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Städtische Betriebe Rottenmann nähern sich mit neuem Kraftwerk 10 GWH Marke5 min read

17. Mai 2017, Lesedauer: 3 min

Städtische Betriebe Rottenmann nähern sich mit neuem Kraftwerk 10 GWH Marke5 min read

Lesedauer: 3 Minuten

In der obersteierischen Stadtgemeinde Rottenmann im Bezirk Liezen erzeugt seit Anfang 2016 am Bärndorferbach ein neues Kleinwasserkraftwerk Ökostrom.

Für die Energieproduktion zuständig ist eine 3-düsige Pelton-Turbine des Herstellers ANDRITZ Hydro, welche eine Fallhöhe von fast 220 m ausnutzt und damit rund 250 kW Maximalleistung erzielt. Den aufwändigsten Teil der Bauarbeiten stellte die Verlegung der 1,6 km langen Druckrohrleitung im unwegsamen Gelände dar. Die Betreiber rechnen mit einer durchschnittlichen Jahresarbeit von rund 1,1 GWh. Gemeinsam mit zwei Bestandskraftwerken erzeugen die Städtischen Betriebe Rottenmann nun durch die Nutzung von Wasserkraft  fast 10 GWh Strom pro Jahr.

Das neue Kleinkraftwerk ist bereits das dritte Wasserkraftwerk der Städtischen Betriebe Rottenmann. Neben dem Laufwasserkraftwerk Palten mit einer installierten Leistung von mehr als 1.100 kW verfügt das für die regionale Infrastruktur zuständige Unternehmen noch über ein 2004 in Betrieb genommenes Trinkwasserkraftwerk. Gemeinsam erzeugen die beiden Anlagen rund 8,5 GWh Strom aus Wasserkraft. Mit dem neuen Kraftwerk am Bärndorferbach wird sich der Energieertrag jährlich noch einmal um etwa 1,1 GWh erhöhen, sagt Elektromeister Johann Nebel, der die Entstehung des Kraftwerks von Beginn an begleitet hat.
Neben der Nutzung von Wasserkraft setzen die Städtischen Betriebe zur nachhaltigen Stromgewinnung auf Sonnenenergie. Dazu errichtete man 2014 auf dem Hochplateau Kaiserau einen Solarpark, der mit großflächigen Photovoltaik-Zellen jährlich mehr als 2 GWh Strom aus der Kraft der Sonne erzeugt.

Ein Jahr Bauzeit
Beim Anlagenkonzept des neuen Gemeindekraftwerks handelt es sich um ein klassisches Ausleitungskraftwerk mit Pelton-Turbine, welche durch eine unterirdisch verlegte Druckrohrleitung aus Guss mit Triebwasser versorgt wird. Die Wasserfassung ist mit einem selbstreinigenden Coanda-Rechen ausgerüstet. Als Ausbauwassermenge stehen 130 l/s zur Verfügung, die vorgeschriebene Restwasserabgabe beträgt 25 l/s. Die Bauarbeiten starteten mit der Verlegung der 1,6 Kilometer langen Druckrohrleitung (DRL) im Spätherbst 2014 und stellten den aufwändigsten Teil der des Projektes dar. Etwas mehr als ein Jahr nach Baubeginn konnte im Dezember 2015 erstmals der Probebetrieb aufgenommen werden.
Komplexe Rohrverlegung
Als Generalplaner wurde die BHM INGENIEURE – Engineering & Consulting GmbH der Unternehmensniederlassung Graz beauftragt. Der bei BHM für Wasserkraft zuständige Dipl.-Ing. Michael Kolarik spricht von einem interessanten Projekt, bei dem von planerischer Seite  gesehen schon im Vorfeld die jeweiligen Interessen von Gemeinde, Anwohnern und der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) berücksichtigt werden mussten. In der baulichen Ausführung stellten sich die geologischen Verhältnisse als größte Herausforderung dar.
Aufgrund des Trassenverlaufs der DRL im durchgängig schwierigen Gelände wurde die Leitung auf einer Länge von 1.662 m komplett in schub- und zuggesicherter Ausführung erstellt. Beim Rohrmaterial kommen duktile Gussrohre der TIROLER ROHRE GmbH in den Dimensionen DN300 und 400 zum Einsatz. „Im oberen Bereich entlang der ersten 700 lfm der DRL musste die Leitungskünette direkt im Felsen ausgefräst werden. Weiter unten erschwerte ein Steilhang die Bauarbeiten. Im unteren Abschnitt der Rohrtrasse kam es schließlich zu beengten Platzverhältnissen durch andere Leitungsträger sowie den gleichzeitig durchgeführten Arbeiten an der örtlichen WLV“, beschreibt Michael Kolarik die komplexe Rohrverlegung.

Selbstreinigende Wasserfassung
Bei der Wasserfassung der Anlage kommt ein selbstreinigendes Coanda-Rechensystem der Südtiroler Wild Metal GmbH zum Einsatz. „Man hat sich nach reiflicher Überlegung für den Coanda-Rechen entschieden, weil die Selbstreinigungsfunktion des Systems den geringsten Wartungsaufwand erwarten lässt. Zudem erspart man sich durch den Wegfall einer Rechenreinigungsmaschine zusätzliche Technik an der Wehranlage“, erklärt Johann Nebel. Von der reibungslosen Funktion eines Coanda-Rechens im laufenden Betrieb konnten die Betreiber sich bei einem naheliegenden Kleinkraftwerk überzeugen.
Durch einen unterhalb des Coanda-Rechens installierten Spülschutz erfolgt die automatische Reinigung der Wasserfassung von angeschwemmten Sedimenten, welche nicht über das Feinsieb abgeschwemmt werden. Das Entsanderbecken ist zur Überwachung mit  Schottersonden ausgestattet und wird im Anlassfall ebenfalls automatisch ausgespült. Sämtliche Schützen der Wehranlage werden mittels hydraulischem Antrieb in Bewegung versetzt. Zusätzliche visuelle Kontrolle des Einlaufbereichs gewährleistet eine Videokamera an der Wehranlage, die jederzeit durch die Kraftwerkssteuerung abrufbar ist.

Effektive Pelton-Turbine
Bei der maschinellen Ausrüstung ihres neuen Kraftwerks entschieden sich die Betreiber für eine 3-düsige Pelton-Turbine des bewährten Herstellers ANDRITZ Hydro. Die horizontale Turbine nutzt eine Ausbauwassermenge von 130 l/s. An Nettofallhöhe stehen 218,5 m zur Verfügung, wodurch sich eine maximale Leistung von 246 kW erzielen lässt. Das aus Edelstahl gefertigte Laufrad der Turbine wird durch 3 elektromechanische Düsen exakt angesteuert und erreicht eine Drehzahl von 1.000 U/min. Durch ihre 3 Düsen kommt die Turbine auch mit stark verringertem Wasserdargebot bestens zurecht und hält die Stromproduktion sogar in Trockenperioden konstant aufrecht. Als Stromwandler dient ein horizontal gekoppelter Synchron-Generator der Marke Hitzinger. Der Generator verfügt über eine Nennscheinleistung von 310 kVA und eine Anschlussspannung von 400 V.

Schallschutz sorgt für leise Energieproduktion
Die komplette Elektrotechnik der Anlage wurde von der Grazer Niederlassung der Siemens AG Österreich geliefert und fachgerecht montiert. Zusätzlich programmierte Siemens die Steuerung inklusive anwenderfreundlicher Visualisierung. Zur Energieableitung vom Krafthaus zu einer nahe gelegenen Trafostation wurde eine erdverlegte Stromleitung inklusive Bachquerung hergestellt. Die Druckrohrleitung des Kraftwerks ist durch den Neubau zusätzlich in die Löschwasserversorgung des Ortes eingebunden. Dazu wurden vier Hydranten an die DRL angeschlossen und im Ortsgebiet versetzt.
Anfängliche Bedenken der Anrainer wegen Lärmbelästigung durch den Anlagenbetrieb wurden in der baulichen Ausführung des Kraftwerks entsprechend Rechnung getragen. Das Krafthaus errichtete man in massivem Stahlbeton mit 30 cm starken Wänden und Decken. Außerdem verfügt das Gebäude abgesehen von den beiden hintereinander angebrachten Schallschutztüren über keine zusätzlichen Öffnungen in der Außenwand. Zusätzlich wurden im Unterwasserauslauf jeweils eine Stau- und Tauchwand aus Holz eingebaut um eine Schallausbreitung zu erschweren. Dass sich die Schallschutzmaßnahmen bezahlt gemacht haben, ist dem Vernehmen nach bestens gelungen, die Anrainer stufen das gewohnte Rauschen des Baches lauter ein als das neue Kleinkraftwerk im Vollbetrieb.

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