Rohrverlegung im Steilgelände5 min read
Lesedauer: 4 MinutenDie Bauherrn, eine Agrargenossenschaft aus Über-Unterlut in der Vorarlberger Gemeinde Sonntag, konnten mit den ersten Verlegearbeiten an der Druckrohrleitung beginnen.
Diese wird auf einer Trassenlänge von rund 1.360 Metern unterirdisch verlegt, wobei der größte Teil über steiles Almgelände führt. Zum Einsatz kommen duktile Gussrohre aus dem Hause Duktus DN200, die über weite Strecken komplett schub- und zuggesichert ausgeführt sind. Das erlaubt den Großwalsertaler Betreibern eine Rohrverlegung ohne betonierte Fixpunkte.
Seit Generationen stellen die Senner und Sennerinnen auf der Alm in Über-Unterlut im Großwalsertal Butter und Käse selbst her. Die Milch wird noch direkt vor Ort verarbeitet. Man hält an den Traditionen fest. Allerdings hat sich an der Arbeitsweise zuletzt etwas geändert: Um die Alm modern, effizient und mit wenig Personal betreiben zu können, beschlossen die vier Almbesitzer vor einigen Jahren, alles auf den neuesten Stand zu bringen. Neue, moderne Geräte und Maschinen wurden angeschafft und ein neues Wirtschaftsgebäude wurde errichtet. Das Ziel „Modernisierungsschub“ hatte die kleine Agrargenossenschaft damit erreicht, doch brachte dies auch einen Nachteil mit sich: Der Strombedarf erhöhte sich markant. „Wir hatten zuvor ja ein kleines Wasserkraftwerk, das maximal 25 kW Strom lieferte. Das reichte jetzt eben nicht mehr ganz aus“, erzählt Ehrenreich Nigsch, einer der vier Almbesitzer. Eine Lösung für das Problem hatte er schon seit einigen Jahren im Hinterkopf: Ein weiteres, deutlich leistungsstärkeres Kleinwasserkraftwerk am Überlutbach.
VIER JAHRE VORARBEIT
„Vier Jahre habe ich an dem Projekt gebüffelt und darum gerungen. Es war sehr aufwändig“, blickt der Initiator des Kleinwasserkraftwerks Überlut zurück. Man stellte verschiedene Überlegungen hinsichtlich unterschiedlicher Trassenvarianten an und sah sich dabei immer wieder mit der zentralen Herausforderung des Projektes konfrontiert: Es berührte auf der Alm Über-Unterlut ein Natura 2000-Gebiet. „Am Ende ging es um 180 m2, durch die unsere Rohrleitung führte. Eine Zeitlang schien es, als ob diese kleine Fläche das ganze Projekt zu Fall bringen hätte können.“ Am Ende erreichten die Betreiber aus dem Großwalsertal doch einen Kompromiss mit Natur- und Landschaftsschutz und erhielten die Konzession für die Kraftwerksanlage für 30 Jahre zugesprochen. Konzipiert ist diese als Hochdruckanlage mit einer Wasserfassung auf 1.483 Meter Seehöhe, einer 1.366 Meter langen Druckrohrleitung und einem Maschinenhaus, das direkt am Ufer des Lutz, des Hauptbachs des Großen Walsertales, errichtet wird. Es wird mit einer zweidüsigen Pelton-Turbine ausgerüstet, die bei einer Fallhöhe von 580 m auf rund 245 kW ausgelegt ist. Stromengpässe sollte es in Zukunft auf der Alm der vier Bewirtschafter nicht mehr geben.
MIT MATERIALSEILBAHN UND SPINNENBAGGER
Was dieses Projekt besonders auszeichnet, ist der hohe Grad an Eigenleistung, den die Bauherren gerade bei Grabungs- und den Rohrverlegungsarbeiten einbringen. Seit wenigen Wochen sind die Wiesen ausgeapert, was den Start für die Bauarbeiten ermöglichte. Im untersten Trassenabschnitt ging man bereits daran, die ersten Rohre für die Druckrohrleitung, zwei zusätzliche Kabel sowie einen Schlauch für die LWL-Verbindung unterirdisch zu verlegen. Kein einfaches Unterfangen: Der Hang ist extrem steil. Souverän zeigt sich dabei vor allem der eingesetzte Schreitbagger, der bereits am ersten Einsatztag eine circa 150 Meter lange Künette im untersten Steilgelände ausgehoben hatte. Um die Rohre schnell und effizient an den Ort der Verlegung zu bringen, wurde eine Materialseilbahn eingerichtet, die rund fünf Sechstel der gesamten Trassenlänge abdeckt. Die Seilbahn sowie der Spinnenbagger – inklusive eines erfahrenen Baggerführers – stellen die Grundvoraussetzung dar, dass die Verantwortlichen der Agrargenossenschaft ihre Rohrleitung zum größten Teil selbst verlegen können.
SCHUTZ DURCH ZEMENTMÖRTELMANTEL
Dabei spielt natürlich auch der gewählte Rohr Typ eine gewichtige Rolle. Schließlich kann nicht jede Druckrohrleitung von nicht-professioneller Hand verlegt werden. Die einfache und schnelle Verlegbarkeit war einer von mehreren Gründen, warum sich die Betreiber für duktile Gussrohre der Firma Duktus entschieden hatten. Konkret verwendet man Gussrohre DN200 mit Zementmörtelummantelung. Auf den untersten 200 Metern werden K11-Rohre eingesetzt, die auf einen Betriebsdruck von 60 bar ausgelegt sind, weiter oben finden K9-Rohre Verwendung. Der Grund, warum man ZMU-beschichtete Rohre gewählt hat, liegt darin einerseits am steinigen Boden und anderseits darin, dass die Grundverhältnisse über den gesamten Trassenbereich im Vorfeld nicht genau bekannt waren. Mit den ZMU-beschichteten Rohren ist man in jedem Fall auf der sicheren Seite, auch wenn es sich um Böden mit niedrigem pH-Wert (=sauer) handeln sollte.
EXTREME ZUGKRÄFTE TOLERIERBAR
Der Punkt Sicherheit spricht auch für die duktilen Gussrohre aus dem Hause Duktus, wenn es um die Frage nach einer längskraftschlüssigen Rohrverbindung geht. Die patentierte BLS®-/VRS®-T-Verbindung stellt über einen metallischen Riegel die Verbindung mit der Schubsicherungskammer des anschließenden Rohres her – eine Verbindung, die auch extrem hohe Kräfte und Drücke toleriert. Je nach Nennweite des Rohres können damit etwa Zugkräfte bis zu 200 kN aufgefangen werden. Dabei ist diese Rohrverbindung äußerst flexibel und schnell zu montieren. Im Fall der Rohrleitung für das neue Kraftwerk Überlut weist der komplette untere Trassenbereich schub- und zuggesicherte Verbindungen auf, weiter oben kommen Standardverbindungen vom Typ FA40 zum Einsatz. Der Einsatz der BLS®-/VRS®-T Verbindung bringt den nicht unwesentlichen Vorteil mit sich, dass das Verlege Team zur Gänze auf Betonwiderlager verzichten kann. Aufwändige Betonarbeiten im Steilgelände sind also nicht erforderlich. Grundsätzlich wird die Leitung in einer Tiefe von 80 cm bis 1 m verlegt.
KEIN ZEITDRUCK FÜR DIE ERBAUER
Die engagierten Alpbesitzer von der OberÜberlut- Alp in der schönen Gemeinde Sonntag haben sich keinen allzu engen Terminplan gesetzt. Nachdem ein großer Teil der Arbeiten in Eigenregie abgewickelt wird, wollen sie ihre Kraftwerksanlage mit Sorgfalt und Bedacht realisieren und sich keinen unnötigen Druck machen. In der zweiten Oktoberwoche, so der Plan, will man das Kraftwerk in Betrieb nehmen. Noch liegt viel Arbeit vor den Großwalsertalern. Aber die Vorzeichen stehen günstig, dass das Vorhaben gelingt.
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