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Neues Kraftwerksquartett schraubt Murtaler Ökostromkapazität nach oben8 min read

24. November 2023, Lesedauer: 6 min

Neues Kraftwerksquartett schraubt Murtaler Ökostromkapazität nach oben8 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Gleich vier neue Kleinwasserkraftwerke wurden in der steirischen Gemeinde Pusterwald im Bezirk Murtal seit 2020 errichtet. Die allesamt als Ausleitungsanlagen konzipierten Kraftwerke nutzen das hydroelektrische Potential der Gewässer Pusterwaldbach, Fuchsgrabenbach und Moosbach. Zuständig für die Stromerzeugung sind vier Turbinen unterschiedlicher Bauart – 2 x Pelton, 1 x Diagonal sowie 1 x Kaplan –, die jeweils im Doppelpack in zwei gemeinschaftlichen Maschinengebäuden untergebracht sind. Für die bauliche und technische Umsetzung der Projekte setzte Betreiber Robert Fasching auf namhafte österreichische Unternehmen. Gemeinsam können die mustergültig umgesetzten Wasserkraftwerke im Regeljahr rund 7 Millionen kWh saubere Energie erzeugen.

Kraftwerk Pusterwald 1 Spülklappe
Der neben der Wehrklappe angeordnete Spülschütz mit aufgesetzter Klappe sorgt für die Abfuhr von Treibgut ins Unterwasser.
© zek

Die Gemeinde Pusterwald in den Wölzer Tauern erstreckt sich in vertikaler Richtung zwischen 951 und 2.363 m Seehöhe und bietet durch ihre Topographie und den zahlreichen Gewässern ideale Voraussetzungen für die saubere Stromproduktion aus Wasserkraft. Einen bemerkenswerten Ausbau des regionalen Wasserkraftpotentials innerhalb weniger Jahre ist dem gebürtigen Kärntner Robert Fasching zu verdanken.

Umfangreicher Ausbau
Dieser hatte ein vor ca. 30 Jahren am Fuchsgrabenbach errichtetes Wasserkraftwerk in Pusterwald erworben, für das er neue Pläne entwickelte: „Das zuvor auf einem Nachbargrundstück befindliche Maschinengebäude sollte ca. 200 m bachaufwärts auf meinem eigenen Grund neu errichtet werden. Außerdem wurde um das Wasserrecht für den Bau eines neuen Kraftwerks am Pusterwaldbach angesucht, dessen Turbine ebenfalls im Maschinengebäude der Anlage Fuchsgrabenbach untergebracht werden sollte“, so Robert Fasching. Maßgebliche Unterstützung bei der Konzeption und Planung erhielt der Betreiber von seinem langjährigen Freund Manfred Marko, der in seiner beruflichen Laufbahn mehr als drei Jahrzehnte beim Land Steiermark im Bereich Wasserbau tätig war. Manfred Marko ergänzt, dass bei der Projektierung der beiden Anlagen noch umfangreichere Pläne für den Ausbau von ungenutztem Wasserkraftpotential in der Region entstanden sind: „Besonders zwei Standorte waren es, ein weiterer flussaufwärts am Pusterwaldbach sowie einer am Moosbach, die für den Bau von weiteren Kleinwasserkraftwerken sehr vielversprechend erschienen. Auch bei diesen potentiellen Projekten, für die während der Bauphase der anderen beiden Kraftwerke die behördlichen Verhandlungen geführt wurden, sollten die Maschinen in gemeinsam genutzten Krafthäusern untergebracht werden.“

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Maschinengebäude zieht um
Jedes der insgesamt vier Projekte erforderte ein eigenes Wasserrechtsverfahren und eine Baugenehmigung, die sukzessive allesamt positiv für den Betreiber entschieden wurden. „Selbstverständlich wurden alle erforderlichen ökologischen Auflagen wie die Erstellung von Fischwanderhilfen bzw. die Restwasservorgaben erfüllt. Als Forstwirt ist es mir ein wichtiges Anliegen, nicht um jeden Preis Energie zu erzeugen, auch wenn es sich um nachhaltige Quellen handelt“, so Robert Fasching. Mit der Umsetzung der Bauarbeiten und den technischen Gewerken wurden im Rahmen der Ausschreibungen eine ganze Reihe von österreichischen Branchenexperten beauftragt, die meisten Unternehmen kamen bei allen Anlagen zum Zug. Den Anfang der baulichen Umsetzung machte die Verlegung des Maschinengebäudes der Anlage Fuchsgrabenbach im Jahr 2020. Für die prinzipiell gut in Schuss befindliche alte elektromechanische Ausstattung konnte ein Abnehmer aus Südtirol gefunden werden. An der ca. 30 Jahre alten Wasserfassung am gleichnamigen Gewässer, die mit einem Tirolerwehr und einem Entsanderbecken ausgestattet ist, waren keine Umbauten erforderlich. Sehr wohl verlängert werden musste allerdings die Druckrohrleitung aus duktilen Gussrohren, die wegen der Verlegung des Krafthauses bachaufwärts nun eine Nettofallhöhe von 195 m überwindet. Als Turbine kommt eine 4-düsige Pelton-Turbine in vertikalachsiger Bauform vom Tiroler Hersteller Geppert zum Einsatz, der auch die anderen Neuanlagen mit leistungsstarken Maschinengespannen inklusive Generatoren vom Linzer Traditionsbetrieb Hitzinger ausstattete. Unter Volllast deckt die Turbine dank ihrer vier elektrisch geregelten Düsen ein breites Betriebsband ab und erzielt auch bei schwankendem Wasserdargebot sehr gute Wirkungsgrade. Unter Volllast erreicht die mit 1.000 U/min drehende Turbine 909 kW Engpassleistung. Der direkt mit dem Laufrad gekoppelte Generator in luftgekühlter Ausführung wurde auf 1.150 kVA Nennscheinleitung und 400 V Spannung ausgelegt. Das elektro- und leittechnische Equipment der Anlage stammt von der steirischen MBK Energietechnik GmbH, die auch bei den anderen drei Kraftwerke für die Automatisierung zuständig war.

Kraftwerk Pusterwald Gruppenfoto
Swietelsky-Gebietsbauleiter im Murtal Gerald Grasser, technischer Berater Manfred Marko und Betreiber Robert Fasching (v.l.).
© zek

Neubau am Pusterwaldbach
Als zweites Projekt wurde das Kraftwerk Pusterwaldbach 2 errichtet. Zum Aufstauen des Gewässers dient eine massive Wehrklappe in Fischbauchausführung, die auf der orographisch linken Bachseite errichtet wurde. Geliefert und fachgerecht montiert wurde die komplette Stahlwasserbauausrüstung für alle drei neuen Wehranlagen vom Salzburger Branchen­experten GMT Wintersteller GmbH. Das in gewohnt höchster Qualität und Funktionalität gefertigte Equipment kommt auch mit Hochwassersituationen problemlos zurecht. Den seitlich angeordneten Triebwassereinzug an der Wehranlage beim Kraftwerk Pusterwaldbach 2 schützt ein horizontaler Feinrechen vor Geschwemmsel und Treibgut. Gereinigt wird die Rechenfläche durch eine elektrohydraulisch betriebene Rechen­reinigungsmaschine mit Pegelregelung. Das angesammelte Geschwemmsel wird durch die Putzharke vom Rechen entfernt und über einen Spülschütz mit aufgesetzter Klappe ins Unterwasser abgegeben. Der Ent­sander, der die wichtige Funktion der finalen Sedimentabscheidung aus dem Triebwasser übernimmt, wurde mit 35 m Länge laut Manfred Marko bewusst großzügig dimensioniert. Gleich nach dem Entsanderbecken beginnt die insgesamt ca. 1,4 km lange Druckrohrleitung, die jeweils zur Hälfte in den Dimension DN1500 und DN1400 verlegt wurde und aus glasfaserverstärkten Kunststoffrohren (GFK) der Marke SUPERLIT besteht. Die ökologische Durchgängigkeit an der Wehranlage gewährleistet ein naturnah gestalteter Becken­pass, der den Gewässerbewohnern eine sichere Passage zwischen Ober- und Unterwasser ermöglicht. Im Krafthaus sorgt eine Diagonal-Turbine von Geppert für ein Maximum an Effektivität. Die von der Bauform am nächsten mit der Francis-Turbine verwandte Diagonal-Turbine besitzt durch ihre verstellbaren Lauf- und Leitschaufeln eine doppelte Regulierfähigkeit und sorgt somit sowohl für einen hohen Spitzwirkungsrad als auch beste Ergebnisse im Teillastspektrum. Unter Volllast erreicht die auf 2,5 m³/s Ausbauwassermenge und 30,3 m Nettofallhöhe ausgelegte Maschine 630 kW Engpassleistung. Als Energiewandler dient ein direkt in horizontaler Richtung gekoppelter Synchron-Generator von Hitzinger mit 700 kVA Nennscheinleistung und 400 V Spannung.

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Moosbach für Wasserkraft erschlossen
Die Errichtung des Kraftwerks Moosbach wurde als drittes Kleinwasserkraftprojekt in Pusterwald in Angriff genommen. Bei diesem Projekt erfolgte ein Wechsel der ausführenden Bauunternehmen, anstelle der Porr AG wurde die Swietelsky AG der Niederlassung Murtal mit der Herstellung der Druckrohrleitung und dem Bau der Wasserfassung beauftragt. Mit einer Ausbauwassermenge von 300 l/s ist die Anlage im Vergleich zu den anderen Kraftwerken am geringsten dimensioniert. Die neben einer Forststraße situierte Wasserfassung wurde von GMT Wintersteller mit einem klassischen Tiroler Wehr ausgestattet. Nach der Ausleitung strömt das Triebwasser durch ein Entsanderbecken, in dem auch der Sensor der pegelgeregelten Turbine untergebracht ist, und tritt danach in die Druckrohrleitung ein. Der insgesamt 660 m lange Kraftabstieg besteht zur Gänze aus duktilen Gussrohren DN600 in schub- und zuggesicherter Ausführung. Rund 300 m der Druckrohrleitung bestehen aus Rohren, die bereits bei der Errichtung des Kraftwerks Fuchsgrabenbach in den 1990er Jahren verlegt wurden. Wegen des zuvor an anderer Stelle neu gebauten Maschinengebäudes der Anlage Fuchsgrabenbach konnten die rund 30 Jahre alten Rohre für das Kraftwerk Moosbach problemlos erneut verwendet werden. Als Herzstück des Kraftwerks Moosbach, das sich das Maschinengebäude mit dem Kraftwerk Pusterwaldbach 2 teilt, kommt eine 3-düsige Pelton-Turbine in vertikalachsiger Ausführung zum Einsatz, die unter Volllast 162 kW Engpassleistung erreicht. Der direkt gekoppelte Synchron-Generator in luftgekühlter Ausführung wird vom Laufrad mit 600 U/min angetrieben.

Kraftwerk Pusterwaldbach Steuerung Smartphone
Fernüberwachung und Steuerung der Kraftwerke sind auch über das Smartphone möglich. Ausgeführt wurde die komplette Elektro- und Leittechnik für sämtliche Neuanlagen vom steirischen Automatisierungsexperten MBK Energietechnik GmbH.
© zek

Noch ein Kraftwerk am Pusterwaldbach
Als viertes Kleinwasserkraftwerk wurde die Anlage Pusterwaldbach 1 realisiert, dessen Errichtung im April 2022 startete. Swietelsky-Gebietsbauleiter Gerald Grasser betont, dass speziell die Verlegung der ca. 1,4 km langen Druckrohrleitung aus GFK-Rohren DN1500 und DN1400 kein leichtes Unterfangen darstellte: „Die hauptsächlich neben dem Bach verlaufende Rohrtrasse brachte aufwändige Wasserhaltungsmaßnahmen mit sich. Hinzu kam starker Grundwasser­andrang, der ein kontinuierliches Abpumpen erforderte sowie häufig widrige Witterungsbedingungen.“ Sowohl die bauliche als auch die technische Ausführung der Wasserfassung ähnelt sehr stark der weiter bachabwärts gelegenen Anlage Pusterwaldbach 2. Das Gewässer wird durch eine Wehrklappe gestaut und das Triebwasser durch einen Seiteneinlauf, der mit Horizontalrechen und Rechenreinigungsmaschine ausgestattet ist, zum Entsander­becken geleitet. Sämtliches Stahlwasser­bauequipment sowie die hydraulischen Ver­rohrungen stammen von GMT Wintersteller. Aufgrund der vergleichsweise geringen Fallhöhe von ca. 20 m kommt im gemeinschaftlich mit dem Kraftwerk Fuchsgrabenbach genutzten Maschinengebäude eine horizontalachsige Kaplan-Turbine zum Einsatz. Unter Volllast schafft die für 2,5 m³/s Ausbauwassermenge konzipierte Turbine 414 kW Engpassleistung. Als Energiewandler dient erneut ein auf 750 U/min ausgelegter Synchron-Generator mit direkter Kopplung. Der Generator kommt auf 500 kVA Nennscheinleistung und erreicht 400 V Spannung. Für die elektro- und leittechnische Ausstattung der Anlage inklusive des kompletten regelungstechnischen Equipments sorgte erneut die MBK Energietechnik GmbH.

Seit März 2023 alle Anlagen am Netz
Rund elf Monate nach Baubeginn ging das Kraftwerk Pusterwaldbach 1 als letzte der insgesamt vier neuen Kleinwasserkraftanlagen in Pusterwald im März 2023 in Betrieb. Betreiber Robert Fasching zeigt sich beim zek HYDRO Lokalaugenschein im Murtal grundsätzlich zufrieden mit dem Gesamtergebnis: „Im Großen und Ganzen hat die Projektabwicklung – abgesehen von diversen Lieferschwierigkeiten – gut funktioniert. Die allgegenwärtigen Preissteigerungen haben sich natürlich auch auf die Baukosten der Anlagen ausgewirkt. Auf lange Sicht gesehen war der Ausbau des ungenutzten Wasserkraftpotentials definitiv die richtige Entscheidung, von der auch die kommenden Generationen profitieren werden.“ Zusammengerechnet können die neuen Kleinwasserkraftwerke in Pusterwald alljährlich rund 7 Millionen kWh Ökostrom erzeugen.

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