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Montafoner Rellswerk bewährt sich16 min read

18. Juni 2018, Lesedauer: 11 min

Montafoner Rellswerk bewährt sich16 min read

Lesedauer: 11 Minuten

Seit Mitte letzten Jahres ist das neueste Pumpspeicherkraftwerk der Vorarlberger Illwerke AG, das Rellswerk in Vandans, am Netz.

Die Anlage stellt einen wichtigen Puzzleteil in der Werksgruppe Obere Ill-Lünersee dar, indem sie eine beträchtliche Er­höhung der Spitzen- und Regelenergieproduktion im Lünerseewerk ermöglicht. Rund 38 Millionen Euro investierten die Betreiber in das Projekt, das baulich in den letzten drei Jahren mit durchaus erheblichem Aufwand realisiert wurde. Ausgerüstet ist das Rellswerk mit einer modernen reversiblen Pumpturbine, die im Pumpbetrieb auf eine Leistung von 15 MW und im Turbinenbetrieb auf 12 MW ausgelegt ist. Das Kraftwerk fördert rund 17 Millionen Kubikmeter pro Jahr in den Lünersee.

Die Idee war keineswegs neu: Seit den 1980er Jahren verfolgten die Ingenieure der Vorarlberger Illwerke den Plan, das Gefälle des oberen Rellsbaches für das Lünerseewerk zu nutzen. Zur Umsetzung kam es in der Folge aber ebenso wenig wie rund 20 Jahre später, als eine Gruppe Privatunternehmer an gleicher Stelle ein Kleinwasserkraftwek geplant und 2006 zur wasserrechtlichen Vorprüfung eingereicht hatte. Bei einer Nominalleistung von 1 MW hätte die Anlage im Regeljahr rund 3 GWh Strom erzeugt. Der Initiative war kein Erfolg beschieden. So traten erneut die Vorarlberger Illwerke auf den Plan. Am 8. Juli 2009 reichten sie beim Amt der Vorarlberger Landesregierung den Antrag für die Errichtung und den Betrieb des Rellswerks im Montafoner Vandans ein – ein Projekt, das dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 unterworfen war. „Die UVP ist sehr zügig verlaufen. Unter bestimmten Auflagen wurde dem Projekt bereits im Mai 2010 ein positiver Bescheid erteilt. Dass es dann nicht unmittelbar zur Umsetzung kam, hatte einen speziellen Grund: Im Rodundwerk II, dem bei seiner Errichtung leistungsstärksten Pumpspeicherwerk Europas, war zu dieser Zeit ein Schaden aufgetreten. Da dessen Behebung absolute Priorität hatte, stellte man die Realisierung des Rellswerks vorerst noch hintan“, erzählt der Projektleiter des Rellswerks Dipl.-Ing. Florian Sollerer. 2014 war es schließlich soweit: Nach umfangreichen Planungsarbeiten im Vorfeld konnten die Bauarbeiten am Rellswerk beginnen. Letztlich sollten sie plangemäß drei Jahre in Anspruch nehmen.

Modernes kleines Pumpspeicherwerk
Um sich das Projekt in seinem vollen Umfang vorstellen zu können, ist eine Funktionsbeschreibung unumgänglich. Schließlich war nicht nur dessen Umsetzung komplex, sondern auch dessen Konzept. Florian Sollerer skizziert das Prinzip: „Grundsätzlich handelt es sich beim Rellswerk um ein modernes Pumpspeicherkraftwerk, dessen Hauptfunktion darin besteht, Wasser aus dem Vilifau- und dem Zaluandabach – den Zuläufen des oberen Rellsbachs – dem Triebwassersystem des Lünerseewerks zuzuführen, um dessen Wasserressourcen zu erhöhen. Das Wasser aus diesen beiden Bächen wird in einem Ausgleichsbecken zwischengespeichert, im Pumpbetrieb über eine Druckrohrleitung in die Triebwasserführung Lünersee-Latschau geführt und weiter in den Lünersee gepumpt. Auf diese Weise kann die Gefällstufe des Rellsbaches von der Rellskapelle bis auf Höhe Latschau genutzt werden, wodurch sich ein Fallhöhenzugewinn von fast 450 Metern ergibt. Außerdem kann das neue Rellswerk auch im Turbinenbetrieb und dadurch zur Wälzpumpspeicherung eingesetzt werden. Dabei kommt eben das Wasser vom Lünersee über die Druckleitung und gelangt am Ende in das Ausgleichsbecken. Die primäre Funktion liegt allerdings darin, dieses Becken als Retentionsvolumen zu nutzen, und – sobald die wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechend vorliegen – das Wasser in den Lünersee zu pumpen.“

Baumaterial mit anfänglichen Schwächen
Zu diesem Zweck wurde nach den Plänen der VIW nun unterhalb der Rellskapelle auf fast 1.450 m ein Ausgleichsbecken mit einem Nutzvolumen von 44.000 m3 angelegt. Dabei erfolgte die Ausformung des Beckens sowie die Gestaltung der Uferbereiche in naturnaher Ausführung. Die Umsetzung entpuppte sich allerdings als nicht gerade einfach. „Speziell die Errichtung des Ausgleichsbeckens brachte die eine oder andere Herausforderung mit sich. Vor allem die Aufschließung des Untergrunds hatte für uns Überraschungen parat. Anfänglich war geplant, das Material für den Dammbau, das aus dem angrenzenden Böschungsbereich gewonnen werden sollte, aufzubereiten und unmittelbar wieder einzubauen. Doch im Zuge der Umlagerung stellte sich heraus, dass der Feuchtegehalt deutlich höher war als angenommen. Das bedeutete, dass das Material so nicht verdichtbar war“, erklärt Florian Solllerer die Problematik. „Nach intensiven Beprobungen und Versuchen sind wir schließlich auf ein bewährtes Mittel zur Stabilisierung gekommen – den Einsatz von ungelöschtem Kalk. Dank der stark hygroskopischen Wirkung erwies sich dieser als die optimale Lösung für unser Problem. Der Damm wurde schließlich von der beauftragten Baufirma in Schichten von 30 bis 40 cm aufgebaut, um diese dann durch den Eintrag von ungelöschtem Kalk zu verdichten.“ Mit den Bauarbeiten am Ausgleichsbecken wurde die ARGE Rellswerk Vandans, bestehend aus Wilhelm+Mayer Bau GmbH / Nägele Hoch- und Tiefbau GmbH / Gebr, Haider Bauunternehmung GmbH / Max Streicher Österreich GmbH, beauftragt. Die übergeordnete Bau- und Montageleitung  unterstand dem Engineering Team der Vorarlberger Illwerke.
20.000 Wasserbausteine verbaut
Grundsätzlich weist die Auskleidung des Ausgleichsbeckens einen sehr massiven, rund 1,50 m hohen Aufbau auf. Ganz unten      befinden sich die Drainage-Horizonte für die Leckwassermessungen, darauf folgt ein Aufbau aus Vlies, Folie, Vlies und Geogitter mit einer Bekiesung als 40 cm dicke Schutzschicht. Den Abschluss dieser Schichtenabfolge bilden rund 20.000 Wasserbausteine, jeder einzelne mit einem Gewicht von bis zu 2 Tonnen. In Summe erreicht der Aufbau eine Kubatur von etwa 32.000 m3.
„Ursprünglich ist der Rellsbach genau durch den Bereich des heutigen Ausgleichsbeckens geflossen. Er wurde im Zuge der Bauarbeiten umgeleitet und läuft nun entlang des Dammfußes. Unter diesem Gesichtspunkt wurde der Bachlauf natürlich auch hochwasser­sicher ausgeführt. Er ist heute auf ein 5000-jährliches Hochwasserereignis ausgelegt“, so der Projektleiter. Die maximale statische Dammhöhe liegt bei etwa 14 m. An seiner größten Breite misst das Becken 90 m, in der Längsausdehnung rund 140 m. Aufgrund dieser nicht allzu großen Abmessungen fällt das Staubecken Rells nicht in den Verantwortungsbereich der staatlichen Staubeckenkommission.

Robuster Stahlwasserbau
Unmittelbar oberhalb des neuen Staubeckens wurden die beiden Wasserfassungen für den Vilifau- und den Zaluandabach errichtet, beide annähernd baugleich in Form eines klassischen Tirolerwehrs. Realisiert wurden die dafür erforderlichen Stahlbauarbeiten vom bekannten Südtiroler Spezialisten für Stahlwasserbau Gufler Metall, der nebst den beiden 4 m x 1,4 m großen Einlaufrechen in Edelstahlausführung auch die vollautomatischen Einlaufschützen sowie die stählerne Wehrrückenpanzerung lieferte. Letztere soll dem Schutz vor Abrasion dienen.
Am unteren Ende der Entsanderkammer wurde von den Stahlbauspezialisten aus dem Passeiertal eine Spülschütze installiert, die vollautomatisch geöffnet werden kann, wenn das Sediment wieder in das Bett des Rellsbachs zurückgeführt werden soll. Generell erfolgt die Steuerung der Einlauf- und Spülschütze über eine Ölhydraulik. Was den Grundablass betrifft, so besteht dieser im Bereich der Absperrorgane, wo zwei Absperrschieber montiert sind, aus einer Stahlrohrleitung der Dimension DN400 bzw. DN600. Der Antrieb der Absperrorgane wird elektrisch bewerkstelligt.

Eine Pipeline im Gebirge
Ganz neue Wege beschritten die Verantwortlichen bei der Errichtung der Druckrohrleitung, die eine Verbindung zum bestehenden Taldüker des Kraftabstiegs des Lünerseewerks auf knapp 1.700 m Seehöhe zum neuen Kraftwerk herstellen sollte. Das Besondere daran: Die Errichtung der Stahl-Druckrohrleitung orientierte sich dabei am Pipeline-Bau, schließlich war in der ARGE der deutsche Pipeline-Bauer MAX STREICHER GmbH & Co. KG aA vertreten. Zu diesem Zweck waren die Leitungsbauspezialisten mit einer eigenen Rohrbiegemaschine angerückt, die in Vandans aufgestellt wurde. Diese diente dazu, die 13 m langen Rohrschüsse DN1000 so zu biegen, dass sie sich optimal an die Geländegegebenheiten anpassten. „Es handelt sich um spiralgeschweißte Stahlrohre mit einer Wanddicke von 17 mm. Trotz des hohen Stückgewichtes haben die Pipeline-Spezialisten gezeigt, dass ein effizientes Handling möglich ist. Überraschend hoch war die Verlegeleistung: Bis zu 3 Rohre pro Tag wurden großteils parallel dem Straßenverlauf verlegt. Dank der Rohrbiegemaschine wurde jedes Rohr nach Bedarf gekrümmt, sodass die Leitung perfekt den zahlreichen Richtungsänderungen und der Topographie des Geländes folgen konnte. Sie ist faktisch maßgeschneidert“, erinnert sich Florian Sollerer. Um Frostsicherheit zu garantieren, beträgt die Überdeckung der neuen Druckrohrleitung mind. 1,2 m. Dass man sie vollständig unterirdisch verlegte, ist Teil einer konsequenten Strategie, die eine harmonische Eingliederung in die Landschaft vorsah.

Verlegung unter erschwerten bedingungen
Für die Spezialisten von MAX STREICHER stellte der Auftrag durchaus eine besondere Herausforderung dar, schließlich sei – so der Projektleiter von MAX STREICHER, Wolfgang Paukner – dieses Projekt „über den normalen Pipeline-Bau hinausgegangen“. Nicht nur die Tatsache, dass die Trasse nur über eine sieben Kilometer lange, steile Schotterstraße im Einbahnverkehr erreichbar war, sondern auch Hangneigungen von über 20 Grad verlangten dem Team viel Erfahrung und Know-how ab. Auch der Biegeanteil von 70 Prozent, wie für die Rohrleitung des Rellswerks, sei bei herkömmlichen Pipeline-Projekten nicht üblich, so der Projektleiter. Hinzu kamen die Witterungsbedingungen auf über 1.500 m Seehöhe, die so manche Herausforderung parat hielten. So wurde das Verlegeteam im September 2015 von 10 Zentimeter Neuschnee überrascht. Daneben spielten in die Verlegearbeiten auch die Jagdsaison sowie der Alm­abtrieb hinein. Projektplanung und Koordination waren somit ebenso voll gefordert.

Maschinengebäude tief im Untergrund
Noch ein wenig aufwändiger als der Bau des Ausgleichsbeckens und die Verlegung der Druckrohrleitung sollte sich jedoch der Bau des Maschinenhauses gestalten, das gemäß den Plänen der beauftragten Planungs-ARGE im oberen Bereich des künstlichen Damms des Speicherbeckens Rells integriert werden sollte. Die Planung von Krafthaus, Wasserfassungen und Druckrohrleitung erfolgte durch die Planungsgemeinschaft von BHM INGENIEURE und dem FHCE-Ingenieurbüro Dr. Flögl Ziviltechniker GmbH.
Rund 20 m reichte der Schacht in die Tiefe, um die Kubatur für ein Kraftwerksgebäude mit 4 Tiefgeschossen, Erd- und Obergeschoss in den Untergrund zu bauen. „Wir hatten bei Baugrunderkundungen relativ hohes Grundwasser festgestellt. Das führte uns zu der Frage, ob eine konventionelle Baugrube mit Grundwasserabsenkung oder der Einsatz überschnittener Bohrpfähle die bessere statische Variante ergab. Wir haben uns für das Bohrpfahlsystem entschieden, nicht zuletzt, weil es selbst auch in das statische Konzept eingebunden werden konnte. In der Folge wurde eine kreisrunde Bohrpfahlwand aufgebaut, die bis in die anstehende Grundmoräne hinunterreichte“, erklärt Florian Sollerer, der einräumt, dass am Maschinenhaus am längsten gebaut wurde: „Zur Sicherung mussten wir im Frühling 2014 noch eine Spritzbeton­ankerwand herstellen, bevor der Schachtbau im Herbst desselben Jahres starten konnte. Im Sommer 2016 konnten letztlich die Betonbauarbeiten an dem Gebäude abgeschlossen werden, während zeitgleich bereits die ebenfalls sehr aufwändigen Installationsarbeiten im Gebäude durchgeführt wurden.“ Rund 5.500 m3 Beton sind am Ende in den Bau des Maschinengebäudes geflossen.

Technik in 4 Geschossen
Entsprechend der Intention der Betreiber, wonach von der gesamten Anlage möglichst wenig zu erkennen bleiben sollte, ist nach Fertigstellung des Maschinenhauses von außen lediglich das Zugangsportal sichtbar. Das Gros der Wasserkrafttechnik befindet sich, aufgeteilt auf 4 Tiefgeschosse, unter der Erde.  Während die Montagehalle, die 20 kV-Anlage, sowie Büro- und Sozialräume im überschütteten Erdgeschoß untergebracht sind, befinden sich im ersten Tiefgeschoss die Eigenbedarfsanlage, die Erregereinheit des Motorgenerators, sowie der Gleich- und Wechselrichter. Das zweite Tiefgeschoss ist dem Motorgenerator samt Steuerungstechnik, sowie der Leittechnik und dem Maschinenleitstand vorbehalten. Im dritten Tiefgeschoss sind die Pumpspirale, der Pumpen-Kugelschieber, die Steuerungsanlage, sowie das Hydraulikaggregat und noch Anderes installiert. Im  vierten Tiefgeschoss befinden sich die Zulaufleitung, die Absperrklappe sowie  die  Lenzpumpen. „Wir verfügen hier über zwei Lenzanlagen. Eine dient der Ausleitung von Oberflächenwässern, die über einen Ölabscheider wieder in den Bach zurückgeführt werden. Die andere steht quasi in Diensten des Anfahrvorgangs: Das heißt, dass für den Anfahrvorgang aus der Pumpe ein relativ großes Volumen kommt, welches in einem Schacht gesammelt wird. Es handelt sich also über ein komplett geschlossenes System, aus dem dieses Wasser wieder ins Ausgleichsbecken hinaufgepumpt wird. Außerdem besitzt das Rellswerk überdies noch eine Not-Lenzanlage.“

Hochwertige Absperrorgane
Um die Druckbelastungen kontrollieren zu können, die durch die Wassersäule auftreten können, sind natürlich auch spezielle, hochentwickelte Absperrmöglichkeiten im Triebwasserweg unerlässlich. Sie stellen mit ihrer Notschlussfunktion eine maßgebliche Sicherheitsinstitution im Kraftwerkskonzept dar. Im Falle des neuen Rellswerk setzten die Betreiber im Maschinenhaus auf einen Pumpturbinen-Kugelschieber sowie des Weiteren auf eine Pumpensicherungsklappe, beides inklusive der Öl-Wasser-/Wassersteuerung konstruiert, designt, geliefert, montiert und in Betrieb gesetzt von dem bekannten Schweizer Branchenspezialisten ADAMS Schweiz AG aus Serneus. Darüber hinaus lieferte das Unternehmen für die Sperrkammer Salonien, wo die neue Druckrohrleitung an den bestehenden Taldüker Salonien angeschlossen wurde, die notschlusstauglichen Betriebs- und Revisionskugelschieber. Eine Konzession an die hohen Druckbedingungen, schließlich würden in herkömmlichen Kraftwerken bei geringeren Drücken hier Sperrklappen eingesetzt. Außerdem zeichnete die ADAMS AG in diesem Bereich auch für den Rohrkrümmer zwischen Kugelschieber und Lünerseeleitung inklusive der Ausbaurohre verantwortlich.

Maschinen aus der Schwergewichtsliga
Das Herz der Anlage stellt zweifellos das leistungsstarke Maschinengespann, bestehend aus dem Pumpturbinensatz von Voith Hydro und dem Motorgenerator aus dem Hause ELIN Motoren GmbH, dar. Der Einbau der beiden Maschinen gestaltete sich aufgrund der hohen Tonnagen als durchaus nicht einfach. „Sowohl der Motorgenerator als auch die Pumpturbine, die über eine vertikale Welle verbunden sind, wurden über einen speziellen Montageschacht eingehoben. Die Pumpturbine ist auf Schienen aufgestellt, sodass man diese im Bedarfsfall ausbauen kann, ohne den Motorgenerator entfernen zu müssen. Für den Motorgenerator gibt es ebenso eine spezielle Revisionsöffnung wie für den Kugelschieber“, verweist Florian Sollerer auf ausgeklügelte Aspekte der Wartungsfreundlichkeit.

Pumpen als Primärfunktion
Bei der installierten Pumpturbine handelt es sich um ein absolutes Wasserkraft-­High-End-Produkt von Voith Hydro, das sowohl Stärken im Pump- als auch im Turbinenbetrieb aufweist. Konkret wurde eine ungeregelte, vertikalachsige, 3-stufige Pumpturbine implementiert, die auf eine maximale Pumpleistung von 14,5 MW und eine Nennleistung im Turbinenbetrieb von 11,4 MW ausgelegt ist. Eine absolute Besonderheit der Pumpturbine besteht darin, dass sie fast ausschließlich aus rostfreien Teilen gefertigt ist. Beim Anfahrvorgang in den Pumpbetrieb wird zuvor das Wasser in der Pumpturbine über Schwerkraftwirkung entleert. Das Anfahren kann sodann mit einem kleineren Anfahr-Frequenzumrichter erfolgen. Diese Funktionalität ist bei einstufigen Pumpturbinen üblich, im mehrstufigen Design jedoch stellt sie eine technische Besonderheit dar.
Bei einer Nenndrehzahl von 1.000 Upm kann die Pumpturbine eine Wassermenge zwischen 2,3 und 2,7 m3/s verarbeiten, und pro Tag werden rd. 130.000 m3 vom Speicherbecken Richtung Lünersee befördert. Während die Füllung des Speicherbeckens bei ausschließlich natürlichem Zulauf rund 8 Stunden dauert, kann sie im Zusammenwirken mit dem Turbinen­betrieb in etwa 3 Stunden erfolgen. Das Ent­leeren des Ausgleichsbeckens über die Pumpe wäre theoretisch in rund 5 Stunden möglich. „80 bis 90 Prozent wird der Maschinensatz im Pumpbetrieb arbeiten“, sagt Florian Sollerer. Auch wenn die Anlage voraussichtlich nur 10 bis 20% ihrer Einsatzzeit im Turbinenbetrieb laufen wird, lohnen sich die hierfür erforderlichen Zusatzinvestitionen. Mit circa 3 GWh/a an elektrischer Erzeugungsenergie wird seitens illwerke vkw kalkuliert. Durch die Möglichkeit, die Anlage als Wälzpumpenspeicherwerk zu betreiben, trägt sie dazu bei, hochwertigen Spitzen- und Regelstrom ans Netz zu liefern.
Der erzeugte Strom wird über ein bestehendes, 8 km langes Erdkabel auf 20 kV-Niveau vom Rodundwerk I in Vandans und weiter über ­einen 20 MVA-Netzkuppeltrafo bis zur Trafo­station im Rellstal eingespeist.

Bewährte Technik im Spannungswandler
Sowohl im Pump- als auch im Erzeugungsbetrieb kommt natürlich auch dem eingesetzten Motorgenerator eine gewichtige Rolle zu. Die Maschine muss dabei nicht nur auf hohe Leistungsreserven in beide Drehrichtungen ausgelegt sein, sondern darüber hinaus auch auf rasche Umschaltzeiten zwischen den beiden Betriebsmodi, wie es heute gefordert wird. „Die Maschine reagiert relativ schnell. Ein Moduswechsel erfolgt innerhalb weniger Minuten“, sagt Florian Sollerer. Die 68,5 Tonnen schwere Maschine ist auf eine Nennleistung von 16 MVA ausgelegt. Sie wurde von den Ingenieuren aus dem Hause ELIN Motoren GmbH maßgeschneidert für diesen Einsatz konzipiert und gefertigt. Zur Vermeidung von Druckstößen bei der Umschaltung vom Turbinen- auf den Pumpbetrieb war es erforderlich, an der Antriebsseite des Motorgenerators eine Schwungmasse mit einem verhältnismäßig großen Gewicht von 12 t zu integrieren. Aufgrund der hohen Nenndrehzahl von 1.000 U/min und der hohen Durchgangsdrehzahl der Pumpturbine von 1.423 U/min musste das Schwungrad mittels eines komplexen Spannsatzsystems gefertigt und montiert werden. Die Ingenieure von ELIN mussten beim Engineering am Motorgeneratordesign auch auf äußere Gegebenheiten des Krafthauses hinsichtlich Höhe, Breite und Masse Rücksicht nehmen – und eine möglichst kompakte Bauweise anstreben. Besonders die Montage des Motorgenerators hatte für das Team von ELIN Motoren GmbH erhebliche Herausforderungen parat: Aufgrund der schwierigen Zufahrtsmöglichkeiten wurde die Maschine in Einzelteilen angeliefert, die danach erst im Kraft­werksschacht über zwei Tiefgeschosse montiert wurden.

Wärterloser Betrieb auf 1.450 m
Ein weiterer zentraler Aspekt in der Umsetzung des Projektes entfiel auf die Implementierung der Elektrotechnik. Während die Leittechnik von Andritz Hydro realisiert wurde, war für die gesamte E-Technik das Salzburger Wasserkraft-Kompetenzzentrum von Siemens verantwortlich. Das Aufgabenpaket umfasste dabei sowohl den Motorgenerator und die statische Erregung, als auch den Anfahrumrichter, den Maschinentransformator, sowie die weiteren Eigenbedarfs-Trafos. Hinzu kamen weiters eine 21 kV und 6 kV-Schaltanlage im Zuge der Generatorausleitung, diverse Schaltanlagen, Gleichrichter, sowie die Leit- und Schutztechnik, um nur die wichtigsten Punkte zu nennen. Damit steuerte das Kleinwasserkraft-Kompetenzzentrum von Siemens Österreich einmal mehr zentrale Komponenten für ein modernes Pumpspeicherkraftwerk bei, um es an die komplexen Regelerfordernisse der heutigen Zeit anzupassen. Da die Anlage im Winter ja nicht zugänglich ist, ist sie für einen komplett wärterlosen Betrieb ausgelegt. Sie wird über die Zentralwarte ICC in Rodund komplett ferngesteuert betrieben.

Mehrwert in anderer Anlage lukriert
Nach umfangreichen Inbetriebsetzungsarbeiten und ersten Betriebstests konnte das neue Rellswerk im Juni letzten Jahres den Probebetrieb aufnehmen, um im Juli bereits in den Regelbetrieb überzugehen.
Rund 38 Millionen Euro haben die Betreiber in die neue Anlage investiert, die sich nicht nur baulich optimal in die Landschaft des Montafons, sondern auch perfekt in das hydraulische Konzept der Erzeugungsanlagen der Vorarlberger Illwerke AG  einfügt. „Die Rentabilität dieser Anlage ist nicht so einfach zu berechnen wie bei anderen Kraftwerken, da sie den Mehrwert vorrangig in einem anderen Kraftwerk lukriert. Vorrangig kommt sie dem Lünerseewerk zugute“, erklärt Florian Sollerer. Konkret fördert das Rellswerk nun rund 17 Millionen m3 pro Jahr in den Lünersee. Durch die Nutzung des Wassers ab der Rellskapelle auf 1.450 m Seehöhe, anstatt wie bisher ab der bestehenden Rellsfassung auf rund 1.000 m Seehöhe, beträgt der Primärenergiezuwachs im Lünerseewerk 18 GWh pro Jahr. Gleichzeitig erhöht sich die Erzeugung von hochwertiger Spitzen- und Regelenergie im Lünerseewerk in der Größenordnung von etwa 37 GWh im Regeljahr. Damit stellt das neue Rellswerk einen wichtigen Baustein im bestehenden hydraulischen System der Werksgruppe Obere Ill-Lünersee dar. Das bestehende Lünerseewerk ist seit 1958 in Betrieb und verfügt mit fünf Maschinensätzen über eine Engpassleistung von 280 MW. Die aufgenommene Motorleistung im Pumpbetrieb liegt bei 224 MW.

Perfekte hydraulische Ergänzung
Dem Rellswerk kommt nicht nur eine bedeutende Rolle in der Vorarlberger Energiewirtschaft zu, darüber hinaus hatte das Bauprojekt, das sich letztlich über die warmen Jahreszeiten von drei Jahren erstreckte, einen wesentlichen Impuls im Hinblick auf die regionale Wertschöpfung. Schließlich konnte ein Großteil der Aufträge an heimische Unternehmen vergeben werden, wie von Seiten der Verantwortlichen betont wird.
Die Pumpspeicherung gilt noch immer als die effizienteste und sauberste Form der Energiespeicherung mit einem Wirkungsgrad von über 80 Prozent. Die Bedeutung von Kraftwerken wie dem Kopswerk II, oder dem in Bau befindlichen Obervermuntwerk II ist nach wie vor nicht hoch genug einzuschätzen. Aber auch Anlagen wie das Lünerseewerk leisten einen wichtigen Beitrag, um die Schwankungen, die aus der Volatilität von Wind- und Sonnenergie im Netz resultieren, zu dämpfen und auszugleichen. Und genau dies gilt auch für das Rellswerk, der perfekten hydraulischen Ergänzung der leistungsstarken Traditionsanlage.

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