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Modernisierungsschub im KW Lengham4 min read

14. Jänner 2014, Lesedauer: 3 min

Modernisierungsschub im KW Lengham4 min read

Lesedauer: 3 Minuten

Ein neuer Maschinensatz in der Traditionsanlage Lengham im  bayerischen Bad Birnbach läutet eine neue Ära für das Kraftwerk an der Rott ein.

Innerhalb eines halben Jahres hat Betreiber Markus Neumayer mit seinen Partnern große Teile des Kraftwerks saniert und eine moderne, doppelt regulierte Kaplanturbine von der Firma Jank mit  einem direkt gekoppelten Synchrongenerator aus dem Hause Hitzinger installiert. Bei unverändert gebliebenen hydraulischen Bedingungen kann sich der Betreiber nun über ein jährliches Erzeugungsplus von rund 100.000 kWh freuen.

Der Standort des Kraftwerks Lengham hat Tradition. Bis ins Mittelalter lässt sich hier, im sanften Tal der Rott, die Geschichte des Mühlenbetriebs zurückverfolgen. Einer, der sich damit bestens auskennt, ist Markus Neumayer. Seit 1741 haben seine Vorfahren an dem Standort den  Mühlenbetrieb aufrechterhalten. „Das Mühlengebäude, wie es sich heute präsentiert, wurde 1898 gebaut. Zu dieser    Zeit stellten meine Vorfahren auf Kunstmühlenbetrieb um. Die erste Turbine zur Stromerzeugung wurde schließlich 1917 eingebaut“, erzählt Markus Neumayer. Mit dem Einbau einer zweiten Turbine sechs Jahre später hatte man ein 2-Maschinen-Konzept realisiert, das bis zum heutigen Tag im Kraftwerk  Lengham Bestand hat. „Die Francismaschine von 1923 ist nicht mehr sonderlich gut gelaufen, sie wurde  1955 durch eine Voith-Turbine mit Stirnkegelradgetriebe ersetzt. Die ältere Maschine von 1917  auf der anderen Seite hat über 60 Jahre ihren Dienst versehen und ist erst 1979 ausgetauscht worden. 2009 haben wir sie mit der Firma Jank von dem alten Planetengetriebe auf Riemenantrieb umgebaut  und einen etwas größeren Generator installiert. Der alte war etwas unterdimensioniert“, erklärt der Betreiber.

„GEWACHSENE ANLAGE“ AN DER ROTT
Am Kraftwerk, das an einem rund zwei Kilometer langen Ausleitungskanal der Rott liegt, sind die Zeichen der Anpassungen und Umbauten in der Vergangenheit erkennbar. Unterschiedliche Generationen von  Wasserkrafttechnik arbeiten hier Hand in Hand. Neumayer spricht von einer „gewachsenen“ Anlage.  Nahe liegender Weise sind größere Eingriffe und Umbauten nicht so einfach möglich. Der Betreiber  hatte allerdings Handlungsbedarf gesehen, vor allem die Unterwasserseite des Maschinengebäudes war stark sanierungsbedürftig. „Die Bausubstanz war nicht mehr die beste, in der Decke und den  Seitenwände waren Risse. Außerdem war der Auslauf zu beengt, sodass daraus strömungstechnische  Nachteile entstanden sind“, erzählt der Betreiber, der im Frühsommer letzten Jahres die  Umbaumaßnahmen in Angriff nahm. Auch über einen Tausch der Turbine von 1955 hatte er sich im  Vorfeld Gedanken gemacht: „Ich habe mir ursprünglich überlegt, die alte Turbine einfach auf  Riemenantrieb umzubauen. Aber dann hat sich bei mir doch die Überzeugung durchgesetzt, dass ich  den Umbau gleich ‚ordentlich‘ mache und sowohl die Turbine als auch den Generator austausche.“ Der Auftrag dafür ging an das oberösterreichische Turbinenbau-Unternehmen Jank, mit der man bislang in  Lengham beste Erfahrungen gemacht hatte.

FLÜSTERLEISE MASCHINENTECHNIK
Bis Oktober hinein, also über die ganze Phase der Bauarbeiten hinweg, konnte der Betreiber seinen  alten Maschinensatz noch am Laufen halten. Danach wurde er stillgesetzt, ausgebaut und die baulichen  Anpassungen für die Montage der neuen Turbine vorgenommen. Installiert wurde nun eine  vertikale, doppelt regulierte Kaplanturbine der Firma Jank, die bei einem maximalen Schluckvermögen  von 5,0 m3/s und einer Fallhöhe von 2,9 Metern auf eine Ausbauleistung von 135 kW ausgelegt ist.  Direkt auf die Turbinenwelle wurde ein hochwertiger Synchrongenerator aus dem Hause Hitzinger  geflanscht, der mit der Nenndrehzahl von 231 Upm angetrieben wird – eine sehr langsam drehende  Maschine also. Markus Neumayer war wichtig, dass sein neuer Generator einerseits die heutigen Kriterien in Sachen Effizienz erfüllt und anderseits höchste Verfügbarkeit garantiert. Er sollte eine  passende Wahl getroffen haben. Schließlich steckt in den Generatoren des Linzer Traditionsherstellers  fast ein halbes Jahrhundert an Erfahrung und Know-how in der Kleinwasserkraft. Zahlreiche Patente und die robuste Konstruktion stellen einen zuverlässigen und sicheren Betrieb über Jahrzehnte sicher. Und  dank der hochpräzisen Fertigung und Wuchtung zeichnet die Generatoren von Hitzinger eine  beeindruckende Laufruhe und Geräuscharmut aus. Dies trifft im Besonderen auf das Maschinengespann  im Kraftwerk Lengham zu, das extrem leise arbeitet – und man daneben selbst  unter Volllast mühelos plaudern kann. Seit Jänner ist der neue Maschinensatz nun in Betrieb.

MEHR ALS 10 PROZENT ERTRAGSPLUS
Dass auch die Effizienz des neuen Maschinensatzes stimmt, hat der Betreiber nach einem halben Jahr  Betrieb zufrieden zur Kenntnis genommen. „Zuvor haben beide Maschinensätze eine Leistung von 140  kW erreicht. Der neue bringt jetzt alleine etwa 135 kW – und mit dem alten Maschinensatz zusammen kommen wir nun auf rd. 180 kW“, freut sich Neumayer. Die Konsenswassermenge für beide  Maschinensätze beträgt 8,5 m3/s. Im Rahmen des Ertüchtigungsprojektes konnte die verfügbare  Triebwassermenge von 6,9 m3/s auf 8,5 m3/s erhöht werden, wobei die Fallhöhe gleich blieb. Damit  gelang es dem Betreiber, das Regelarbeitsvermögen seiner Anlage deutlich zu erhöhen. Rund 800.000 kWh erzeugte das Kraftwerk Lengham bislang im Regeljahr, nun werden es im Schnitt etwa 900.000  kWh sein. In früheren Zeiten diente das Kraftwerk als regionaler Stromversorger, der über ein eigenes Netz an die Anrainer der umliegenden Siedlung Strom lieferte. In den 1960ern ist der Anschluss ans  überregionale Netz erfolgt, sodass die Inselbetriebsfähigkeit der Anlage nur mehr eine untergeordnete  Rolle spielte. Heute bezieht nur mehr der Betreiber selbst seinen eigenen Strom aus dem Kraftwerk,  der Rest wird ins übergeordnete 20-kV-Netz eingespeist. Dass dies heute deutlich effektiver geschieht,  ist dem erfolgreichen Modernisierungsschub gedankt, den Markus Neumayer mit seinen Partnern in und einem halben Jahr abwickeln konnte. Damit hat erneut eine neue Generation von  Wasserkrafttechnik im Kraftwerk Lengham Einzug gehalten.

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