min read

27. Juni 2018, Lesedauer: 6 min

Leistungsverdoppelung für Lungauer Pionier-Kraftwerk9 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Seinen zweiten Frühling erlebt das im Jahr 1987 in Betrieb genommene Kraftwerk Friedrich in der Lungauer Gemeinde St. Michael.

In gerade einmal drei Monaten wurde die Anlage 2017 revitalisiert und die seit Anbeginn bestandenen Defizite ausgemerzt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Dank eines rundum sanierten Maschinenequipments durch die Fa. Troyer AG und einer komplett neuen, deutlich größer dimensionierten Druckrohrleitung aus Gussrohren von TRM gelang es den findigen Projektbetreibern, die Leistung des Kleinkraftwerks in etwa zu verdoppeln. Gleiches gilt für die durchschnittliche Jahreserzeugung, die nun auf rund 700.000 kWh hinaufgeschraubt wurde.

Mit seinen Ideen war Karl Friedrich oft seiner Zeit voraus. Der findige Lungauer bewies speziell in den 1980er Jahren Pioniergeist, als er die erste Beschneiungsanlage für einen Skilift – den Petersbründllift in St. Michael – errichten ließ. Vor allen anderen hatte er erkannt, dass eine gesicherte Nutzung des Skigebietes über die ganze Saison hinweg nur über eine künstliche Beschneiung sicherzustellen war. Es war die erste Beschneiungsanlage im Land Salzburg.
Um die neu installierte Leitung und das Wasserdargebot auch die restliche Zeit des Jahres sinnvoll nutzen zu können, beschloss Karl Friedrich, am Fuße des Skilifts ein kleines Wasserkraftwerk zu bauen. Schon ein Jahr nach Inbetriebnahme der Beschneiungsanlage, 1987, konnte er das neue Kleinwasserkraftwerk in Betrieb nehmen. „Leider hatte das Kraftwerk von Anfang an ein kleines Manko: Die Druckrohrleitung war deutlich zu gering dimensioniert, sodass die Leistung massiv durch die leitungsbedingten Fallhöhenverluste gedämpft wurde“, erklärt Christian Aigner, der das Kraftwerk für die Familie Friedrich in den letzten Jahren umsichtig betreut hatte. Dank seiner beruflichen Vergangenheit beim Salzburger Energieversorger Salzburg AG, vormals SAFE, war der gelernte Maschinenbauer der optimale Vertrauensmann für Ulrike Schilcher, die heute als Tochter des Erbauers die Anlage betreibt. Warum das Werk mit einer derartigen Unzulänglichkeit betrieben wurde, darüber ist Christian Aigner natürlich im Bilde: „Man darf nicht vergessen: Mitte der 1980er Jahre war das Zinsniveau sehr hoch. Es wäre sehr teuer gekommen, eine fast neuwertige Stahlrohrleitung nach einem Jahr durch eine größere Leitung zu ersetzen. Daher hat man auch das Kraftwerk weiter mit der bestehenden 150er Leitung betrieben, obwohl eine Konzessionswassermenge von 50 l/s bestand.“

Suboptimaler Erzeugungsbetrieb
Aufgrund dieses Defizits erreichte das Kleinwasserkraftwerk Friedrich zu Beginn seiner Betriebszeit nur rund 70 kW Leistung, später waren es noch 60 kW, zuletzt kam es allerdings kaum mehr über 50 kW hinaus. Bei einer Fallhöhe von 256 m und 50 l/s Ausbauwassermenge zweifellos zu wenig. Dessen war sich auch Christian Aigner bewusst, der 2012 bereits zu diesem Thema das Gespräch mit Ulrike Schilcher und ihrem Vater Karl Friedrich gesucht hatte. „Natürlich war uns klar, dass die Anlage suboptimal unterwegs war und die Voraussetzungen hier deutlich mehr hergäben. Aber die ersten Kostenvoranschläge für eine Revitalisierung waren sehr ernüchternd, weil einfach zu teuer“, erzählt Christian Aigner.  Allerdings, räumt der mittlerweile pensionierte Techniker ein, gab es Handlungsbedarf. Denn abgesehen vom schwächelnden Kraftwerksbetrieb bereitete den Betreibern vor allen Dingen die bestehende Druckrohrleitung, beziehungsweise Abschnitte davon, Kopfzerbrechen. „In einem Bereich unter der Katschbergbundesstraße war die Leitung damals nicht tief genug verlegt worden. Mit der Zeit wurde sie freigelegt und wirkte statisch nicht mehr sicher. Das große Problem dabei: Direkt daneben verläuft eine Schwarzwasserleitung der Gemeinde – und das alles befindet sich im Quellschutzgebiet. Wäre die Druckrohrleitung abgerutscht, hätte sie vermutlich die Schwarzwasserleitung mit sich gerissen – mit dramatischen Folgen für das Quellschutzgebiet, wie man sich unschwer vorstellen kann. Somit war auch ein wenig Gefahr im Verzug.“

Wirtschaftliche Überlegungen
Was das Projektvorhaben letztlich ins Rollen bringen sollte, war das Zusammentreffen von Christian Aigner mit Dipl.-Ing. Peter Santner, dem Planungsingenieur und Teilhaber des Salzburger Planungsbüros Dienesch-Laner-Prax Ziviltechniker GmbH im Jahr 2014. „Dass wir uns getroffen haben, war ein glücklicher Zufall. Nicht nur, dass es menschlich auf Anhieb sehr gut funktionierte. Mit Peter Santner als Planer eröffnete sich uns auch wieder eine neue Perspektive für das Sanierungsprojekt“, so Christian Aigner. Und Peter Santner ergänzt: „Wir haben uns zusammengesetzt, alles noch einmal überschlagen und sind auf deutlich niedrigere Summen gekommen, als ursprünglich bei den ersten Sondierungen veranschlagt. Auf dieser Basis war das Projekt wirtschaftlich umsetzbar.“
Nachdem von Dienesch-Laner-Prax ein solider Ausführungsplan erarbeitet wurde und die erforderliche behördliche Genehmigung vorlag, stand im Juni 2017 dem Start der Bauarbeiten nichts mehr im Wege. Im Wesentlichen umfassten die Sanierungsarbeiten den Umbau der Wasserfassung und deren Anpassung an den Stand der Technik, der Austausch der Druckrohrleitung mit der Verlegung von Strom- und Steuerkabel, sowie die Revitalisierung der elektromaschinellen Ausrüstung inklusive der e-technischen Steuerung. In Summe sollten die Arbeiten rund ein halbes Jahr bis zur Wiederinbetriebnahme in Anspruch nehmen.

Fassung nun Stand der Technik
„An der Wasserfassung haben wir eine neue Rohrbruchsicherung installiert, außerdem wurde sie mit modernen Durchflussmessgeräten für die Druckrohrleitung und die Restwasserabgabe ausgerüstet. Auf den Sandfang haben wir ein Schieberhäuschen in Holzbauweise errichtet. Hier sind nun alle Mess- und Steuerungseinrichtungen sicher untergebracht“, erklärt Peter Santner. Gemäß den Plänen von Dienesch-Laner-Prax wurde die Wasserfassung nun auch mit einer 400V-Stromversorgung und einem Lichtwellenleiter ausgeführt. Für eine moderne Steuerung aller Funktionen an der Fassung waren die Verlegung von Strom- und Steuerkabel unerlässlich. Sie wurden in zwei Leerrohren in der Künette der neuen Druckrohrleitung mitverlegt.
Insgesamt erstreckt sich die Länge der Druckrohrleitungstrasse über 1.460 m den Katschberg hinauf, wobei großteils die Trasse der alten Rohrleitung wiederverwendet wurde. „In dem kritischen Bereich, in dem die alte Leitung schon rutschgefährdet war, haben wir die neue Leitung nun in eine andere Trasse, und zwar direkt in der Katschbergbundesstraße verlegt. Damit liegt sie nun gut verlegt und mit sicherer Überdeckung“, erzählt Peter Santner, der in diesem Zusammenhang auch einräumt: „Gerade die Verlegung in diesem Bereich zählte zu den Herausforderungen des Projektes, da es logistisch nicht immer einfach war, zeitgleich zu den Verlegearbeiten den Verkehr aufrecht zu erhalten.“

Gussrohre – Sicherheit für Generationen
Konkret kamen für die Verlegung der Druckrohrleitung nun duktile Gussrohre GGG DN250 vom Tiroler Traditionshersteller TRM zum Einsatz. Ganz bewusst hatten sich die Betreiber für die bewährte Rohrtechnik aus Hall entschieden. „Für uns kam nur eine hochwertige und langfristige Lösung in Frage. Das Gussrohr von TRM ist ein tolles Produkt, das einen sicheren Betrieb über Jahrzehnte garantiert. Das war für uns entscheidend“, sagt Christian Aigner und hebt auch die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Team von TRM hervor: „Von Anfang an hat sich Igor Roblek mit seinem Team von TRM sehr um uns bemüht. Wenn wir etwas gebraucht haben, war es einen Tag später auf der Baustelle. Auch die Einschulung für die Bauarbeiter war sehr ordentlich.“
Was die Verlegung natürlich vereinfacht, ist der Umstand, dass die Rohrverbindungen bis zu 5 Grad abwinkelbar sind und sich die Leitung daher einfach ans Gelände anpassen lässt. Bei der Verlegung entfallen Transporte für Bettungsmaterial, sowie aufwändige Schweißarbeiten und anschließende Prüfverfahren, sodass ein zügiger und somit wirtschaftlicher Baufortschritt gewährleistet ist. Zudem sind duktile Gussrohre von TRM aufgrund ihrer hohen Scheiteldruckfestigkeit hervorragend für den Einbau im schwierigen Gelände, oder auch in Straßen und Wegen geeignet. Im Fall der neuen Druckrohrleitung am Katschberg setzten die Verantwortlichen auf durchgehend längskraftschlüssige Verbindungen vom Typ VRS -Tiroflex®, die für sich alleine eine hohe Standsicherheit garantieren. Dieses weltweit einzigartige Verbindungspatent verleiht der Leitung eine extreme Flexibilität, mit der sie sogar Hangrutschungen, oder Muren überstehen kann. Ein leistungsfähiges Beschichtungssystem an der Außenoberfläche sorgt darüber hinaus dafür, dass die Korrosion hintangehalten wird. Das Rohrsystem ist eben für maximale Langlebigkeit konzipiert.

Wiedersehen mit alten Bekannten
Während also die bestehende Rohrleitung komplett ausgetauscht wurde, durfte der Maschinensatz aus den 1980er Jahren bleiben. Die maschinelle Ausrüstung war damals, ebenso wie die hydraulische Ausführung von Zulauf und Saugrohr, bereits an die Konzessionswassermenge ausgelegt – und bedurfte keiner Erneuerung. Sehr wohl stand allerdings ein umfassendes Retrofitprogramm für Turbine und Generator auf dem Programm, sowie eine Erneuerung der Steuerungstechnik. Wie vor 30 Jahren vertrauten die Betreiber in dieser Angelegenheit den Südtiroler Wasserkraftspezialisten von der Firma Troyer AG. „Die Maschine hat immer tadellos gearbeitet. Dass der Wirkungsgrad bis dato derart schlecht war, lag ja nicht an der Turbine, sondern an der unterdimensionierten Druckleitung“, erzählt Christian Aigner. Was ihn im Zuge der Revitalisierung besonders freute, war ein Wiedersehen mit alten Bekannten. „Als wir damals das Kraftwerk bauten, war ein junger engagierter Monteur vor Ort, der uns in Erinnerung geblieben ist. Wir haben damals sogar ein gemeinsames Foto mit ihm gemacht. Umso erstaunter war ich, dass derselbe Mann, nun als leitender Projektmanager unser Ansprechpartner war und wir mit ihm die geschäftlichen und organisatorischen Agenden des Projektes abwickeln konnten.“ Gemeinsam mit dem erfahrenen Projektmanager Martin Windisch von der Firma Troyer AG wurde in der Folge ein umfassendes Sanierungsprojekt für den Maschinensatz in die Wege geleitet.

Neues Laufraddesign überzeugt
Neben den herkömmlichen Sanierungsarbeiten wollte man auch in Hinblick auf das Laufraddesign den Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte Rechnung tragen. „Das Laufrad wurde durch ein um 5 cm größeres ersetzt, das auch ein neues, leistungsfähigeres Design aufweist. Außerdem hat man nun den Düseneinlaufwinkel etwas optimiert“, erklärt Maschinenbauer Aigner. Im Hinblick auf die Betriebssicherheit bei einem eventuellen Netzausfall wurde die Düsensteuerung der 1-düsigen Maschine von Drehstrom auf Gleichstrom umgestellt. Sie ist damit auch bei einem Blackout funktionsfähig.
Mit dem neuen Laufraddesign und den wesentlich geringeren Verlusten in der neuen Druckrohrleitung kann das Kraftwerk Friedrich nun erstmalig in seiner Geschichte zeigen, was wirklich in ihm steckt. „Wir haben bei den ersten über IDM ermittelten Wirkungsgradtests gesehen, dass der Gesamtwirkungsgrad von zuvor 63 auf nun über 84 Prozent angestiegen ist. Die Engpassleistung von zuletzt 54 kW bei Volllast hat sich auf 101,5 kW nahezu verdoppelt. Damit haben wir unser Sanierungsziel ganz klar erreicht“, freut sich auch Peter Santner von Dienesch-          Laner-Prax.

Doppelter Stromertrag
Neu installiert wurde auch die komplette Steuerung der Anlage, die heute erstmalig eine Einbindung der Wasserfassung möglich macht. Auf diese Weise kann nicht nur die vorgegebene Restwasserdotierung vollautomatisch geregelt werden, sondern auch die Versorgung der fünf Schneekanonen, deren Betrieb im Winter prioritär gegenüber dem Kraftwerksbetrieb ist. „Grundsätzlich hat die Beschneiung durch die Lungauer Bergbahnen wirtschaftlich nichts mehr miteinander zu tun. Wir haben diese Trennung nun auch durch ein eigenes wasserrechtliches Gesuch auf eine juristisch ordentliche Basis gestellt“, erklärt Peter Santner und Christian Aigner ergänzt schmunzelnd: „Gerade die Beschneiung am Katschberg ist prinzipiell ja eine gute Sache für das Kraftwerk Friedrich. Schließlich muss das ganze Wasser, das dafür aus der Lieser kommt, auch wieder hier runter – und erhöht damit auch ein wenig die Jahresleistung.“ Diese liegt heute bei rund 700.000 kWh und hat sich damit auch annähernd verdoppelt. Dank der erfolgreichen Revitalisierung kann das neue Kraftwerk Friedrich nun auf einen erhöhten, gesicherten Einspeisetarif über die nächsten 13 Jahre rechnen. „Schön, dass das Projekt derart erfolgreich umgesetzt werden konnte. Ich kann den beteiligten Projektpartnern, der Bauherrin und unserem Planer nur den größten Respekt zollen. Alle haben hier an einem Strang gezogen. Mit diesen Beteiligten würde ich jederzeit wieder ein Kraftwerksprojekt realisieren“, resümiert Christian Aigner.

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