Regelungstechnik-Upgrade am Kraftwerk Auwehr: Schubert CleanTech modernisiert Wasserkraftwerk an der Mürz

12. September 2025, Lesedauer: 6 min

Anfang des Jahres wurde die Regelungstechnik des Kleinwasserkraftwerks Auwehr in der Stadtgemeinde Mürzzuschlag auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Durchgeführt wurde die Modernisierung vom niederösterreichischen Branchenspezialisten Schubert CleanTech GmbH. Das von der Eigentümer- und Betreibergesellschaft viktor kaplan muerz gmbh in Auftrag gegebene Erneuerungsprojekt konnte innerhalb weniger Wochen erfolgreich über die Bühne gebracht werden. Im Prinzip umfasste der Schubert-Leistungsumfang die Modernisierung des gesamten elektro- und leittechnischen Equipments im Maschinengebäude, der Wehranlage, der Vakuumstation und des Auslaufbauwerks. Dank der großangelegten Erneuerung, die eine umfassende Optimierung der Fernüberwachung- und Regelbarkeit mit sich brachte, ist die Anlage in regelungstechnischer Hinsicht bestens für die Zukunft gerüstet.

Mürzzuschlag – Heimatstadt von Viktor Kaplan und Standort des Kraftwerks Auwehr

Die steirische Kleinstadt Mürzzuschlag am namensgebenden Fluss Mürz hat schon viele bekannte Töchter und Söhne hervorgebracht. Zu den international bekanntesten zählen wohl die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, der bildende Künstler Josef Pillhofer und der Turbinenpionier Viktor Kaplan. Dass sich die in Mürzzuschlag ansässige viktor kaplan muerz gmbh mit der Erzeugung sauberer Energie beschäftigt, ist keine Überraschung. Diese betreibt im Gemeindegebiet den Windpark auf dem 1.580 m hohen Moschkogel und finalisiert derzeit eine Agri-PV-Anlage, die mit Energiespeichersystemen ausgestattet wird.

Kraftwerk Auwehr Mürzzuschlag Rohrverlegung 90 x 61 mm
Die 1.040 m lange Druckrohrleitung wurde im Jahr 2023 durch neue GFK-Rohre in der Dimension DN2700 und DN2500 vollständig ersetzt.
© Amiblu

Ausleitungskraftwerk mit technisch aufwändiger Rückleitung

Am Standort des stillgelegten Kleinwasserkraftwerks Reinbacher wurde das neue Kraftwerk Auwehr in den Jahren 2000 bis 2022 von der viktor kaplan muerz gmbh errichtet. Grundsätzlich handelt es sich bei der Anlage um ein klassisches Ausleitungskraftwerk. Die Wehranlage besteht aus einem Betonbauwerk mit aufgesetzter Wehrklappe, Grundablass- und Spülschützen. Die Entnahme des Triebwassers erfolgt durch ein seitlich angeordnetes Einlaufbauwerk. Zur Entfernung von Treib- und Schwemmgut am vertikalen Schutzrechen sorgt eine mit zwei Teleskoparmen versehene Rechenreinigungsmaschine. Für die ökologische Durchgängigkeit am Wehrstandort, an dem der Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasserbereich 5,2 m beträgt, dient ein naturnah angelegter Beckenpass. Die vorgeschriebene Restwasserdotation wird durch eine Dériaz-Turbine der Firma Geppert zur Stromerzeugung genutzt. Bei der Errichtung des Kraftwerks wurde die 1.040 m lange Druckrohrleitung aus Holzrohren hergestellt. Der Abrieb des scharfkantigen Sedimentgesteins aus dem Karst, dem die Mürz entspringt, führte im Laufe der Jahre allerdings zu einem erheblichen Abrieb der Holzrohrleitung und diversen kleineren Leckagen. Im Herbst 2022 entschieden sich die Betreiber für einen Komplettaustausch des Kraftabstiegs, der im darauffolgenden Jahr durchgeführt wurde. Die neue Druckrohrleitung besteht zur Gänze aus glasfaserverstärkten Kunststoffrohren (GFK) mit den Dimensionen DN2700 und DN2500. Der Austausch der Druckrohrleitung machte sich nicht nur im Hinblick auf die Betriebssicherheit bezahlt. Durch die erheblich geringeren Reibungsverluste der GFK-Leitung konnte die Engpassleistung der Anlage um rund 15 Prozent auf ca. 1,1 MW gesteigert werden, das Regelarbeitsvermögen erhöhte sich um ca. 10 Prozent auf jährlich rund 5 GWh. Im Maschinengebäude kommen zwei im Verhältnis 1:2 ausgelegte doppeltregulierte Kaplan-Schachtturbinen der Firma Voith mit direkt gekoppelten Synchron-Generatoren zum Einsatz. Mit den unterschiedlich groß dimensionierten Turbinen kann auch bei schwankenden Zuflüssen ein Maximum an Effizienz erzielt werden. Der erzeugte Ökostrom wird im Krafthaus auf 20 kV hochgespannt und in das öffentliche Netz eingespeist. Eine Besonderheit des Kraftwerks Auwehr bildet die 270 m lange Rückgabeleitung des abgearbeiteten Triebwassers in die Mürz. Diese besteht aus zwei parallel angeordneten, doppelt umgelenkten GFK-Rohrleitungen DN2200 und musste mit einem Hochpunkt ausgeführt werden, damit die Unterquerung der Eisenbahntrasse der Semmeringbahn ohne größeren Bauaufwand bewerkstelligt werden konnte. Zur Entlüftung infolge des Unterdrucks wurde am Hochpunkt der Leitung eine Vakuumstation mit zwei automatisch gesteuerten Entlüftungspumpensystemen der Firma Vatec installiert.

Notwendigkeit der elektrotechnischen Modernisierung

„Anfang des Jahres 2025 war die Zeit für eine elektrotechnische Modernisierung gekommen. Nach über 20 Jahren Einsatzdauer gibt es üblicherweise zwar noch regelungstechnische Ersatzteile, aber keine neuen Komponenten mehr. Um die Betriebssicherheit der Anlage für die Zukunft zu gewährleisten, hatten sich die Betreiber für eine umfassende Modernisierung der Regelungs- und Schutztechnik entschieden“, erklärt Projektleiter Markus Kerschner vom niederösterreichischen Automatisierungsspezialisten Schubert CleanTech GmbH, der mit der Erneuerung beauftragt wurde: „Ein großer Vorteil war natürlich die Tatsache, dass Schubert die Anlage bereits bei der Errichtung in den 2000er-Jahren ausgestattet hatte. Wir wussten über die alten Komponenten und die Software sehr gut Bescheid und konnten somit die wichtigsten Inputs in die Programmierung der neuen Steuerung mitnehmen.“ Als größte Projektherausforderung nennt Markus Kerschner die kurze Zeit, in der die Modernisierung nach Möglichkeit umgesetzt werden sollte. Die umfangreichen Vorplanungen starteten im Herbst des Vorjahres, als Umsetzungszeitraum wurde die Niederwasserperiode während der kalten Wintermonate gewählt, um die Erzeugungsverluste während des Betriebsstillstands möglichst gering zu halten.

Umfassende Modernisierung der Regelungs- und Schutztechnik

Das Projekt umfasste die Neuprogrammierung der gesamten Kraftwerkssteuerung für die beiden Kaplan-Maschinensätze im Krafthaus, die Wehranlage und deren technische Gewerke wie Stauklappe, Schützen und Rechenreinigungsmaschine, die übergeordnete Kraftwerkssteuerung inklusive Alarmierung und Fernzugriff sowie die Steuerung der Auslaufverschlüsse der saugseitigen Rohrleitung. Die ausgedienten Steuerungen von Mitsubishi wurden durch moderne SPS-Systeme von Siemens ersetzt. Darüber hinaus wurden der Generator- und Netzentkopplungsschutz sowie die Sychronisierungskomponenten komplett erneuert. Zudem wurde von Schubert auch die Steuerung der Restwasserturbine an der Wehranlage neu programmiert. Dieser Zusatzauftrag erfolgte einen Monat nach der Inbetriebnahme des Hauptkraftwerks.

Erfolgreiche Umsetzung in kurzer Zeit

Markus Kerschner lässt in seinem Resümee nicht unerwähnt, dass das Projekt dank der exakten Vorplanung in äußerst kurzer Zeit reibungslos realisiert werden konnte. „Die Umsetzung hat sogar noch besser geklappt, als wir es uns vorgestellt hatten. Mit Ausnahme des Wehrkraftwerks wurde der komplette Vor-Ort-Austausch aller Steuerungen inklusive der Schutz- und Synchronisierungskomponenten sowie die Wiederinbetriebnahme innerhalb von zwei Arbeitswochen durchgeführt. Eine große Unterstützung hat dabei auch das Betriebspersonal der Anlage geleistet. Denn im Zuge der Umbauten sind auch die einen oder anderen Defekte ans Tageslicht gekommen, mit denen wir nicht gerechnet hatten – beispielsweise hat die Sensorik bei gewissen Druck- oder Endschaltern nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert. Diese Komponenten wurden vom Kundenpersonal schnellstmöglich organisiert und direkt ausgetauscht.“
Dass sich die elektro- und leittechnische Erneuerung gelohnt hat, steht außer Zweifel. Neben der verbesserten Betriebssicherheit stehen dem Betriebspersonal nun weitaus umfangreichere Fernwirk- und Überwachungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zudem wurde auch das Restwasserkraftwerk in die übergeordnete Kraftwerkssteuerung eingebunden. Man darf durchaus davon ausgehen, dass Viktor Kaplan dem modernisierten Kraftwerk in seinem Geburtsort ein sehr gutes Zeugnis ausstellen würde.

Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 3/2025