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Papiermühlental geht in neue Ära5 min read

16. Mai 2014, Lesedauer: 3 min

Papiermühlental geht in neue Ära5 min read

Lesedauer: 3 Minuten

Ein Festtag für das altehrwürdige Papiermühlental in der Gardasee-Gemeinde Toscolano Maderno: Am 27. April 2012 wurde das neue Wasserkraftwerk Covoli offiziell seiner Bestimmung übergeben.

Für knapp 1,25 Mio. Euro wurde das mittlere von drei übereinander liegenden Kraftwerken am Wildbach Toscolano vollständig erneuert und mit modernster Wasserkrafttechnologie ausgerüstet. Die neue fünfdüsige Peltonturbine aus dem Hause Tschurtschenthaler bringt eine Ausbauleistung von 815 kW, wodurch das Kraftwerk Covoli zum leistungsstärksten der drei Kleinwasserkraftanlagen wird.

Die Tradition der Papierherstellung wurde seit Anfang des 14. Jahrhunderts im „Valle delle Cartiere“ – dem Papiermühlental von Generation zu Generation weitergereicht. Als Rohstoffe verwendete man ursprünglich alte Lumpen und Baumwoll-Abfälle, später kam dann auch noch Flachs hinzu. Die Lumpen wurden eingeweicht und fermentiert, sodass diese leichter von den von Mühlrädern angetriebenen Stampf-Kolben oder durch Mühlsteine zermalmt werden konnten. Aus der daraus gebildeten Maische gewannen die so genannten „Carter“ mit großem handwerklichen Geschick mithilfe ihrer Schöpfrahmen das Papier. Es waren viele Arbeitsschritte nötig, um vor der Zeit der Industrialisierung das wertvolle Material herzustellen.

Das Papier aus dem Papiermühlental am Gardasee stand unter einem besonders guten Ruf. Ob seiner exzellenten Qualität wurde es von den Regierungen Norditaliens ebenso gerne für offizielle Akten, Staatsdekrete und dergleichen verwendet wie von den türkischen Sultanen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatte die Papiermanufaktur im „Valle delle Cartiere“ seinen Höhepunkt erreicht. Dutzende von kleineren Betrieben hatten sich am Toscolano Bach, der das Tal durchfließt, angesiedelt. Ein Großteil dieser Mühlen blieb intakt bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als neue Techniken aus Holland in die Betriebe Einzug fanden, die eine Erhöhung der Produktion versprachen. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte schließlich der Schritt hin zur Industrialisierung, der auch den Ausbau der Straßen in der Gemeinde Toscolano nach sich zog. Auch die Zufahrt zum Papiermühlental wurde ausgebaut, wenngleich die Zugänglichkeit im schluchtartigen oberen Teil des Tals weiterhin nur zu Fuß oder auf dem Rücken eines Esels möglich war.


BEMÜHUNGEN UM RENAISSANCE
Seit dem Jahr 2000 hat sich die Gemeinde am Westufer des Gardasees verstärkt um eine Wiederbelebung und eine Renaissance des Standortes unter modernen orzeichen bemüht. Den alten Traditionen folgend, welche die Region über Jahrhunderte geprägt hatten, wird heute ein Kompetenzzentrum geformt, das sich etwa mit der Schaffung von besonderen Papieren mit Wasserzeichen oder mit der Restaurierung antiker Bücher beschäftigt. Es werden traditionelle Techniken der Papierproduktion ebenso gelehrt wie Gravur, Druck, Binden und vieles mehr. Eine zentrale Rolle spielte dabei auch die Erhaltung einer Papierfabrik, der höchste Bedeutung in der Entwicklung des Tals beigemessen wird.
Daneben gab es seit Ende der 1980er Jahre Bemühungen, die alten Kraftwerke am Toscolano wieder instand zu setzen und zu modernisieren. Zu diesem Zweck wurde 1989 die Gesellschaft SET (Societa elettrica di Toscolano Maderno) gegründet, die zu 51 Prozent der Gemeinde gehört. Deren Bemühungen waren schon bald von Erfolg gekrönt. Bereits Anfang der 1990er Jahre erzeugten die Anlagen, die über viele Jahre stillgestanden waren, wieder Strom. Das höchstgelegene Kraftwerk Camerate mit einer installierten Leistung von 500 kW datiert aus dem Jahr 1908. Das unterste Kraftwerk Le Garde mit 400 kW wurde 1922 gebaut. Zwischen den beiden Anlagen befindet sich das älteste Kraftwerk am Toscolano, das Kraftwerk Covoli, das 1899 in Betrieb genommen wurde.

REVAMPING FÜR ÄLTESTE ANLAGE
Seit 1992 sorgte eine alte Crossflow-Turbine im E-Werk Covoli für den Antrieb des Generatorrotors. Der Wirkungsgrad der Anlage ließ jedoch zu wünschen übrig, dessen waren sich die Verantwortlichen der SET bewusst. Man beschloss daher, der Anlage ein umfassendes „Revamping“ angedeihen zu lassen:
eine neue Druckrohrleitung, ein neuer Maschinensatz, eine neue e-technische Ausrüstung und die dafür nötigen baulichen Anpassungen an Wasserfassung und Zentralengebäude. Rund 1,3 Mio. Euro investierte die Betreibergesellschaft in die Modernisierung der Anlage. In Hinblick auf eine möglichst gute energiewirtschaftliche Nutzung stand die Wahl des optimalen Maschinensatzes im Mittelpunkt
der Überlegungen. Man entschied sich für eine fünfdüsige Peltonturbine, die auf Basis der Auswertung einer Ausschreibung an die Firma Tschurtschenthaler aus Sexten vergeben wurde. Tschurtschenthaler-Turbinen zeichnen sich nicht nur durch ihre fast sprichwörtliche Robustheit aus, sondern auch durch hohe Effizienz, hohe Verfügbarkeit und Verlässlichkeit für viele Jahre und Jahrzehnte.
Und nachdem dem Familienunternehmen aus der Dolomitenregion auch der Ruf eines höchst zuverlässigen Partners vorauseilt, fiel die Entscheidung der Betreiber nicht allzu schwer.


WASSERKRAFT ALS TRIEBFEDER DES INVESTITIONSPROGRAMMS
Ausgelegt ist die neue Turbine auf eine Ausbauwassermenge von 1.100 l/s bei einer Fallhöhe von 90,0 Metern. Sie treibt mit einer Nenndrehzahl von 429 Upm einen bürstenlosen Sycnhrongenerator aus dem Hause Hitzinger an. Mit 815 kW ist sie nun die mit Abstand leistungsstärkste Maschine der drei Kraftwerke am Toscolano. Für die Betreiber war wichtig, dass man mit der Turbine auch in Niederwasserzeiten Strom erzeugen kann. Aus diesem Grund setzte man auch auf die Variante mit fünf Düsen.
Der erzeugte Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. Heute produzieren alle drei Anlagen im Papiermühlental zusammen rund 3,5 Millionen kWh im Jahr. Die Betreibergesellschaft
erwartet sich daraus einen Erlös von rund 280.000 Euro pro Jahr. Ein Geld, das wiederum in weitere Investitionen im „Valle delle Cartiere“ fließen soll. Der Bürgermeister von Toscolano Maderno
meinte in seiner Rede anlässlich der Eröffnungsfeierlichkeiten: „Wir sind mit den Arbeiten in der Zentrale Covoli sehr zufrieden. Dieses Projekt steht für die Revitalisierung des Papiermühlentals und für einen Teil des Investitionsprogramms, das keineswegs an diesem Standort endet.“ Es klingt ganz danach, als ob die Wasserkraft einmal mehr zu einer Triebfeder für die Weiterentwicklung am Westufer des Gardasees werden könnte.

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