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Stift Admont baut Kraftwerke 9 und 109 min read

10. Jänner 2014, Lesedauer: 6 min

Stift Admont baut Kraftwerke 9 und 109 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Viel Geduld und Beharrlichkeit waren erforderlich, um die Kraftwerke Nummer neun und zehn des traditionsreichen steirischen Energieversorgers ENVESTA Wirklichkeit werden zu lassen.

Drei Jahre intensive Planungsarbeit und Abstimmung mit den Behörden waren vorangegangen, ehe man an die Projektumsetzung gehen die Bemühungen im Vorfeld machten sich bezahlt. Am Ende wurden zwei Hochdruckkraftwerke realisiert, die nicht nur den strengsten Kriterien von Ökologie und Naturschutz gerecht werden, sondern darüber hinaus mit einem Gesamtarbeitsvermögen von rund 4 GWh einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des  Eigenversorgungsanteils im Netz des obersteirischen
Energieversorgers leisten. Seit November letzten Jahres sind die beiden Kraftwerke Königsbach und Mödringbach, die gemeinsam in einem Maschinenhaus untergebracht sind, im Regelbetrieb.

Wie selten doch die Anlässe in unserer schnelllebigen Zeit wahrgenommen werden, innezuhalten und zurückzuschauen. Für das Benediktinerstift Admont war einer dieser besonderen Momente vor zwei Jahren gekommen: 2011, das Jahr, in dem das Stift sein 100-jähriges Jubiläum der Stromerzeugung beging – und man zelebrierte den Moment. Mehr als einmal wurde der Blick zurück zu den Anfängen
gerichtet, als das Stift 1911 vorausschauend das erste Wasserkraftwerk errichtete. „Damals war die gesamte Elektrifizierung im ländlichen Raum noch in den Kinderschuhen, und der Bau des ersten Wasserkraftwerks kann in vielerlei Hinsicht als Pionierleistung gelten. Der erzeugte Strom diente ausschließlich der Eigenversorgung“, erzählt der Geschäftsführer und Betriebsleiter der ENVESTA
Energie- und Dienstleistungs GmbH, Ing. Wolfgang Missethon. Noch heute hat das Kraftwerk Mühlau Bestand, es wurde zuletzt 2007 revitalisiert und liefert mit seiner zweidüsigen Peltonturbine im Regeljahr rund 3,8 Mio. kWh sauberen Strom ans Netz. Die Pionier-Anlage gilt damit auch als die Keimzelle für die weitere Entwicklung des Stiftes, das vom Stromproduzenten über die Jahrzehnte immer mehr zum Energieversorger für die Region wurde.

RESPEKTVOLLER UMGANG MIT DER NATUR
Mittlerweile versorgt die ENVESTA auf einem Konzessionsgebiet von 205 km2 über ein eigenes, 160 km langes Leitungsnetz die vier steirischen Gemeinden Admont, Hall, Weng und Johnsbach mit sauberem Strom. Rund 50 GWh erzeugt das Unternehmen heute in seinen 10 Wasserkraftwerken, fast ausschließlich Hochdruckanlagen, sowie in einem Biomasse-Heizkraftwerk, das circa 6 GWh beisteuert. Missethon: „Über Jahrhunderte nahm die Forstwirtschaft eine tragende Rolle in der Wirtschaft des Stiftes Admont ein. Der darin verankerte Gedanke der Nachhaltigkeit, die vernünftige Nutzung der eigenen Naturressourcen, prägt unser Planen und Handeln bis zum heutigen Tag. Für uns ist es daher nur konsequent, dass wir seit Jahrzehnten versuchen, vor allem unsere Wasserkraftpotenziale in umweltverträglicher Weise zu heben.“ Dieser Unternehmensphilosophie folgend und aufbauend auf die Erfahrungen vorangegangener Wasserkraftprojekte ging man im Jahr 2008 daran, ein  Kraftwerksprojekt im hinteren Triebental auf Schiene zu bringen. Die Verantwortlichen ahnten zu  diesem Zeitpunkt noch nicht, dass einige Hürden auf dem Weg zum Projekterfolg vor ihnen lagen.

„EINE SCHWIERIGE GEBURT“
Vor allen technischen und wirtschaftlichen Fragen ging es primär darum, die Behörden von der  Genehmigungsfähigkeit eines Projektes zu überzeugen, das zweifellos in einem wertvollen Naturareal des Stiftes geplant war. Es galt, gemeinsam mit dem beauftragten Planungsbüro PITTINO ZT GmbH aus Graz eine Strategie zu entwickeln, in deren Mittelpunkt die intensive Kooperation mit allen  zuständigen Behörden stand, um letztlich gemeinsam einen Stolperstein nach dem anderen aus dem Weg zu räumen. „Zugegeben, dieses Projekt barg Risiken. In der Projektierungsphase stand gerade  die Qualitäts-zielverordnung für Oberflächengewässer vor ihrer Umsetzung. Aber aus unserer langjährigen Erfahrung in Sachen Wasserkraft war uns bewusst, dass es dabei gewisse Spielregeln gibt, deren Einhaltung unerlässlich ist – vor allem dann, wenn es sich um einen Spezialfall des  Wasserrechtes handelt. Dazu gehören Kompromissbereitschaft, Handschlagqualität und die Bereitschaft, seine Hausaufgaben zu machen: Konkret bedeutet dies, Gutachten, Analysen, Messdaten  und dergleichen verfügbar zu haben und verfügbar zu machen. Unter diesen Voraussetzungen – und davon sind wir überzeugt – kann man auch mit großem Vertrauen mit unseren Behörden  zusammenarbeiten. Auch wenn es bei diesem Projekt alles andere als zügig voranging: Schon aus  taktischen Gründen konnten wir nur einen Zug nach dem anderen machen“, resümiert der erfahrene  Planer DI Pittino, der letztlich doch von einer „schwierigen Geburt“ sprach.

PRO-ARGUMENTE FÜR DIE GENEHMIGUNGSFÄHIGKEIT
Drei Jahre zogen sich die Behördenverfahren hin, geprägt von intensiven Gesprächen mit allen  Verantwortlichen und zahlreichen Vorschlägen für Projektvarianten. „Grundsätzlich war entscheidend, dass es uns am Ende gelungen ist, ein Paket zu schnüren, das alle Behördenstellen zufrieden stellte. Will man zwei Punkte herausgreifen, die wesentlich für die positive Beurteilung waren, so ist zum einen
die Zusammenlegung der beiden Kraftwerke in ein Maschinenhaus zu nennen. Die Umweltanwaltschaft goutierte dies, weil dadurch die Belastung für den Naturraum im hinteren Triebental minimiert wurde. Zum anderen ist zu erwähnen, dass die betroffenen Gewässer nicht ganz so natürlich geprägt waren, wie dies ursprünglich angenommen war. Man meinte, dass ein ‚sehr guter Zustand‘ gegeben war. Aber bei genauerer Untersuchung stellte sich heraus, dass der ursprüngliche Verlauf des Baches in den  1950er Jahren schon verändert wurde und mit einer Steinschlichtung verbaut worden war. Man muss einräumen, dass dies nicht einfach zu erkennen war, da die Steine längst dicht überwachsen waren.  Aber es bedeutete, dass das Gewässer nur mit ‚guter Zustand‘ zu beurteilen war. Ein Punkt, der letztlich  ebenfalls für die Genehmigungsfähigkeit des Projektes sprach“, führt Pittino weiter aus.

BAUFIRMA ZEIGT VOLLEN EINSATZ
Das Gesamtkonzept für die beiden Hochdruckkraftwerke sah letztlich so aus, dass diese über je zwei Wasserfassungen verfügen – eine Hauptfassung und eine Nebenfassung, jeweils ausgeführt als klassische Tiroler Wehre mit Vorbecken und Sandfang. Als Druckrohrleitung kam in beiden Fällen das
Rohrmaterial duktiler Guss (Duktus) zum Einsatz. Im Fall des KW Königsbach beträgt die gesamte Leitungslänge 2.125 Meter bei einer lichten Weite von DN500. Die Druckrohrleitung des KW  Mödringbach erstreckt sich über 1.933 Meter bei einer lichten Weite von DN600. Beide Rohrleitungen münden schließlich in das gemeinschaftlich genutzte Krafthaus, das auf rund 1.182 Meter Seehöhe realisiert werden sollte. Die Umsetzung des Bauvorhabens wurde an die Firma Rumpf Bau aus Murau vergeben, die sich in der Folge nicht nur durch die hochwertige Ausführung und ihre Termintreue verdient machte. „Das Engagement der Firma Rumpf Bau war wirklich vorbildlich. Gerade, als im Juni  letzten Jahres das verheerende Hochwasser kam, zeigte sich auch der Charakter der Mannschaft. Durch  die Muren wurden zwei unserer anderen Kraftwerke in direkter Nachbarschaft zur Baustelle,  nämlich KW Triebentalbach und KW Sunkbach, in Mitleidenschaft gezogen. Die Baufirma hat daraufhin  im Eilzugstempo mit der Sanierung begonnen, hat sämtliche Rohrleitungen wieder hergestellt,  Steinschlichtungen und Befestigungsmauern errichtet – und das alles innerhalb von zwei Monaten. Das  war eine Höchstleistung, die für uns wirtschaftlich sehr wichtig war. Und darüber hinaus ist es dem Team von Rumpf Bau auch noch gelungen, den Terminplan für den Bau der beiden neuen Kraftwerke  einzuhalten“, ist Wolfgang Missethon voll des Lobes. Die Arbeiten neigten sich im Herbst ihrem Ende  zu, Anfang November konnten die beiden Maschinensätze planmäßig den Betrieb aufnehmen.

TURBINENBETRIEB BIS SIEBEN PROZENT BEAUFSCHLAGUNG
Es handelt sich dabei um eine 3- und eine 4-düsige Peltonturbinen von Andritz Hydro, die je einen direkt gekoppelt Synchrongenerator (Hitzinger) antreiben. Der Betreiber schwört seit vielen Jahren auf  die bewährte Qualität der Andritz-Turbinen, auf deren hohe Verfügbarkeit, die Laufruhe und die sehr  guten Wirkungsgrade. „In diesem Fall war uns besonders wichtig, dass die Maschinen auch in den recht  ausgeprägten Niederwasserphasen bei geringer Beaufschlagung noch am Netz bleiben. Wir  haben ausgetestet, dass wir die Maschinen bis etwa sieben Prozent Beaufchlagung betreiben können. Das ist ein Top-Wert“, freut sich der Geschäftsführer der ENVESTA. Obwohl es sich im Grunde um zwei  separate Kraftwerke mit recht unterschiedlichen hydrologischen Bedingungen handelt, unterscheiden sich die Leistungswerte der Maschinensätze nicht allzu sehr: Während die Königsbach-Maschine bei  einer Nettofallhöhe von rund 224 Meter und einem Schluckvermögen von 280 l/s auf eine  Ausbauleistung von 530 kW kommt, bringt es die Mödringbach-Maschine bei 137 Meter Nettofallhöhe  und einer Ausbauwassermenge von 520 l/s auf rund 600 kW Ausbauleistung. Der größere der beiden  Maschinensätze erreicht ein um knapp 30 Prozent höheres Regelarbeitsvermögen.

RECHNERISCH ENERGIEAUTARK
In Summe erzeugen beide Anlage im gemeinsamen Krafthaus rund 4,2 GWh im Regeljahr. Mit diesen Produktionsdaten überschreitet die ENVESTA somit erstmalig die 50 GWh-Grenze – nur mit dem Strom  aus den eigenen Ökostromanlagen. Missethon: „Rein rechnerisch haben wir damit die Abdeckung unseres Strombedarfs aus Eigenerzeugung bereits überschritten, wenngleich wir in den wasserarmen  Wintermonaten nach wie vor rund 2 bis 3 GWh zukaufen müssen.“ Für den Geschäftsführer der  ENVESTA ist damit auch so etwas wie die „Idealgröße“ in der Unternehmensentwicklung erreicht: „Ich denke, dass wir nun eine Größe erreicht haben, bei der wir mit unserem 12-köpfigen Team ganz gut  sämtliche Aufgaben, angefangen von e-technischen Diensten, über die Wartung der Kraftwerke und  Netze bis hin zum Handel, abdecken können.“ Dies bedeutet jedoch nicht, dass man im Stift Admont von einer weiteren Nutzung der eigenen Naturressourcen in Zukunft ablassen will. Konkrete Projekte in  Verbindung mit Biomasse und Solarenergie sind bereits auf Schiene, und auch an den Plänen für ein  weiteres Wasserkraftwerk – gemeinsam mit zwei großen Partnern – wird aktuell gearbeitet.

WUNSCH  NACH KONSTRUKTIVEM MITEINANDER
Nichtsdestotrotz hat das zähe Genehmigungsprozedere für die jüngsten beiden Kraftwerke Spuren am  usbauwillen des Energieversorgers hinterlassen. „Es ist heute sehr schwierig geworden, ein  Wasserkraftwerk zu errichten. Auf der einen Seite lässt der extrem niedrige Marktpreis kaum eine sinnvolle wirtschaftliche Umsetzung zu. Und auf der anderen Seite werden die Genehmigungsverfahren zusehends länger und komplexer – und stellen für einen Investor in Anbetracht des monetären  Aufwands, der bereits im Vorfeld notwendig ist, ein veritables Risiko dar. Ich muss gestehen: In den  drei Jahren, die man für die Genehmigung für die Kraftwerke Königsbach/Mödringbach benötigte, habe  ich zwischendurch schon den Mut verloren“, erklärt Missethon und betont im selben Atemzug, dass man nach wie vor gerne bereit sei, Kraftwerke im Einklang mit der Natur zu verwirklichen. „Für uns ist es wichtig, dass Geld nicht auf die Finanzmärkte getragen wird, sondern im Sinne der regionalen Wertschöpfung in Projekte in unserer Region investiert wird. Ich würde mir daher wünschen, dass die
Dialoge mit allen Beteiligten, allen Verantwortlichen noch konstruktiver werden, dass es möglich ist, Kompromisse in Debatten auszuhandeln und dass jeder einzelne Akteur ohne vorgefasste Meinungen auf ein Projekt zugeht. Dann glaube ich, dass man auch in Zukunft noch unsere Wasserkraft  naturverträglich ausbauen kann.“

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