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Südafrikanischer Großfarmer setzt zum 3. Mal auf deutsches Wasserkraft Know-how5 min read

25. März 2024, Lesedauer: 4 min

Südafrikanischer Großfarmer setzt zum 3. Mal auf deutsches Wasserkraft Know-how5 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Einen treuen Stammkunden konnte der deutsche Branchenexperte Ossberger mit dem südafrikanischen Großfarmer Michael Vermaak gewinnen. Seit 2008 sind auf der weitläufigen Klipfontein-Farm in der Gemeinde Cookhouse drei Kleinwasserkraftwerke entstanden, die alle von Ossberger mit elektromechanischen Komplettpaketen ausgestattet wurden. Auch für die jüngste Anlage, die im September 2023 erstmals in Betrieb gegangen ist, hatte Ossberger erneut ein leistungsstarkes Technikbündel geschnürt. Dieses beinhaltete neben der Durchström-Turbine mit 412 kW Engpassleistung auch das komplette elektro- und regelungstechnische Equipment. Darüber hinaus erhielt die älteste Anlage ein leittechnisches Update, wodurch nun alle drei Kraftwerke gleichermaßen im Insel- oder Netzparallelbetrieb laufen können und auch Schwarzstartfähigkeit besitzen.

Kraftwerk Cookhouse Titel 1 122 x 91 mm
Drei Kleinwasserkraftwerke versorgen auf der Klipfontein Farm im südafrikanischen Cookhouse die energieintensive Landwirtschaftsinfrastruktur und speisen zusätzlich ins öffentliche Stromnetz ein. Das elektromechanische und regelungstechnische Equipment sämtlicher Anlagen, deren Herzstücke zuverlässige Durchström-Turbinen bilden, stammt vom Kleinwasserkraftexperten Ossberger.
© Ossberger

Wer in Südafrika seinen Strombedarf durch ein eigenes Kraftwerk abdecken kann, der kann sich wahrhaft glücklich schätzen. Denn im südlichsten Land des afrikanischen Kontinents gehören bis zu zwölf Stunden dauernde Stromabschaltungen, bei denen ganze Landstriche und Städte durch sogenanntes „loadshedding“ (Lastabwürfe) vom Netz genommen werden, zum Alltag von rund 60 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Ohne diese Lastabwürfe würde es laut dem staatlichen Energieversorger ESKOM zum kompletten Zusammenbruch der Stromversorgung in Südafrika kommen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge liegt ein wesentlicher Grund für diese Misere im generell desolaten Zustand der Energieinfrastruktur, der durch jahrzehntelange Misswirtschaft und Korruption verursacht wurde.

Klipfontein Farm versorgt sich selbst
Dank seiner Eigeninitiative bereitet das landesweite Energieversorgungsproblem Michael Vermaak keine Sorgenfalten. Dieser hatte bereits im Jahr 2008 sein eigenes Kleinwasserkraftwerk auf seiner weitläufigen Liegenschaft, der Klipfontein Farm, in der Gemeinde Cookhouse in der Provinz Ostkap errichtet. Die Anlage nutzt das hydroenergetische Potential eines Bewässerungskanals, der vom Gewässer Fish River abzweigt, und eine ganze Reihe von landwirtschaftlichen Betrieben mit Wasser versorgt. Nachdem der Betreiber seine Landwirtschaft durch den Erwerb von weiteren Liegenschaften vergrößert hatte, stieg auch der Bedarf an zusätzlicher Energie. Aus diesem Grund wurde 2018 ein zweites Wasserkraftwerk errichtet, die darauffolgende dritte Anlage ging im September 2023 erstmals in Betrieb.

Kraftwerk Cookhouse Pumpstation 122 x 59 mm
Die von den Kleinwasserkraftanlagen mit Strom versorgte Pumpstation besteht aus einer ganzen Batterie von drehzahlvariablen Pumpen, die zum Befüllen eines Speichersees dienen.
© Ossberger

Zuverlässige Lösungen von Ossberger
Bei der Komplettausstattung seiner Wasserkraftwerke – Maschinensätze, Stahlwasserbau sowie Elektro- und Regelungstechnik – setzte der Betreiber von der ersten Anlage an auf das Know-how des deutschen Branchenspezialisten Ossberger, dessen Durchström-Turbinen seit über 100 Jahren weltweit im Einsatz sind. „Südafrika ist generell ein interessanter Markt für uns, wobei Betreiber von Anlagen an Bewässerungskanälen wie der Klipfontein Farm Ossberger-Turbinen nach unseren Erfahrungen besonders zu schätzen wissen. Das Grundkonzept der Durchström-Turbinen zielt nicht darauf ab, das letztmögliche Prozent vom potentiellen Wirkungsgrad auszuquetschen, sondern zuverlässig und unkompliziert Strom zu liefern. Das ist der Punkt, der unsere Lösungen in erster Linie auszeichnet, und den unsere Kunden letzten Endes auch als besonders wichtig erachten“, betont Christian Habermann, Technischer Leiter bei Ossberger. Bei den Kleinwasserkraftwerken in Cookhouse wird die Produktion sowohl zur Versorgung der energieintensiven Landwirtschaft als auch zum Einspeisen in das öffentliche Stromnetz genutzt. Ein gewichtiger Anteil des erzeugten Stroms dient der Versorgung einer aus mehreren drehzahlvariablen Pumpen bestehenden Pumpstation. Mit dieser Station wird primär während der Nachtstunden ein Speichersee befüllt, der auf einer Anhöhe ausgehoben wurde und zur Bewässerung der umliegenden Anbauflächen genutzt wird.

Kraftwerk Cookhouse Wasserfassung 122 x 70 mm
Am Einlaufbereich des Bewässerungskanals werden maximal 2.500 l/s Ausbauwassermenge für das neue Kraftwerk ausgeleitet und über eine Druckrohrleitung zum unterirdisch angelegten Maschinenraum geführt.
© Ossberger

Für alle Betriebsarten gerüstet
Nachdem die erste Anlage im Jahr 2008 noch für den reinen Inselbetrieb konzipiert worden war, beherrschen mittlerweile alle drei Kraftwerke den Insel- und Netzparallelbetrieb und sind darüber hinaus auch noch schwarzstartfähig. Beim neuesten Wasserkraftwerk in Klipfontein bestand der Ossberger-Lieferumfang im Wesentlichen aus der Durchström-Turbine inklusive Getriebe und Synchron-Generator, der Schwungscheibe, der Absperrklappe sowie dem kompletten elek­tro- und leittechnischen Equipment. Konzipiert wurde die horizontal angeströmte Turbine für eine Ausbauwassermenge von 2,5 m³/s und ca. 20 m Nettofallhöhe, womit die Maschine unter Volllast 412 kW Engpassleistung erzielt. Ihr Triebwasser erhält die Turbine durch eine unterirdisch verlegte Druckrohrleitung, die an einen neu gebauten Einlauf am Bewässerungskanal anschließt. Eine separate Rechenreinigungsmaschine wurde am Einlaufbereich nicht installiert, eine solche könnte Christian Habermann zufolge bei Bedarf ohne großen Aufwand nachträglich eingebaut werden. Nach der Turbinierung wird das Triebwasser wieder dem Ausleitungskanal zugeführt, der nach einem kurzen Stück in den Fish River mündet. Die Bauphase der Anlage, bei welcher der Betreiber tatkräftig selbst Hand anlegte bzw. lokale Firmen beschäftigt waren, nahm bis zur Fertigstellung der Anlage im Herbst 2023 etwa ein Jahr in Anspruch. Auch die Montage des elektromechanischen Equipments und die Verkabelungsarbeiten in dem komplett unterirdisch angelegten Maschinengebäude erledigten lokale Kräfte. Die Inbetriebnahme des Kraftwerks erfolgte im September schließlich unter der Anleitung eines Ossberger-Technikers.

Kraftwerk Cookhouse
Visualisierung der Anlagensteuerung an einem Touchpanel im Krafthaus.
© Ossberger

Aller guten Dinge sind Drei
Dem Stand der Technik entsprechend funktio­niert der Anlagenbetrieb vollautomatisch. Ein Zugriff auf die Steuerung kann entweder in den Maschinengebäuden an den dort installierten Touchpanels oder via Online-Zugang vom Smartphone oder PC aus erfolgen. Dass Ossberger nicht nur den Turbinenbau vortrefflich beherrscht, stellten die deutschen Wasserkraftallrounder bei der Regel­ungstechnik des Anlagenverbunds unter Beweis. „Bei der Realisierung des neusten Auftrags hat auch die Elektrotechnik des ältesten Kraftwerks eine Modernisierung erhalten. Nun können alle drei Anlagen je nach den aktuellen Anforderungen individuell oder im Verbund produzieren und komplett automatisiert untereinander synchronisieren“, so der Ossberger Gebietsverkaufsleiter Markus Sauerbeck. „Das Projekt hat pro­blemlos funktioniert, die Koordination und Kommunikation waren tadellos. Es war sicher von Vorteil, dass man sich schon von den früheren Projekten gekannt hat und wir quasi ein eingespieltes Team bildeten. Wir sind auf alle Fälle gut aufgestellt für weitere Projekte im Bereich von landwirtschaftlichen oder kommunalen Bewässerungssystemen. Das Projekt in Cookhouse ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein bestehender Bewässerungskanal mittlerweile dreimal zur Erzeugung von sauberem Strom genutzt werden kann“, resümiert Christian Habermann.

Erschienen in zek HYDRO Ausgabe 6/2023

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