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Österreichische Technik sorgt für effektive Strom­erzeugung beim KW Bodorna in Georgien6 min read

3. August 2020, Lesedauer: 4 min

Österreichische Technik sorgt für effektive Strom­erzeugung beim KW Bodorna in Georgien6 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Im Oktober des Vorjahres wurde am rund 45 km nördlich der Landeshauptstadt Tiflis gelegenen Bodorna Reservoir ein neues Wasserkraftwerk des Energieversorgers Georgian Water and Power Ltd. offiziell eingeweiht.

Den Auftrag zur Lieferung der kompletten elektromechanischen Ausstattung erteilten die Betreiber an die international hochaktive GUGLER Water Turbines GmbH aus Österreich. Errichtet wurde das Kleinkraftwerk an einem neu geschaffenen Auslass des Reservoirs, wobei 32 m³/s Ausbauwassermenge und eine Bruttofallhöhe von 8,1 m zur Stromgewinnung genutzt werden können. Als Herzstück der neuen Anlage lieferte GUGLER eine horizontale Kaplan­-Turbine in Pit-Bauweise. Unter Volllast schafft das Kraftpaket eine Engpassleistung von mehr als 2,5 MW. Die erzeugte Energie im Ausmaß von rund 15 GWh im Regeljahr wird von der GWP zur Stromversorgung der eigenen Infrastrukturanlagen genutzt.

In der ehemaligen Sowjetrepublik Georgien nimmt die Georgian Water and Power Ltd. (GWP) eine führende Rolle bei der Wasserversorgung der Hauptstadt Tiflis ein. Versorgt werden von der GWP rund 1 Million Einwohner, staatliche Institutionen sowie Industrie- und Gewerbekunden. Zum Aufgabengebiet des über 3.000 Mitarbeiter beschäftigenden Unternehmens zählt dabei sowohl die Wasserversorgung als auch die Entsorgung. Darüber hinaus nutzt GWP seine Infrastruktur zur Stromgewinnung aus Wasserkraft an insgesamt drei Standorten. Das mit Abstand größte Kraftwerk befindet sich am Fuß des 1986 durch einen Dammbau errichteten Zhinvali-Reservoirs, welches einen wesentlichen Anteil zur Wasserversorgung von Tiflis und der Umlandregion beisteuert. In der vom Reservoir gespeisten Wasserkraftanlage erzeugen zwei auf jeweils 65 MW-Engpassleistung ausgelegte Francis-Turbinen im Regeljahr rund 365 GWh Strom. Neben der Großanlage Zhinvali betreibt die GWP noch das Kraftwerk Tetritskhevi mit einer installierten Leistung von rund 12 MW. Das dritte und neueste Wasserkraftwerk hat der Energiekonzern erst im Vorjahr in der Ausleitungsstrecke des Kraftwerks Zhinvali beim Bodorna Reservoir in Betrieb genommen.

Westeuropäische Technik im Kaukasus hoch im Kurs
Bei der technischen Ausstattung des Neubaus Bodorna vertraute GWP auf das Know-how der weltweit renommierten GUGLER Water Turbines GmbH aus Österreich. Mit der Ausnahme Australien konnten die Oberösterreicher, die in ihrer Firmenhistorie mehr als 1.000 Turbinen gefertigt haben, bislang ihre Kompetenz auf allen Kontinenten unter Beweis stellen. In der Kaukasusrepublik Georgien, an der Grenze zwischen Europa und Asien, hatte GUGLER vor einigen Jahren bereits ein Kraftwerk mit seinen bekannt hochwertigen Lösungen ausgestattet. Den Zuschlag zur Lieferung eines elektromechanischen Komplettpakets für das Projekt Bodorna sicherte sich GUGLER im Rahmen einer internationalen Ausschreibung, der Auftrag stellte gleichzeitig die erste Zusammenarbeit mit der GWP dar. GUGLER-Projektleiter Stefan Hartl weist darauf hin, dass sich das Land seit seiner Abspaltung von der Sowjetunion in wirtschaftlicher Hinsicht stark westlich orientiert hat, bei Infrastrukturprojekten haben westeuropäische Technik und Know-how generell einen hohen Stellenwert. Dies zeigte sich unter anderem auch bei der Generalplanung des Projekts, mit deren Ausführung ein Schweizer Ingenieurbüro beauftragt wurde.

Energiepotential vormals ungenutzt
Das neue Kraftwerk am rund 1 Million m³ fassenden Bodorna Reservoir – benannt nach der rund 800 Einwohner zählenden Ortschaft Bodorna – entstand zwischen November 2017 und Oktober 2018 innerhalb von rund zehn Monaten Bauzeit. In infrastruktureller Hinsicht fungiert das Bodorna Reservoir als Unterbecken des noch viel größeren Zhinvali-Reservoirs im Norden. Zur Verbindung der beiden Wasserspeicher dient ein rund 10 km langer unterirdischer Kanal mit 8 m Durchmesser. Von Bodorna aus wird das Wasser schließlich weiter Richtung Hauptstadt verteilt, wo es vor der Verwendung im öffentlichen Trinkwassernetz entsprechend aufbereitet wird. Die Errichtung eines Wasserkraft-i werks am Bodorna Reservoir konnte mit vergleichsweise geringem Bauaufwand in die Realität umgesetzt werden. Das grundsätzliche Konzept des Projekts bestand darin, neben dem alten Speicherauslass, an dem die potentielle Energie des ausströmenden Wassers ­bislang quasi vergeudet wurde, einen neuen Ausleitungskanal sowie ein dazugehöriges Wasserkraftwerk zu errichten. Nach der Turbinierung fließt das abgearbeitete Triebwasser über einen offen ausgeführten Unterwasserkanal wieder in den ursprünglichen Gewässerverlauf zurück.

Vormontage spart Zeit beim Einbau
Als Herzstück des Kraftwerks lieferte GUGLER eine horizontale Kaplan-Turbine in Pit-Ausführung, eine für die hydraulischen Gegebenheiten und die nutzbare Fallhöhe am Anlagenstandort ideale Lösung. „Um die Montage auf der Baustelle so einfach wie möglich zu gestalten, wurde die Maschine bei ihrer Fertigung schon zu weiten Teilen vormontiert. Der Einbau vor Ort konnte somit innerhalb weniger Tage erfolgen. Vom fertigen Maschinensatz fehlten im Prinzip nur das Saugrohr und der Generator, die ausgelieferte Baugruppe setzte sich aus der Turbine inklusive Laufradring und Leitapparat sowie Pit-Gehäuse und Getriebe zusammen“, erklärt Stefan Hartl. In logistischer Hinsicht stellten die Abmessungen des fast kompletten Maschinensatzes mit einem Gewicht von rund 60 t wiederum erhöhte Anforderungen hinsichtlich des Transportaufwands dar. Der Weg nach Georgien führte die Baugruppe zuerst auf dem Landweg vom im italienischen Friaul beheimateten Fertigungsbetrieb zum Hafen nach Triest. Von dort verlief die Reise zuerst auf dem Seeweg über das Mittelmeer zum türkischen Hafen Mersin und weiter via Lkw zum Bestimmungsort in den Kaukasus. Nach der Ankunft auf der Baustelle konnte der Maschinensatz unter Einsatz zweier Mobilkräne innerhalb kurzer Zeit eingehoben und montiert werden, gleich im Anschluss folgten die sekundären Betonarbeiten. Nach Abschluss der Bautätigkeiten im Krafthaus ging es zügig weiter mit den Installationen der elektrotechnischen Ausstattung, diese wurde im Obergeschoss des Gebäudes untergebracht.

Turbine schafft über 2,5 MW
Zur Stromgewinnung kann das Kraftwerk Bodorna insgesamt 32 m³/s Ausbauwassermenge und eine Bruttofallhöhe von 8,1 m nutzen, unter Volllast kommt die Turbine auf eine Engpassleistung von 2.556 kW. Für optimale Zuflussbedingungen sorgt ein am Einlaufbereich des Kraftwerks installierter vertikaler Schutzrechen. Aufgrund des geringen Anteils von Treibgut im Wasser konnte auf den Einbau einer Rechenreinigungsmaschine verzichtet werden. Hartl ergänzt, dass die Turbine mit ihrem Laufraddurchmesser von 2.240 mm konstruktionsbedingt gut mit Geschwemmsel zurechtkommt, wodurch der Stababstand des Schutzrechens relativ großzügig ausgefallen ist. Damit der Synchron-Generator des Maschinensatzes möglichst kompakt ausgeführt werden konnte, wurde die Verbindung zwischen der langsam drehenden Turbine und dem auf 750 U/min ausgelegten Energiewandler mittels Getriebelösung hergestellt. Das Getriebe und der in horizontaler Richtung gekoppelte Synchron-Generator in luftgekühlter Ausführung wurden im nach oben hin offenen Pit des Kraftwerks situiert. Kontrollen oder Wartungen können somit bei optimaler Zugänglichkeit durchgeführt werden. Zum Verstellen von Laufrad und Leitapparat der doppeltregulierten Kaplan-Maschine dient ein Hydraulikaggregat, das oberhalb des Pits platziert wurde. Darüber hinaus beinhaltete das GUGLER-Komplettpaket die auf einem SCADA-System basierende Anlagensteuerung, die Mittelspannungsschaltanlage, einen Transformator sowie ein Dieselaggregat zur Notstromversorgung.

Schritt in die richtige Richtung
Nach Abschluss der Montage- und Installationsarbeiten, die in kooperativer Weise unter GUGLER-Supervision von vorwiegend lokalen Kräften durchgeführt wurde, konnte die Anlage schließlich im Herbst 2018 in den Probebetrieb übergehen. Bereits Anfang Oktober wurde die Fertigstellung des GWP-Prestigeprojekts im Rahmen einer Inbetriebnahmefeier entsprechend gewürdigt. Zu den hochrangigen Teilnehmern der von großem Medienecho begleiteten Veranstaltung zählte unter anderen der für regionale Entwicklung und Infrastruktur zuständige georgische Minister Ilia Begiashvili. In seiner Ansprache betonte Begiashvili, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Landes stark von einer zuverlässigen und flächendeckenden Stromversorgung abhänge. Der Ausbau entsprechender Infrastruktur sowie die Errichtung von auf erneuerbare Energieträger fokussierten Erzeugungsanlagen müsse auch in Zukunft stetig vorangetrieben werden. Unter diesen Voraussetzungen bezeichnete der Minister die Fertigstellung des Kraftwerks Bodorna, in dessen Bau rund 3,9 Millionen Euro investiert wurden, als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, dem zukünftig noch viele weitere folgen sollen. Mit ihrem neuesten Wasserkraftwerk kann die GWP alljährlich rund 15 GWh Strom aus eigener Kraft erzeugen, der von den Betreibern in symbiotischer Form direkt zum Betrieb der energieintensiven Wasserversorgungsanlagen verwendet wird.

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