Neues Kleinwasserkraftwerk Bröckelbach liefert sauberen Ökostrom im steirischen Kleinsölktal

18. August 2025, Lesedauer: 9 min

Seit November 2024 erzeugt im steirischen Kleinsölktal ein neues Kleinwasserkraftwerk am Bröckelbach sauberen Strom. Realisiert wurde das Projekt vom Ehepaar Thomas und Christine Zach und der Haider Energieerzeugung GmbH, wobei die gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie die Rohrverlegung vom Bauunternehmen Gebr. Haider durchgeführt wurden. An der Wasserfassung kommt für den Einzug von maximal 240 l/s Ausbauwassermenge das bewährte Coanda-System „Grizzly“ mit Selbstreinigungsfunktion vom Südtiroler Stahlwasserbauexperten Wild Metal zum Einsatz. Für eine maximal effiziente Stromerzeugung im Krafthaus sorgt eine 4-düsige Pelton-Turbine von der Osttiroler Maschinenbau Unterlercher GmbH. Im Regeljahr wird das neue Wasserkraftwerk rund 300.000 kWh Ökostrom produzieren.

Regionale Wasserkraftnutzung: Kleinsölktal setzt weiter auf moderne Kleinwasserkraft

Im Kleinsölktal, einem Seitental des steirischen Ennstals, wurden in der jüngeren Vergangenheit eine ganze Reihe von Kleinwasserkraftanlagen neu gebaut bzw. auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Einen wesentlichen Anteil am Ausbau der Wasserkraftkapazitäten hatte der Energiedienstleister E-Werk Gröbming, der inklusive Beteiligungen mit insgesamt 15 Wasserkraftwerken in der Region sauberen Strom erzeugt. Beim Neubau des Kraftwerks Kleinsölkbach, das zwischen 2021 und 2023 vom E-Werk Gröbming, der Haider Energieerzeugung GmbH und der Gemeinde Sölk realisiert worden ist, wurden bereits die baulichen Vorkehrungen für den Bau eines weiteren Kleinwasserkraftwerks geschaffen.

Kraftwerk Bröcklbach
Die Druckrohrleitung besteht zur Gänze aus GFK-Rohren von Amiblu.
© Gebr. Haider

Synergien beim Bau genutzt: Idee entsteht während Verlegung der Druckrohrleitung

„Als die Druckrohrleitung für das Kraftwerk Kleinsölkbach, die über unseren Grund verläuft, verlegt wurde, haben wir uns mit dem Polier der Baufirma Gebr. Haider in Verbindung gesetzt“, sagt Thomas Zach, der mit seiner Frau Christine einen Milchviehbetrieb im Kleinsölktal betreibt: „Wir haben uns anfänglich erkundigt, ob die Möglichkeit besteht, bei der Rohrverlegung gleich die baulichen Voraussetzungen für unser eigenes Kraftwerk am Standort zu schaffen. Nach der Kontaktaufnahme wurde die Angelegenheit schließlich mit Hubert Haider, dem Geschäftsführer der Gebr. Haider, weiter konkretisiert. „Ursprünglich wollten wir nur eine Leerverrohrung zur Rückleitung des Triebwassers in den Kleinsölkbach vorsehen, damit unser Sohn das Kraftwerk in der Zukunft bauen kann. Nachdem aber die Planungen und die Behördenwege während der Projektierung bereits sehr weit fortgeschritten waren, haben wir uns dazu entschlossen, das Projekt gleich selber in die Realität umzusetzen“, so Kraftwerksbetreiber Thomas Zach beim zek HY­DRO-Lokalaugenschein im Kleinsölktal.

Kooperative Umsetzung des Kleinwasserkraftwerks Bröckelbach durch KW Bröckelbach Wibmer GmbH

„Die Entscheidung für eine gemeinsame Umsetzung wurde bereits im Herbst 2022 getroffen“, sagt Christian Mandell, Bereichsleiter Energie bei der Unternehmensgruppe Haider: „Danach wurde gleich mit den Planungsarbeiten begonnen – somit konnte im Spätsommer 2023 die wasserrechtliche Bewilligung für diese Anlage erlangt werden. Die abschließende naturschutzrechtliche Bewilligung wurde dann im Frühjahr 2024 zuerkannt. Nach der ebenso durchgeführten internen Ausführungsplanung konnte schlussendlich der Baubeginn Ende Juni 2024 erfolgen.“ Durchgeführt wurden die gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten inklusive der Druckrohrverlegung von der Bausparte der Gebr. Haider, wobei auch die Familie Zach tatkräftig mitanpackte. Für den rechtlichen Rahmen des Ökostromprojekts wurde die KW Bröckelbach Wibmer GmbH gegründet, an der Thomas und Christine Zach mit jeweils 35 Prozent beteiligt sind, die restlichen Anteile hält die Haider Energieerzeugung GmbH. Christian Mandell lässt nicht unerwähnt, dass die gesamte Projektabwicklung, die Planungsarbeiten, die Behördenverfahren, die Förderungs- und Finanzierungsabwicklung, die Bauaufsicht sowie der Stromverkauf von der Haider Energieerzeugung GmbH durchgeführt wurden.

Kraftwerk Bröcklbach
Das Coanda-System „Grizzly“ mit Selbstreinigungsfunktion von der Wild Metal GmbH sorgt für die Ausleitung von maximal 240 l/s Triebwasser.
© zek

Coanda-System „Grizzly“ von Wild Metal garantiert effiziente Wasserfassung

Die Wasserfassung der Anlage wurde am Bröckelbach kurz unterhalb der Einmündung von zwei kleineren Seitengerinnen errichtet. Vor dem Fassungsbauwerk wurde ein großzügig dimensioniertes Becken angelegt, in dem sich die Sedimente des Gebirgsbachs vor der Ausleitung absetzen können. Da der Bröckelbach durch natürliche Gefällestufen für Fische nicht passierbar ist, konnte auf eine ansonsten obligatorische Fischaufstiegshilfe verzichtet werden. Der Einzug von maximal 240 l/s Ausbauwassermenge erfolgt durch das Coanda-System „Grizzly Protec Vibro“ vom Südtiroler Stahlwasserbauexperten Wild Metal GmbH, das seine Praxistauglichkeit im gesamten Alpenraum mittlerweile an mehr als 500 Standorten unter Beweis stellt. Besonders geschätzt wird von Kraftwerksbetreibern das namensgebende Coanda-Prinzip des Systems. Dieses sorgt dafür, dass das vom Gewässer mitgeführte Geschwemmsel automatisch durch den Wasserstrom von der Feinrechenfläche, deren Spaltweite bei der Wasserfassung des Kraftwerks Bröckelbach lediglich 0,6 mm beträgt, abgespült wird. Für zuverlässigen Schutz vor grobem Treibgut wie Felsen, Ästen oder Wurzelstöcken sorgt hingegen das über dem Feinrechen positionierte Schutzgitter, die sogenannten „Vibro Bars“. Komplettiert wurde der Lieferumfang der Südtiroler durch die elektromechanisch angetriebenen Absperr- und Regulierorgane wie Grundablass-, Einlauf-, Spül- und Restwasserschieber sowie den Einlaufkonus der Druckrohrleitung.

Kraftwerk Bröcklbach
Die Gebr. Haider erledigten die Bauarbeiten und die Rohrverlegung.
© Gebr. Haider

GFK-Druckrohrleitung von Amiblu sorgt für geringen Reibungsverlust und hohe Energieeffizienz

Nach dem Endsanderbecken beginnt die insgesamt 585 m lange Druckrohrleitung der Anlage, die in einer nahezu linearen Trassenführung zwischen der Wasserfassung und dem Maschinengebäude 74 m Bruttofallhöhe überwindet. Der komplett erdverlegte Kraftabstieg besteht zur Gänze aus glasfaserverstärkten Kunststoffrohren (GFK) in der Dimension DN400 vom international renommierten Hersteller Amiblu. Die Rohre kombinieren hohe Festigkeit mit geringem Gewicht und ermöglichen so eine einfache und kosteneffiziente Verlegung – selbst in schwierigem Gelände. Dank der äußerst glatten Rohrinnenfläche werden die Reibungsverluste auf ein Minimum reduziert und in weiterer Folge eine Optimierung der Energieeffizienz der Anlage erreicht. Durch die materialbedingte Druckstabilität und die Formbeständigkeit kommt das Rohrsystem auch mit anspruchsvollen Betriebsbedingungen problemlos zurecht. Mit den Druckrohren mitverlegt wurden zudem ein Stromkabel zur elektrischen Anbindung der Wasserfassung sowie ein Lichtwellenleiter für die digitale Kommunikation. Für die visuelle Fernkontrolle der Wasserfassung sorgt eine Videokamera, mit der sich die Betreiber rund um die Uhr einen Eindruck von der Situation an der Wehranlage verschaffen können.

Effiziente Pelton-Turbine von Maschinenbau Unterlercher liefert 148 kW Engpassleistung

Bei der elektromechanischen Ausstattung des Maschinengebäudes setzten die Betreiber auf die Kompetenz des Kleinwasserkraftallrounders Maschinenbau Unterlercher GmbH. Die Osttiroler lieferten eine 4-düsige Pelton-Turbine in vertikalachsiger Ausführung, die bei vollem Wasserdargebot 148 kW Engpassleistung erzielt. Die Turbinenschaufeln des Laufrads werden bei der Fertigung aus einem Edelstahlblock gefräst und anschließend mit einer stoff- und formschlüssigen Verbindung mit Seitenscheiben zu einem hochwertigen Bauteil zusammengefügt. Durch diese patentierte Fertigungsmethode erreicht Unterlercher ein Höchstmaß an Genauigkeit und Betriebssicherheit. Dank der vier elektrisch geregelten Turbinen-Düsen kann die Maschine auch bei stark verringertem Wasserdargebot mit maximaler Effizienz Strom erzeugen. Vervollständigt wird der Maschinensatz durch einen direkt mit dem Laufrad gekoppelten Synchron-Generator in luftgekühlter Ausführung, der auf 400 V Spannung und 180 kVA Nennscheinleistung ausgelegt wurde.

Kraftwerk Bröcklbach
Visualisierung der modernen Kraftwerkssteuerung
© MBK

MBK Energietechnik übernimmt Elektro- und Leittechnik für vollautomatisierten Anlagenbetrieb

Das gesamte elektro- und leittechnische Equipment stammt von der im Kleinwasserkraftbereich vielfach bewährten MBK Energietechnik GmbH aus der steirischen Gemeinde Ilz. Die Automatisierungsspezialisten hatten schon zuvor eine ganze Reihe von Kraftwerken der Gebr. Haider mit ihren zuverlässigen Lösungen ausgestattet. Beim neuen Kraftwerk am Bröckelbach konnten die Steirer ihre jahrzehntelange Erfahrung ein weiteres Mal unter Beweis stellen. „Unser Lieferumfang erstreckte sich auch bei diesem Projekt wieder über die gesamte elektrotechnische Ausrüstung – von der Energieausleitung für den Anschluss an das örtliche EVU bis zur Fernwartung haben wir alles geliefert, montiert und in Betrieb gesetzt“, so MBK-Geschäftsführer Christian Mund: „Eine generelle Herausforderung bei Projekten dieser Größenordnung sind die Kosten. Vor allem elektrotechnisch unterscheiden sich kleinere Anlagen grundsätzlich ‚nur‘ durch die Netzanbindung bzw. den Energieteil von größeren Kraftwerken – alle anderen Anforderungen sind gleich und unabhängig von der Projektgröße. Generator, Turbine und Stahlwasserbau werden mit den gleichen Signalen und Überwachungen geliefert wie bei größeren Anlagen und müssen natürlich dementsprechend behandelt werden. Auch bei den Anforderungen seitens der Behörden (Pflichtwasserabgabe, Rohrbruchüberwachung, usw.) werden keine Unterschiede gemacht und müssen entsprechend der jeweiligen Bescheide ausgeführt werden.“ Dem Stand der Technik entsprechend funktioniert der Anlagenbetrieb vollständig automatisiert. Dank der gesicherten Online-Anbindung können die Betreiber über ein Endgerät ihrer Wahl – PC, Tablet oder Smartphone – rund um die Uhr auf die Anlage zugreifen, diese überwachen bzw. gegebenenfalls individuelle Anpassungen vornehmen.

Kraftwerk Bröcklbach Thomas und Christine Zach
Thomas und Christine Zach freuen sich über ihr gelungenes Wasserkraftprojekt im steirischen Kleinsölktal.
© zek

Inbetriebnahme nach sechs Monaten Bauzeit – Betreiber ziehen positives Fazit

Nach einer bemerkenswert kurzen Bauphase, die weniger als sechs Monate in Anspruch genommen hat, konnte die mustergültig realisierte Anlage mit rund 300.000 kWh Regelarbeitsvermögen am 14. November des Vorjahres zum ersten Mal in Betrieb genommen werden. Im Gespräch mit zek HYDRO ziehen Thomas und Christine Zach ein durchwegs positives Fazit über ihr Wasserkraftprojekt: „Sowohl die Projektierungs- als auch die Bauphase sind schnell und unkompliziert über die Bühne gegangen. Seit der Inbetriebnahme sind keine nennenswerten Probleme an der Anlage aufgetreten. Die maximale Leistung der Anlage konnte bislang zwar noch nicht abgerufen werden, das liegt aber an den geringen Niederschlagsmengen der vergangenen Monate, und nicht an der Technik.“

Kraftwerk Bröcklbach
Das Maschinengebäude kann sich sehen lassen.
© zek

Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 3/2025