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Neues Wasserkraftwerk am Kleinsölkbach kommt ohne eigenes Querbauwerk aus10 min read

6. März 2023, Lesedauer: 7 min

Neues Wasserkraftwerk am Kleinsölkbach kommt ohne eigenes Querbauwerk aus10 min read

Lesedauer: 7 Minuten

In der Obersteiermark wurde mit dem Wasserkraftwerk Kleinsölkbach vor kurzem eine neue Ökostromanlage errichtet. Realisiert wurde das Projekt unter der Federführung des E-Werks Gröbming, das mit seiner neuesten Anlage nun an insgesamt 13 Standorten in der Region sauberen Strom aus Wasserkraft erzeugt. Der Einzug von 6 m³/s Ausbauwassermenge erfolgt an einem von den beiden Oberliegerkraftwerken gespeisten Sammelbecken, wodurch kein separates Querbauwerk im Gewässer errichtet werden musste. Vom Sammelbecken ins Maschinengebäude gelangt das Triebwasser über eine ca. 3,4 km lange Druckleitung aus GFK-Rohren. Im Krafthaus sorgen zwei unterschiedlich groß dimensionierte Francis-Turbinen in horizontalachsiger Ausführung mit über 3,7 MW Engpassleistung für ein Maximum an Effizienz. Durch den Neubau hat die nachhaltige Energieproduktion im Kleinsölktal einen Zuwachs von rund 13 GWh Ökostrom im Regeljahr erhalten.

Das 1909 gegründete E-Werk Gröbming zählt zu den ältesten Unternehmen im oberen Ennstal und genießt als zuverlässiger Partner für alle energietechnischen Belange einen hervorragenden Ruf in der Bevölkerung. Über das rund 600 km lange Leitungsnetz versorgt der moderne Energiedienstleister eine Vielzahl von Groß- und Kleinabnehmer in insgesamt sechs Gemeinden. Zudem beinhaltet das Leistungsspektrum des Unternehmens auch die Bereiche elektrische Installationen, Photovoltaik, Elektro-Fachhandel und E-Mobilität. Bei der ­Eigenstromerzeugung setzt das E-Werk ­Gröbming traditionell ausschließlich auf erneuerbare Ressourcen, wobei neben zwei Photovoltaik-Anlagen vor allem die Nutzung von Wasserkraft die tragende Rolle spielt.

Kraftwerk Kleinsölkbach Bauarbeiten Sammelbecken
Bauarbeiten am neuen Sammelbecken.
© E-Werk Gröbming

Oberlieger speisen Neubau
Gleich zwei Wasserkraftprojekte – eine Anlagenerweiterung sowie ein Neubau – hat das E-Werk Gröbming vor kurzem im Kleinsölktal erfolgreich realisiert. Beim zek HYDRO Lokal­augenschein berichtet Gerhard Seebacher, Technischer Leiter und Projektkoordinator beim E-Werk Gröbming, dass ursprünglich nur der Bau eines Kraftwerks am Kleinsölkbach vorgesehen war. „Die erste Idee für eine neues Kraftwerk im Kleinsölktal entstand um das Jahr 2012. Als das Konzept weiter ausgearbeitet wurde, konnte mit den von der Anlageninfrastruktur betroffenen Grundstückseigentümern frühzeitig ein gutes Einvernehmen hergestellt werden. Auch die zuständigen Behörden und die naturschutzrechtlichen Stellen hatten dem Bauvorhaben grünes Licht erteilt, womit man 2016 ein mögliches Projekt in der Schublade hatte. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt die Energiepreise im unteren Bereich angesiedelt und man hat sich dazu entschlossen, mit der Projektumsetzung noch zuzuwarten.“ Auf wirtschaftliche Beine konnte das Projekt schließlich durch den Einbezug der beiden Oberliegerkraftwerke Schwarzenseebach und Sagschneider gestellt werden. Die Maschinengebäude der Anlagen, die ebenfalls vom E-Werk Gröbming betrieben werden, liegen in unmittelbarer Nähe zueinander am Ursprung des Kleinsölkbach. „Das adaptierte Konzept bestand darin, das von den Bestandskraftwerken turbinierte Wasser in ein gemeinsames Sammelbecken zu leiten und von dort direkt über eine Druckrohrleitung ins Krafthaus des Neubaus zu führen. Mit dieser synergetischen Lösung musste kein baulich aufwändiges Querbauwerk im Gewässer errichtet werden“, erklärt Gerhard Seebacher. Bei dem im Jahr 2005 komplett erneuerten Kraftwerk Sagschneider sollte zudem auch die Ausbauwassermenge verdoppelt und eine zweite Turbine eingebaut werden. Dies ermöglichte eine deutliche Steigerung von Leistungs- und Erzeugungspotential bei der Bestandsanlage und die damit einhergehende Gewährleistung des geförderten Ökostromtarifs. Gleichzeitig kommt die erhöhte Ausbauwassermenge auch dem neuen Kraftwerk Kleinsölkbach zugute und stellt dessen wirtschaftlichen Betrieb sicher.

 

Branchenexperten am Zug
Die Umplanungen erforderten ein wasserrechtliches Optimierungsverfahren, das von behördlicher Seite und den Naturschutzbeauftragten positiv bewertet wurde. Zuständig für die Generalplanung war das Grazer Ingenieurbüro für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft Zöschg & Groß GmbH, das seine Kompetenz schon in der Vergangenheit bei unterschiedlichen Projekten für das E-Werk Gröbming unter Beweis gestellt hatte. Bei der Ausschreibung qualifizierten sich zudem eine ganze Reihe von bewährten Branchenexperten für die Bau- und Techniklose. Die kompletten Hoch- und Tiefbauarbeiten inklusive Druckrohrverlegung erledigten die Professionisten der Unternehmensgruppe Gebr. Haider, deren Energieerzeugungssparte ebenfalls an der Kraftwerk Kleinsölkbach GmbH beteiligt ist. Als dritter Gesellschafter für den Neubau wurde die Gemeinde Sölk ins Boot geholt. Gerhard Seebacher lässt nicht unerwähnt, dass im Hinblick auf die regionale Wertschöpfungskette bewusst eine ganze Reihe von lokalen Unternehmen in die Projekt­umsetzung eingebunden wurden.

Kraftwerk Kleinsölkbach Seebacher u Walcher
Gerhard Seebacher, Technischer Leiter und Projektkoordinator beim E-Werk Gröbming und Helmut Walcher vom Kraftwerks-Service (v.l.) beim zek HYDRO-Lokalaugenschein im Kleinsölktal.
© zek

Oberlieger vergrößert
Am 15. März 2021 startete die Umsetzungsphase des Projekts inmitten eines verspäteten Wintereinbruchs. Um den Neubau und die Erweiterung des Kraftwerk Sagschneider möglichst rasch und effizient zu realisieren, waren mehrere Bau-Teams parallel im Einsatz. Beim Kraftwerk Sagschneider musste aufgrund der Verdoppelung der Ausbauwassermenge von 1,5 auf 3 m³/s fast die gesamte Infrastruktur der Anlage angepasst werden. Unberührt von den Bauarbeiten blieb im Prinzip nur die bestehende Druckrohrleitung DN1000. Da der Kraftabstieg ursprünglich nur auf einen maximalen Durchfluss von 1,5 m³/s ausgelegt war, führt die Verdoppelung der Wassermenge wegen der damit einhergehen­den Reibungsverluste unweigerlich zu einer Verminderung der Nettofallhöhe. Nichtsdestotrotz konnten sowohl das Leistungspotential als auch das Regelarbeitsvermögen der Anlage durch die erhöhte Nutzwassermenge erheblich gesteigert werden. Im erweiterten Maschinengebäude wurde die vorhandene Diagonal-Turbine um eine ebenso horizontalachsige Francis-Turbine vom oberösterreichischen Hersteller Global Hydro Energy GmbH ergänzt. Die beiden Maschinensätze kommen bei vollem Wasserdargebot auf 1.570 kW Engpassleistung und können im Regeljahr durchschnittlich rund 5,7 GWh Ökostrom erzeugen. Mehrere technische und bauliche Adaptierungen waren auch an der Wasserfassung der Anlage notwendig. Das Volumen des Entsanderbeckens wurde durch einen seitlichen Anbau an die bestehende Kubatur verdoppelt und somit die ordnungsgemäße Filtration der Sedimente aus dem Triebwasser gewährleistet. Die Sedimentrückgabe in dem nun aus zwei getrennten Kammern bestehenden Bauwerk erfolgt durch eine hydraulisch bewegte Spülklappe. Auch der Grobrechen am Tiroler Wehr musste für den verdoppelten Wassereinzug angepasst werden. Dazu wurde die Fläche eines beim Genehmigungsverfahren als nicht mehr notwendig erachteten Kleintieraufstiegs am Tiroler Wehr für die Verbreiterung um 80 Zentimeter genutzt. Der Grobrechen wurde mit speziellen Rechenstäben ergänzt, deren strömungsoptimiertes Profil die Geschwemmselabfuhr begünstigt. Um den Einzug von 3 m³/s Ausbauwassermenge zu ermöglichen, wurde zudem der Wintereinlauf für den ganzjährigen Betrieb adaptiert und ein automatischer Schütz installiert. Eine Umrüstung bedurfte auch die Feinrechenanlage vor der Druckrohrleitung. Dabei wurden der bestehende Vertikalrechen und die Rechenreinigungsmaschine verbreitert sowie der Rechenreiniger neu zentriert. In Summe nahmen die Arbeiten zur Erweiterung des Kraftwerks Sagschneider etwas mehr als ein halbes Jahr in Anspruch. Weitgehend unverändert blieb das zweite Oberliegerkraftwerk am Schwarzenseebach, das auf eine Ausbauwassermenge von 3,2 m³/s ausgelegt ist. An der 2013 in Betrieb genommenen Anlage mit einer 1,2 MW Diagonal-Turbine waren lediglich im Unterwasserbereich bauliche Anpassungen erforderlich. Das zuvor nach der Turbi­nierung ins Gewässer abgegebene Triebwasser wird nun durch ein kleines Einlaufbauwerk gefasst und strömt danach über eine ca. 27 m lange Leitung aus glasfaserverstärkten Kunststoffrohren (GFK) DN1500 zum Sammelbecken des neuen Kraftwerks Kleinsölkbach. Auch beim Kraftwerk Sagschneider wurde der Unterwasserbereich baulich angepasst und eine rund 120 m lange GFK-Leitung DN1500 zum Sammelbecken verlegt.

Stahlwasserbau aus Oberösterreich
Das gesamte Stahlwasserbauequipment für die Erweiterung des Kraftwerks Sagschneider und das neue Sammelbecken stammt vom oberösterreichischen Branchenspezialisten Danner Wasserkraft GmbH. Sämtliche hydromechanischen Komponenten wurden von dem im Almtal ansässigen Unternehmen in gewohnt hoher Qualität gefertigt und fachgerecht montiert. Neben den diversen Schützen und Regulierorganen zählten auch die Hydraulikaggregate und die Herstellung der entsprechenden Verrohrungen zum Auftragsvolumen von Danner. „Da das Triebwasser für den Neubau von den beiden Oberliegern schon im vorgereinigten Zustand ins Sammelbecken strömt, ist dort kein weiterer Schutzrechen notwendig“, merkt Gerhard Seebacher an. „Das Sammelbecken wurde großzügig dimensioniert, um eine Beruhigung der doch beträchtlichen Wassermenge von bis zu 6 m³/s vor dem Beginn der Druckrohrleitung zu gewährleisten. Wasserspiegelschwankungen durch variierende Zuflüsse von den Oberliegern können durch das große Becken, in dem auch die Sonden der pegelgeregelten Turbinen untergebracht sind, optimal ausgeglichen werden. Wenn mehr als 6 m³/s zur Verfügung stehen wird der Überschuss durch eine Regelklappe, die auch für die Nivellierung des Wasserstands im Becken zuständig ist, ins Gewässer abgegeben.“ Die Restwasserdotation in den Kleinsölkbach erfolgt bei den Oberliegern und beträgt in Abhängigkeit vom jeweiligen Wasserdargebot zwischen 600 – 1.500 l/s.

 

Kraftabstieg aus GFK-Rohren
Vom Sammelbecken zur Turbinierung ins Krafthaus gelangt das Triebwasser über eine 3.470 m lange Druckrohrleitung. Die möglichst linear gewählte Trassenführung der Druckrohrleitung machte zwei Bachunterquerungen notwendig, die von den Monteuren der Gebr. Haider mittels Unterdükerung hergestellt wurden. Bei der Materialauswahl des Kraftabstiegs entschieden sich die Betreiber für GFK-Rohre, die weltweit im Wasserkraft- und Industriesektor sowie im kommunalen Bereich zum Einsatz kommen. Die im Wickelverfahren hergestellten Rohre des Fabrikats Flowtite vereinen hohe Beständigkeit gegen Abrieb sowie äußere Einflüsse und garantieren durch ihre äußerst glatte Innenfläche hervorragende Fließeigenschaften. Hinzu kommen das vergleichsweise geringe Gewicht und ein anwenderfreundliches Muffensystem. Dank der geringfügigen Abwinkelbarkeit der Rohrstöße innerhalb der Verbindungsmuffen können weitläufige Richtungsänderungen der Trassenführung ohne zusätzliche Rohrkrümmer hergestellt werden. Geliefert wurden sämtliche Rohre inklusive Sonderformstücke vom niederösterreichischen Vertriebsprofi Etertec/JSW Handelsvertretung. Um Transportkosten zu sparen, wurde die Druckrohrleitung in den Dimensionen DN1900/1800/1700 ausgeführt. Durch die drei unterschiedlichen Dimensionen konnten die Rohre beim Verladen ineinander geschoben und somit jeweils die dreifache Menge mit einem Lkw-Transport zur Baustelle geliefert werden.

Leistungsstarke Francis-Turbinen
Da sich das Krafthaus in einer potentiellen Lawinenzone befindet musste das Gebäude gemäß behördlicher Vorgabe entsprechend massiv ausgeführt werden. Wie beim Kraftwerk Sagschneider stammt auch beim Neubau die zentrale elektromechanische Ausstattung vom Kleinwasserkraftallrounder Global Hydro Energy GmbH. Für das Kraftwerk Kleinsölkbach lieferten die Mühlviertler zwei horizontalachsige Francis-Turbinen, die auf einen Durchfluss von 2 bzw. 4 m³/s ausgelegt wurden. Mit dieser 1/3 – 2/3 Maschinenkonstellation erzielt die Anlage auch bei verringertem Wasserdargebot ein Maximum an Effizienz. Die größere Turbine dreht mit 750 U/min und erreicht eine Engpassleistung von 2.494 kW. Das kleinere Gegenstück rotiert mit 1.000 U/min und schafft bei vollem Zufluss 1.263 KW Engpassleistung. Komplettiert werden die Maschinensätze durch zwei direkt mit den Turbinenwellen gekoppelte Synchron-Generatoren mit 3.100 bzw. 1.500 kVA Nennscheinleistung in wassergekühlter Ausführung. Beide Generatoren vom italienischen Hersteller Marelli wurden auf eine Frequenz von je 50 Hz ausgelegt und erzeugen im Betrieb jeweils 690 V Spannung. Für die Kühlung der Energiewandler sorgen zwei im Unterwasserbereich der Turbinen positionierte Wärmetauscher, die vom abgearbeiteten Triebwasser gekühlt werden.

Kraftwerk Kleinsölkbach Steuerung
Visualisierung der Kraftwerkssteuerung von der MGX Automation GmbH aus dem südsteirischen Leibnitz.
© MGX

Elektro- und Regelungstechnik von MGX
Das elektro- und leittechnische Equipment für den Neubau und die Erweiterung des Kraftwerks Sagschneider stammt von der MGX Automation GmbH, einem langjährigen Partner der Betreiber. Neben der Programmierung der Steuerung und die Anbindung an das übergeordnete Leitsystem des E-Werk Gröbming zählte die gesamte Elektro- und Regelungstechnik für die beiden Kraftwerke zum Auftragsumfang der Südsteirer. Dazu gehörten unter anderem die Eigenbedarfsversorgungen und die Spannungsverteilungen. Beim Kraftwerk Sagschneider wurde im Zuge der Erweiterung zudem die Schwarzstart- und Inselbetriebsfähigkeit hergestellt, womit die Anlage bei einem großflächigen Stromausfall nun die lokale Energieversorgung aufrecht erhalten kann. In regelungstechnischer Hinsicht bestand für MGX die besondere Herausforderung in der Realisierung der Wasserhaushaltsautomatik für den Neubau und die beiden Oberliegerkraftwerke. Das Einspeisen des vom Kraftwerk Kleinsölkbach erzeugten Stroms ins öffentliche Netz erfolgt beim ca. 12 km entfernten Umspannwerk in Sölk. Wegen der durch den Neubau erheblich gesteigerten Strommenge mussten die Querschnitte der Stromkabel vom E-Werk Gröbming abschnittsweise entsprechend vergrößert werden.

 

Neubau sorgt für Erzeugungsschub
„Der ambitionierte Zeitplan für die Projekt­umsetzung konnte dank der guten Zusammenarbeit und der Flexibilität der beteiligten Unternehmen bewältigt werden. Die Erweiterung der Bestandsanlage und der Neubau sind beide gut gelungen, wir sind mit der technischen Funktionalität und der Stromproduktion sehr zufrieden“, resümiert Gerhard Seebacher. Im Regeljahr kann das Kraftwerk Kleinsölkbach rund 13 GWh Ökostrom produzieren. Mit der Erzeugung der beiden Bestandsanlagen Sagschneider und Schwarzenseebach liegt die alljährliche Energieproduktion im Kleinsölktal nun bei insgesamt rund 25 GWh.

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