Traun-Kraftwerk Danzermühl nimmt planmäßig den Betrieb auf11 min read
Lesedauer: 7 MinutenSeit Mitte Mai drehen sich die beiden Kaplan-Turbinen des völlig neu gebauten Kraftwerks Danzermühl an der Traun.
Die Maschinenmontage durch das Team der Firma Kössler ist erfolgreich über die Bühne gegangen, aktuell laufen die Nass-Inbetriebsetzungstests. Ende Juni soll das Kraftwerk vom Probe- in den Regelbetrieb wechseln. In rund zweieinhalb Jahren wurde das Bauprojekt, das gerade zu Beginn erhebliche bauliche Herausforderungen zu bestehen hatte, termingerecht fertiggestellt. Mit den zwei modernen Kaplan-Turbinen aus dem Hause Kössler erzeugt das neue Kraftwerk in Laakirchen von nun an rund 43 GWh im Regeljahr, um 125 Prozent mehr als der Altbestand. Der erzeugte Strom wird zu 100 Prozent in der benachbarten Laakirchen Papier AG verbraucht, die ebenso wie das Kraftwerk Teil der Heinzel Group ist.
Der Bau des Wasserkraftwerks Danzermühl in Laakirchen datiert auf das Jahr 1880. Ein Kraftwerk mit großer Geschichte also, das über die Jahrzehnte seines Bestehens regelmäßig modernisiert, erweitert und angepasst wurde. Zuletzt waren vier Francis-Turbinen installiert, die im Regeljahr noch rund 16,5 GWh Strom lieferten. Die Anlage stand bereits seit vielen Jahren im Dienst der Laakirchen Papier AG, die damit einen Teil ihres eigenen Strombedarfs decken konnte. Diese gab im Jahr 2011 im Zuge der vorgeschriebenen Errichtung einer Fischaufstiegshilfe beim renommierten Planungsbüro BHM INGENIEURE die Erstellung eines Sanierungskonzeptes in Auftrag, bei der verschiedene Varianten geprüft wurden. Am Ende der Auswertungen stand allerdings kein Sanierungskonzept, sondern ein Konzept für einen Ersatzneubau. Dazu sagt Christoph Heinzel, Geschäftsführer der Kraftwerk Laakirchen GmbH: „Keine der vorgeschlagenen Sanierungsvarianten versprach eine nachhaltige Lösung. Daher haben wir uns für den Ersatzneubau entschieden.“ Christian Hufnagel, Projektleiter derKraftwerk Laakirchen GmbH, fügt ergänzend hinzu: „Eine Sanierung des alten Kraftwerks wäre wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen. Zudem wäre die als Streichwehr ausgeführte bogenförmige Staumauer mit Holzaufsatz bei zukünftigen Wasserrechtsverhandlungen definitiv nicht mehr genehmigt worden.“
Gewässerökologisch optimertes Modell für Unterwassereintiefung
Mit dem Ersatzneubau für das Kraftwerk Danzermühl sollte es gelingen, gleich mehrere Vorteile unter einen Hut zu bringen. Nicht nur dass eine massive Steigerung des Stromertrags in Aussicht stand, darüber hinaus sollte der Lebensraum von Fischen und Gewässerorganismen im Staubereich der Traun durch die Zusammenlegung der zwei bestehenden Staustufen verbessert werden. Neben der ökologischen Aufwertung kommt auch noch eine markante Verbesserung des Hochwasserschutzes hinzu. „Durch die Auflassung des rund 700 m flussabwärts gelegenen Kohlwehrs wurde letztlich ein bislang für die Gewässerlebewesen unpassierbares Hindernis aus dem Flusslauf entfernt und die freie Fließstrecke der Traun verlängert. Die Sohlschwelle ist abgebrochen und eine Unterwassereintiefung bis zum Kraftwerk durchgezogen worden“, erklärt der leitende Planer von BHM INGE- NIEURE DI Gerhard Schönhart, der ergänzend anmerkt: „Es wurde zu diesem Zweck sogar ein gewässerökologisch optimiertes Geländemodell für die Unterwassereintiefung erstellt. Die gesamte ökologische Gestaltung wurde vom bekannten Gewässerökologen Dr. Gerald Zauner begleitet. Es wurden Bereiche mit Raubäumen, Totholzzonen und spezielle Flachwasserzonen geschaffen. Außerdem war es uns ein Anliegen, dass wir fast das gesamte bei der Unterwassereintiefung entnommene Material im Flussbett belassen.“ An der neuen Wehranlage wurde eine Fischaufstiegshilfe in Form eines Vertical-Slot-Passes errichtet, zudem wurde ein Fischabstieg an der Anlage integriert.
Verbesserter Hochwasserschutz
Auch in Hinblick auf den Hochwasserschutz konnten erhebliche Verbesserungen umgesetzt werden. Bedingt durch den Wegfall der alten Streichwehranlage und die Absenkung der Wehrschwelle wird die Wasserabfuhr im Hochwasserfall erleichtert. Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die neue, vollautomatisch geregelte Wehranlage. „Heute lassen sich gerade kleinere Hochwässer sehr gut steuern. Das Kraftwerk kann ein HQ100 problemlos mit einer geringen Erhöhung des Wasserspiegels gegenüber dem Stauziel abführen. Natürlich trägt zur verbesserten Hochwassersitua- tion auch die erfolgte Eintiefung im Unterwasserbereich auf Höhe des Werksgeländes bei“, erklärt Gerhard Schönhart. Die Wehranlage besteht aus zwei Wehrfel- dern mit Klappenverschlüssen sowie einem Grundablassfeld, das mit einem Segmentverschluss mit Aufsatzklappe ausgerüstet ist. Vor dem Triebwassereinlauf wurde ein horizon- taler Feinrechen mit der beachtlichen Rechenfläche von insgesamt 240 m² installiert. Der gesamte Stahlwasserbau wurde von der Braun Maschinenfabrik realisiert, die ihren Standort nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt hat. Die massiven, 16 m breiten und 4,30 m hohen Wehrklappen bestehen aus einem Klappenkörper mit stählerner Stauwand, dem aufgeschweißten Hohlkörper, den Versteifungsblechen und -trägern sowie den dazugehörigen Lagerungen und Dichtungen. Um die seitlichen Dichtflächen bei tiefen Temperaturen vor Vereisung zu schützen, wurden die Seitenschilder mit selbstregulierenden Heizstäben ausgestattet. Bewegt werden die Wehrklappen einzeln mit einem seitlich am Bauwerk montierten, hydraulischen Hubzylinder. Zur Entfernung von Geschwemmsel am horizontalen Schutzrechen kommt eine Rechenreinigungsmaschine mit Hydraulikantrieb zum Einsatz. Deren Steuerung erfolgt wahlweise vollautomatisch, per Funkbetrieb oder manuellem Betrieb. Komplettiert wird die RRM durch einen hydraulischen Kranarm inklusive Polypengreifer, mit dem im Handbetrieb sperriges Treibgut vom Einlaufbereich entfernt werden kann.
Zügige Projektumsetzung
Grundsätzlich kann man beim Ersatzneubau Danzermühl von einem äußerst zügig umgesetzten Kraftwerksprojekt sprechen, zumal es sich um ein Bauvorhaben mit UVP-Pflicht handelte. Sowohl die Umweltverträglichkeitsprüfung als auch die Behördenverfahren wurden in vergleichsweise kurzer Zeit erfolgreich abgeschlossen. Nachdem das Projekt gegen Ende 2015 eingereicht worden war, lagen bereits nach etwas mehr als einem Jahr die erforderlichen Bewilligungen vor. Im Frühjahr 2017 konnte mit dem Bau begonnen werden. Dass die bauliche Umsetzung durchaus Tücken mit sich bringen könnte, trat in der Projektphase 1, in der die Errichtung der neuen Wehranlage im Mittelpunkt stand, offen zutage. „Der Spezialtiefbau und die Baugrubenumschließung waren – neben der Tatsache, dass sich der Projektstandort an einem sehr engen Abschnitt des Flusses befindet – die zweifellos größten Herausforderungen im Zuge des Kraftwerksbaus. Besonders der starke Wasserandrang aufgrund der ungünstigen Eigenschaften des Untergrunds beschäftigten uns über längere Phasen, vor allem in den Frühjahren 2017 und 2018“, erzählt Gerhard Schönhart und verweist dabei auch auf ein kleineres Hochwasser, das sogar einen Hilfsdamm zerstört und das Baufeld überflutet hatte. Gröbere Schäden gab es zum Glück nicht – und auch der Terminplan hielt allen Widerständen zum Trotz. Dies lag auch an der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten. Neben Projektleiter Hufnagl und Planer Schönhart war auch ARGE-Gesamtbauleiter DI Mario Ecker für die Einhaltung der Bauzeit verantwortlich.
Meilensteine im Bauverlauf
Das intensive erste Baujahr 2017 fand mit den letzten Betonarbeiten an der Wehranlage im Dezember selbigen Jahres seinen Abschluss. Nachdem noch einige Flussbauarbeiten direkt unterhalb der Wehranlage erledigt, der Abbruch des letzten Rests der alten Wehranlage und oberwasserseitig die Schüttung des Fangedamms durchgeführt worden waren, konnte am 23. Jänner letzten Jahres die Traun über die neue Wehranlage umgeleitet werden. Im Schutz des Fangedamms wurden in weiterer Folge die Fischaufstiegshilfe und das Einlaufbauwerk errichtet. Nun stand auch dem Baugrubenaushub für das Krafthaus und den Grundablass nichts mehr im Weg. Bis zum Herbst war das Bauwerk soweit gediehen, dass mit der Vormontage der Turbinen begonnen werden konnte. Mit Abschluss von Bauphase 2 trat das Projekt in seine finale Phase ein, die vor allem von der Maschinenmontage und den Inbetriebsetzungsarbeiten geprägt war.
Know-how eines erfahrenen Spezialisten
Mit der Lieferung und Montage des Maschinensatzes wurde der niederösterreichische Wasserkraftspezialist Kössler beauftragt, der sowohl international als auch innerhalb Österreichs einen hervorragenden Ruf in der Branche genießt. Der gesamte Lieferumfang umfasste neben den beiden Kaplan-Rohrturbinen inklusive der beiden Generatoren auch die zugehörigen Regler, die Hydraulik sowie den digitalen Turbinenregler. Auch die Ölversorgung für die Turbinenlager und die Kühleinheit für das Lageröl und die Generator-Wicklungskühlung war im Paket des niederösterreichischen Wasserkraft-Allrounders eingeschlossen. „Diese Einheiten sind teilweise im Turbinengehäuse eingebaut, um die Leitungswege kurz zu halten. Die anfallende Wärme wird über einen Zwischenkreis an das Betriebswasser abgegeben“, führt Ing. Karl Wieder, Key Account Manager, bei Kössler aus. Auch bei der Entwässerungsanlage vertraute der Betreiber auf das Know-how der Firma Kössler. Bei Anlagen dieser Größenordnung umfasst diese neben dem Abtransport von Schwitz- und Leckwasser auch das Rohrsystem und die Pumpen zum Entleeren des Triebwasserwegs für den Revisionsfall. Hinzu kamen noch die druckdichten Einbringdeckel für die Generatoren und Einstiege in den Triebwasserweg auf der Einlaufseite und in das Saugrohr. „Bei diesem komplexen Projekt lagen natürlich auch die gesamte Qualitätsüberwachung, die Prüfungen an den Werkstücken, den Baugruppen sowie die normgemäßen Nachweise in unserer Hand“, ergänzt Karl Wieder.
Effizient über weites Betriebsspektrum
Konkret kommen zwei Kaplan-Rohrturbinen zum Einsatz, die für derartige Rahmenbedingungen geradezu prädestiniert sind. Wieder sagt: „Diese Bauart mit axialer Durchströmung bietet gleich mehrere Vorteile: Durch die fast geradlinige Anströmung halten sich die Verluste auf einem Minimum. Der Gesamtwirkungsgrad ist über einen sehr weiten Betriebsbereich, also auch bei Teillast, sehr hoch. Bedingt durch die Anordnung von Turbine und Generator auf einer Welle mit nur zwei Lagerstellen kann die Maschine ausgesprochen kompakt gebaut werden. Das bedeutet in weiterer Folge, dass auch das umschließende Bauwerk weniger Platz benötigt. Der Großteil der in Betrieb anfallenden Generatorwärme wird direkt über die umströmte Gehäuseoberfläche ins Betriebswasser abgegeben.“
Es sollte sich auch als richtige Entscheidung herausstellen, dass die Spezialisten der Firma Kössler schon sehr früh in die Planung mit eingebunden waren. Speziell das Konzept mit einem Zugang in die Anströmkuppel durch die Hohlrippe erwies sich nicht nur als praktikable, sondern auch als sehr wirtschaftliche Lösung, schließlich bedeutete dies Einsparungen in den Baukosten. Grundsätzlich legten die Betreiber großes Augenmerk auf eine gute Zugänglichkeit zu den Anlagenteilen für Kontroll- und Inspektionszwecke.
Überzeugend durch Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist bei den Maschinen der Firma Kössler mehr als nur ein Wort. Im Gegenteil, sämtliche beweglichen Bauteile werden auf lange Lebensdauer dimensioniert und gefertigt. Im Fall des neuen Kraftwerks Danzermühl wurde besonderes Augenmerk auf die Wellenlagerung gelegt. „Wir verfügen über den Vorteil, dass wir auf das große Know-how unseres Mutterkonzerns Voith im Large Hydro Bereich zurückgreifen können. Analog zu Großanlagen haben wir daher eine etwas teurere Variante mit einem Lagersystem mit getrennten Ölkreisen und Reglersystem gewählt. Es gehört da auch eine Redundanz bei den Umwälzpumpen dazu“, erklärt Karl Wieder. Das Thema Nachhaltigkeit spielte allerdings auch in den Überlegungen des Betreibers eine zentrale Rolle. So wurden Laufräder in ölfreier Ausführung bestellt. Das heißt: Es gibt kein Schmiermittel, das bei einem Störfall ins Wasser austreten könnte. Laufrad, Laufring und Leitschaufeln sind rostfrei ausgeführt, was natürlich erhöhte Langlebigkeit bedeutet. Auch das Konzept der Wellendichtung war vom Gedanken der Nachhaltigkeit geprägt: Auf Wunsch des Betreibers wurde eine Sperrwasserversorgung installiert, um das Betriebswasser von der Dichtung fernzuhalten – im Übrigen ein von der Firma Kössler mehrfach eingesetztes und bewährtes System. Hinzu kommt, dass auf der Welle eine beschichtete, austauschbare Schonhülse angebracht wurde, die einen langen und störungsfreien Betrieb sicherstellen wird. Darüber hinaus gibt es Vorkehrungen, um rechtzeitig den Beginn von Verschleißspuren erkennbar zu machen.
Montage im Zeitplan
Aufgrund der Größe und der Tonnagen der Einzelteile wurden viele Komponenten erst auf der Baustelle zum ersten Mal zusammengebaut. Karl Wieder: „Dabei ist profunde Fertigungskontrolle natürlich das A und O, damit es zu keinen Fehlern im Ablauf kommt. Durch das gute Zusammenspiel mit den Bauarbeiten konnte die Montage im Zeitplan abgewickelt werden.“
Konkret sind die beiden baugleichen Turbinen mit ihrem 4-flügeligen Laufrad auf eine Brutto-Fallhöhe von 9,34 m und eine Ausbauwassermenge von je 60 m3/s ausgelegt. Dabei erreichen sie jeweils eine Nennleistung von 5.017 kW – eine Verdreifachung gegenüber der elektromaschinellen Ausrüstung des Altbestands. Bei den neuen Maschinen kann man durchaus von Langsamläufern sprechen, mit einer Drehzahl von 187,50 treiben sie den auf der Turbinenwelle direkt gekoppelten Generator-Rotor mit den 16 Polpaaren an. Die Generatoren liefern eine Nennleistung von 5.768 kVA bei einer Nennspannung von 10.000 V.
Maschinen erfüllen Erwartungen
Mitte April war es schließlich soweit: Der Staubereich wurde geflutet und auf das vorgeschriebene Pegelniveau gebracht. Damit konnten in weiterer Folge die Maschinen erstmalig mit dem Wasser der Traun angedreht werden, der Nass-Inbetriebsetzung stand nichts mehr im Weg. Ein Monat später, Mitte Mai, konnte auch der zweite Maschinensatz in Betrieb genommen werden. „Der Probebetrieb soll Ende Juni abgeschlossen sein. Derzeit läuft alles nach Plan: Beide Maschinen sind termingerecht in Betrieb gegangen und die ersten Tests zeigen, dass sie sehr gut, sehr ruhig laufen und die gewünschten Ergebnisse liefern“, so Gerhard Schönhart von BHM INGENIEURE. Er zieht ein sehr positives Resümee unter das Projekt: „Aufgrund der kurzen Entscheidungswege und der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten ist es gelungen, das Projekt trotz aller Schwierigkeiten im Terminplan zu halten und zeitgerecht in Betrieb zu gehen. Alle Beteiligten haben ihren Teil dazu beigetragen – es war echtes Teamwork.“
Papierfabrik nutzt eigene Ressourcen
Rund 38,5 Mio. Euro hat die Betreibergesellschaft heinzelenergy, ein Tochterunternehmen der Heinzel Group, in den Ersatzneubau des Kraftwerks Danzermühl investiert. Letztlich konnten sämtliche avisierten Ziele – von der ökologischen Verbesserung, über den verbesserten Hochwasserschutz bis zur Steigerung des Stromertrags erreicht werden. „Ökologische Papierherstellung ist bei Laakirchen Papier in der Unternehmensphilosophie fest verankert. Durch die Steigerung der eigenen Energieerzeugung innerhalb der Heinzel Group können wir nun den Anteil an Fremdstrom aus dem öffentlichen Netz beachtlich reduzieren und damit einen positiven Beitrag zur Erreichung der österreichischen Klimaziele leisten“, betont Thomas Welt, CEO der Laakirchen Papier AG. Unter dem Strich steht heute eine massive Ertragssteigerung, und zwar um 125 Prozent auf rund 43 GWh im Regeljahr. Damit kann die Papierfabrik rund 10 Prozent ihres Eigenbedarfs abdecken.
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