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Ökostrom aus dem Engelsdorfer Wehr6 min read

12. Feber 2014, Lesedauer: 4 min

Ökostrom aus dem Engelsdorfer Wehr6 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Das alte Engelsdorfer Wehr verursachte im Hochwasserfall immer wieder Überschwemmungen im angrenzenden Siedlungsgebiet. Auch der bauliche Zustand des Holzwehres war in einem schlechten Zustand.

Für Organismen stellt das Bauwerk seit mehr als 150 Jahren ebenfalls ein unüberwindbares Hindernis dar. Es bestand also Handlungsbedarf. Die F-Beteiligungs GmbH entschied sich das Wehr zu modernisieren und den Standort zur Produktion von sauberer Energie zu nützen.

Das Engelsdorfer Wehr liegt an der Metnitz in der Ortschaft Engelsdorf bei Friesach in Kärnten. Die Metnitz ist ein linker Nebenfluss der Gurk in den Gurktaler Alpen. Sie durchfließt in West-Ostrichtung das nach ihr benannte, relativ schmale Metnitztal. Oberhalb von Friesach wird der Talboden sehr breit, man spricht  ab hier auch vom Friesacher Feld. Sie hat  ein Einzugsgebiet von 470 km² und eine  mittlere Wasserführung von 5,5 m³/s. Der Name der Metnitz kommt aus dem slawischen und bedeutet „Die Trübe“ und weist auf die Schwebstoffe hin, die der Vellachbach im Ort Metnitz einbringt. Durch das große Einzugsgebiet und den unzähligen Zuflüssen aus dem Gebirge kann die Metnitz in kurzer Zeit auch sehr stark anschwellen. Generell ist das ganze Einzugsgebiet bei hohen Niederschlägen oft Hochwassersituationen ausgesetzt. 

GEFAHR IM VERZUG BEI DER ALTEN ENGELSDORFER WEHR
Die Hochwasserproblematik spitze sich auch am Engelsdorfer Wehr zu. Das alte Wehr war ein Festwehr aus Holz, das als Ausleitungsbauwerk über einen Triebkanal einmal mehrere Mühlen versorgte. Über diesen Triebwasserkanal wurde bei Hochwasser eine nahe Siedlung regelmäßig überschwemmt. Die Einwohner waren von der damaligen Situation alles andere als begeistert. Auch der marode Zustand der Holzkonstruktion stellte ein Gefahrenpotential dar. Eine Sanierung bzw. ein Neubau des Wehres war also unabdingbar. Die F-Beteiligungs GmbH mit ihrem Eigentümer Herrn Dipl.-Ing. Karl Freudelsperger prüfte daraufhin,  in Zusammenarbeit mit der Fb Green Energy, ob der Standort für ein Laufkraftwerk in Frage käme. Als sich dieser als ideal herausstellte, nahm man mit den Behörden Kontakt auf, um über eine Sanierung der Wehranlage und der Integration eines Laufkraftwerkes zu sprechen. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Gefahr in Verzug war, wurde das Genehmigungsverfahren problemlos und zügig abgewickelt. Die Bevölkerung der Umgebung begrüßte das Projekt mit großer Zustimmung. 

SCHWIERIGE BAUPHASE AUFGRUND VON HOCHWASSER
Nach der problemlosen Genehmigungsphase wurde die Fb Green Energy mit der Planung und Bauüberwachung des Kraftwerkes beauftragt. Die Fb Green Energy, ein Komplettanbieter für Kleinst- und Kleinwasserkraftwerke, übernahm auch die komplette Elektro- und Regelungstechnik, sowie den Stahlwasserbau. Bei der Frage nach der passenden Turbinenlösung, setzt man nahe liegender Weise auf externe Lieferanten. „Wir möchten für unsere Kunden ein Komplettanbieter für den Bereich der kleinen Wasserkraft sein, um dadurch ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten zu können“, so Geschäftsführer Dipl.-Ing. Werner Josef Frissenbichler. Lediglich für den Betonbau engagierte man mit der K+M Bau GmbH ein weiteres Unternehmen aus der Region.  „Für mich als Kärntner war es wichtig, auch ein Kärntner Unternehmen zu beauftragen, wenn wir in Kärnten auch bauen“, betonte Dipl.-Ing. Karl Freudelsperger. Die Bauphase verlief im Grunde sehr erfolgreich, aber zwei schwere Hochwasserereignisse im Jahr 2012 überschwemmten den Bau komplett. Neben den finanziellen Schäden musste man zusätzlichen Arbeitsaufwand betreiben. Das junge Kärntner Bauunternehmen meisterte diese Umstände aber mit ausgezeichnetem Engagement. „Wir waren sehr zufrieden mit diesem jungen und engagiertem Unternehmen“, DI Karl Freudelsperger lobend.  

GESCHIEBE ERFORDERT ANPASSUNGEN
Das Geschiebe und Sediment der Metnitz verursachte auch schon am alten Wehr einiges an Problemen. Auch aufgrund der Ausbaufallhöhe von 6,26 m mussten also diverse Maßnahmen getroffen werden, um Schäden am Wehr und der Turbine zu vermeiden. Auf einer Länge von rund 110 Metern wurde das Bachbett eingetieft und an den neuen Wehrkörper angeschlossen. Dabei installierte man durch Schwellenbauten einige Beruhigungszonen für das Wasser. Das Geschiebe kann sich also schon vor dem Wehr absetzen. Das Bauwerk musste deshalb auch etwas wuchtiger ausgelegt werden. Das Wehr wurde auch durch massive und tiefe Verankerungen gesichert. Im Einlauf musste es beidseitig durch massive Betonmauern geschützt werden. Klare Vorstellungen hatte man auch in Punkto Technik.

TECHNIK AM MODERNSTEN STAND
Das Kraftwerk Engelsdorfer Wehr sollte ein einfaches aber qualitativ hochwertiges Laufkraftwerk werden. „Die Einfachheit soll Wasserkraftwerke in dieser Größenordnung auch rentabel machen“, so Dipl.-Ing. Karl Freudelsperger. Jedoch, so betonte der Fachmann, sollte dies keineswegs mit schlechter Qualität gleichzusetzen sein. Bei der Turbinentechnik vertraute man auf eine WATEC-Hydro Kaplanturbine vom Typ  KDP-4-1000 „Kaplanturbine, Doppeltreguliert, mit Permanentgenerator 300kVA“. Die doppelte Regulierung ermöglicht eine optimale Anpassung an das verfügbare Wasserangebot. Da im Generator keine Lagerung verbaut ist und Riemenabtriebsgeräusche entfallen, läuft die Maschinengruppe sehr geräuscharm. Auch der geringe Platzbedarf und die Wartungsfreiheit des WATEC Systems überzeugten die Betreiber. Die Turbine soll mit einer Ausbaufallhöhe von 6,26 m und einem Ausbaudurchfluss von 5.23 m³/s im Regeljahr eine Jahresarbeit von 1,3 GWh produzieren.  Die gesamte Elektro- und Regelungstechnik stammt aus dem Haus Fb Green Energy und setzt auf modernste Technik. Die Wartung erfolgt von der Ferne. Mobile Endgeräte ermöglichen die Steuerung und Kontrolle der Anlage zu jeder Zeit, an jedem Ort. Webcams liefern aktuelle Bilder in die Zentrale. 

IM EINKLANG MIT DER NATUR
Seit mehr als 150 Jahren konnte das Engelsdorfer Wehr für die Organismen im Wasser nicht überwunden werden. In der Planung für die Durchgängigkeit war eine naturnahe Lösung eine Bedingung für die  F-Beteiligungs GmbH. Die Wahl des Fischaufstieges fiel demnach auf den ökologisch ausgeführten Tümpelpass. Diese naturnahen Fischpässe setzen sich aus mehreren Einzelschwellen mit dazwischen liegenden Vertiefungen zusammen, sodass sich eine beckenartige Struktur ergibt. Wesentliche Bedeutung kommt der rauen, asymmetrischen Ausformung der Schwellen zu, die die Passierbarkeit bei allen Abflusssituationen sicherstellt. Somit wurde auch auf die Wünsche der örtlichen Fischerei eingegangen, mit der man sich bei der Planung bereits beriet. Tümpelpässe eignen sich vor allem auch für Gewässer des Rhithrals (Forellen und Äschenregion). Durch die Ausführung der Fischaufstiegshilfe als Tümpelpass fügt sich das Kraftwerk auch ein Stück weit besser in die Naturlandschaft ein.  „Für uns war ganz klar, die Aufstiegshilfe im Einklang mit der Natur zu errichten – alles andere kam für uns nicht in Frage. Wenn man sich heute den Fischaufstieg ansieht, sieht er aus wie ein Gebirgsbach“, so  Dipl.-Ing. Karl Freudelsperger begeistert.   Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von  € 1,9 Mio. liegt man nur aufgrund der Hochwasserproblematik in der Bauphase über den geplanten € 1,7 Mio. Man freut sich über ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt und plant bereits weitere. „Für uns war es wichtig ein Vorzeigeprojekt zu realisieren und ich denke, das ist uns sehr gut gelungen.“, so Dipl.-Ing. Werner Frissenbichler.

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