Projekte

Ungleiches Turbinen Duo7 min read

9. Juni 2014, Lesedauer: 5 min

Ungleiches Turbinen Duo7 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Am 18.November 2013 wurde das Ausleitungskraftwerk Weitfeld der Weitfeld Kons. GmbH im Südtiroler Ahrntal offiziell in Betrieb genommen. Das geologisch schwierige und sehr steile Gelände auf bis…

…zu 1.828 m.ü.d.M stellte die Projektverantwortlichen und die am Bau beteiligten Firmen, vor schwierige Herausforderungen.

Der enge Zeitplan von nur sieben Monaten Bauzeit erlaubte keine Verzögerungen. Im Gegenteil, in diesen Höhen ist es ein Wettlauf mit der Zeit und dem unberechenbaren Wetter der Südtiroler Alpen. Schon im Vorfeld wurde dieser Zeitplan von Experten der Branche kritisch beäugt, umso erfreulicher die pünktliche Fertigstellung vor Einbruch des Winters. Besonderes Augenmerk liegt auch auf dem ungleichen Turbinenpaar, welches sich aufgrund der starken jahreszeitlich bedingten Spreizung im Triebwasserdargebot ergab.

Das Südtiroler Ahrntal, ein Seitental des Pustertals, beeindruckt mit seinen massiven Gebirgszügen und unzähligen Seitentälern.  Das Tal wird von über 80 Dreitausendern umgeben und verfügt über 50 bewirtschaftete Almen (viele davon auch im Winter). Südlich grenzt das Ahrntal mit dem Pustertal an die berühmten Dolomiten. Die steile,  gebirgsreiche Gegend mit ihren zahlreichen Bächen macht sie deshalb auch für Wasserkraftprojekte interessant. Eines der jüngsten Projekte ist das Ausleitungskraftwerk Weitfeld am Schwarzbach oberhalb von Luttach auf Höhe der Weitfeld Alm. Den Auftrag für die Planung wurde von der Weitfeld Kons. GmbH an das renommierte Brunecker Ing. Büro „Studio G“ vergeben. Das Leistungspaket beinhaltete die Einreichplanung, Ausführungsplanung, Ausschreibung, Bauleitung und diverse Behördenver-fahren. Nach Beendigung der Planungs- und Genehmigungsphase fiel am 15.April 2013 der Startschuss zu den Bauarbeiten.


Schwierige Geologie und Gelände
Die Wasserfassung situierte man auf einer Höhe von 1.828 m.ü.d.M. Mittels 2,7 km langer Leitung aus duktilen Gussrohren wird das Wasser anschließend in das mit zwei Pelton-Turbinen ausgestattete Krafthaus auf 1.255 m.ü.d.M geleitet. Der Zeitplan war auch deshalb so kritisch, da sich die Wasserfassung in sehr steilem Gelände befindet. Um den Bau des Wehres in diesem Gelände erst möglich zu machen, musste eine Mauer aus großen Natursteinen mit einer Höhe von 50m hochgezogen werden, so der Vizepräsident der Weitfeld Kons. GmbH. Die größte Herausforderung vor Beginn der Arbeiten war das Finden der richtigen Rohrtrasse. Orografisch rechts befinden sich Lawinenstriche mit metertiefen Furchen bis zur Talsohlen. Links hingegen lagen hausgroße Steinblöcke von alten Bergstürzen. Im Frühjahr besteht zusätzlich eine latente Steinschlag Gefahr in diesem Abschnitt. Im Zuge mehrerer Begehungen mit der lokalen Forstbehörde wurde die beste Trassenführung ausgewählt. Die Sicherheit der Arbeiter, Zufahrtswege und Rohrleitungen musste gewährleistet sein. Deshalb errichtete man zwei Steinschlagschutzdämme und sicherte mehrere Abschnitte mit Steinschlagschutznetzen. Als Nebeneffekt entstand beim Rückbau ein sicherer und attraktiver Wanderweg. Die Einhaltung der geringen Bauzeit von 7 Monaten war ebenfalls eine schwierige Herausforderung. Großes Glück hatte man diesbezüglich mit dem Wetter. Nach einem regnerischen Frühling gab es so gut wie keinen Regentag mehr und so konnten die Arbeiten pünktlich vor dem Wintereinbruch abgeschlossen werden, so der Betreiber.

Wehr im Winter schwer zugänglich
Aufgrund des alpinen Wetters und des bereits angesprochenen steilen Geländes, ist die Wasserfassung im Winter schwer zu erreichen. Deren Exponiertheit musste also schon in der Planung mit einbezogen werden, um im Störfall langen Ausfallszeiten zu vermeiden. Selbst bei tiefsten Temperaturen muss das Wehr also einwandfrei arbeiten und Wasser zur Turbine leiten können. Man entschied sich deshalb für den bewährten Grizzly Rechen der Wild Metal GmbH aus Südtirol, der ein hohes Maß an Betriebssicherheit bietet. Die Breite des Wehrfeldes beträgt 4,5 m. Zusätzliche 1,5 m sind für die dynamische Restwassermengenabgabe vorgesehen.  Die maximale Ausbauwassermenge ist mit 420 l/s festgelegt. Im Winter wurde eine minimale Entnahmemenge von 5 l/s amtlich festgelegt.  Das Triebwasser wird über den Coanda-Rechen vom Typ Grizzly mit einer Spaltbreite von 0,6 mm, welcher unterhalb des Schutzrechens angebracht ist, geleitet. Bei starker Eisbildung wird das Wasser mittels eines Wintereinlasses abgeleitet.
Zusätzlich kann die Fassung durch Einblasen von Warmluft dahingehend temperiert werden, dass ein Zufrieren verhindert wird. Ein Rohrschütz, eine Innovation aus dem Hause Wild Metal, ermöglicht das dem Grizzly bergwärts vorgelagerte Becken zu spülen. Vorteil: Es sind dabei  keine zusätzlichen baulichen Maßnahmen notwendig und so kommt auch zu keiner landschaftsästhetische Beeinträchtigung. Die Vormontageelemente für das Schütz werden gemeinsam mit den Einlegeteilen für den Grizzly geliefert und eingebaut.
Zum Schutz vor Beschädigungen durch Steinschlag, schützt ein besonders stabiler Schutzrechen das Wehr. Der feststehende Anteil der Restwassermenge in der Höhe von 23 l/s wird über ein geeichtes Rohr abgeführt. Darüber hinaus wird eine variable Restwasserenge von 25 % über das Wehrfeld abgegeben. Mit Sedimenten ist grundsätzlich nicht zu rechnen, da sich über dem Wehr ein Hochplateau befindet, in dem sich das meiste Geschiebe bereits absetzt. Vom Hochplateau bis zum Rechen passiert das Wasser lediglich steiles, felsiges Gelände und nimmt kein zusätzliches Geschiebe auf. Aus Sicherheitsgründen entschied man sich dennoch für die Installation eines Entsanders.


Die Wahl fiel auf Duktile Gussrohre
Die Geologie und die steilen Hänge machten die Verlegung der Druckrohre zu einem schwierigen Unterfangen. Dem Gelände entsprechend boten sich hochwertige duktile Druckrohre aus Sphäroguss mit schub- und zugsicheren Verbindungen aus dem Hause Tiroler Rohre GmbH an. Die Leitungsdurchmesser wurden als optimaler Kompro-miss zwischen Wirtschaftlichkeit und Minimierung der Höhenverluste gewählt. In der ersten Hälfte der Strecke wählte man deshalb Rohre mit einem Nenndurchmesser von 600 mm. In der zweiten Hälfte reduzierte man auf DN 500 Rohre. Die insgesamt 2.700 m lange Druckleitung überwindet dabei eine Höhendifferenz von 575 m. Die Rohre wurden über die gesamte Strecke unterirdisch mit einer Überdeckung von mindestens 1,2 m verlegt.  Der Druckverlust ist auf ca. 3,2 % der Rohfallhöhe minimiert worden.

Halbunterirdisches Krafthaus
Beim Bau des Krafthauses legte man sehr viel Wert auf die Integration in die Almlandschaft. Es sollte baulich unauffällig und mit minimaler Lärmemission ausgeführt werden. Das von Architektin Elfriede Hofer entworfene  Krafthaus wurde deshalb halbunterirdisch geplant. Durch die Integration in den Hang schuf man eine natürlich Schalldämmung nach hinten und an den Seiten. Die sichtbaren Außenwände wurden mit einer Holzfassade verkleidet. Das Krafthaus wirkt aufgrund der Holzverkleidung  sowohl traditionell, aber zur selben Zeit auch, aufgrund der Linienführung der Dachkante und der Position und Form der Fenster, sehr modern. Der Rückgabekanal mündet wieder direkt in den Schwarzbach und ist durch die Verkleidung mit Natursteinen kaum mehr ersichtlich.

Turbinen Duo der etwas anderen Art
Im Krafthaus sorgen zwei Pelton Turbinen aus dem Hause Troyer AG für eine ganzjährige effiziente Stromproduktion. Die erste und größere Maschinengruppe besteht aus einer 2-düsigen-Pelton-Turbine mit einem maximalen Durchfluss von 400 l/s bei einer Fallhöhe von 556m. Die Nennleistung liegt bei 1965 kW mit einer Nenndrehzahl von 1000 U/min. Direkt gekoppelt ist ein Synchrongenerator aus dem Hause Hitzinger mit einer Leistung von 2360 kVA. Besonders auffallend ist die Dimensionierung der Winter-Turbine. Mit einem Durchfluss von lediglich 40 l/s ist die 1-düsige-Pelton-Turbine um den Faktor 10 kleiner dimensioniert als ihre größere Schwester. Sie soll auch bei geringen 5 l/s im Winter noch Energie aus dem Schwarzbach gewinnen. Die Nennleistung dieses Maschinensatzes liegt bei 195 kW mit einer Drehzahl von 1500 U/min. Ebenfalls direkt gekoppelt ist ein Hitzinger Synchrongenerator mit 240 kVA Leistung. Mit der maximalen Ausbauwassermenge von 420 l/s kommt das Kraftwerk somit auf eine Engpassleistung von ca. 2 MW. Derzeit rechnet man mit einer zu erwartenden Jahres-arbeit von 6 Mio. kWh.  

Erfolgreiches Projekt
Die Geologie und das steile Gelände stellte die Ingenieure und Firmen vor große Herausforderungen. „Die termingerechte Fertigstellung der Kraftwerksanlage mit den zugehörigen  Infrastrukturen und deren umweltfreundliche Einbindung  in die Landschaft wurden auch durch den hohen Einsatz und eine konsequente Koordination durch den Betreiber sowie durch die kompetente Baubegleitung und Unterstützung der zuständigen Behörden, allen voran durch das Amt für Wildbachverbauung und die lokale Forstbehörde von Steinhaus ermöglicht.“, resümierte die Bauleitung.

Teilen: