Wasserkraft im Prättigau: Umfassende Sanierung modernisiert das Kraftwerk Klosters

23. Dezember 2025, Lesedauer: 8 min

Im Sommer 2025 hat die Bündner Energieversorgerin Repower die Teilerneuerung des Traditionskraftwerks Klosters im Prättigau erfolgreich abgeschlossen. Ausgangspunkt des in mehreren Etappen durchgeführten Sanierungsprojekts war ein Wicklungsschluss am Generator der Maschinengruppe 2, der sich im Dezember 2022 ereignet hatte. Anstelle einer Notreparatur nahmen die Repower-Entscheidungsträger den Schaden zum Anlass, um auch die sekundärtechnischen Einrichtungen und Komponenten in der Kraftwerkszentrale zu erneuern. Innerhalb von rund drei Jahren wurde neben der Generalüberholung des Generators auch das elektro- und leittechnische Equipment der Anlage auf den aktuellen Stand der Technik gebracht.

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Das Maschinengebäude der Traditionsanlage im Prättigau.
© Repower

100 Jahre Kraftwerk Klosters als Teil einer leistungsstarken Kraftwerkskaskade

Das Kraftwerk Klosters, das 2023 sein 100-jähriges Jubiläum begangen hat, ist Teil einer leistungsstarken Kraftwerkskaskade im Prättigau im Kanton Graubünden. In dem mehrstufigen System, bei dem mehrere lokale Gewässer genutzt werden, dient der Davosersee auf 1.559 m ü.M. als Winterspeicher, hinzu kommen noch sechs Wasserfassungen und zwei Ausgleichsbecken. Das aus dem Davosersee entnommene Triebwasser kann zweimal zur Turbinierung genutzt werden: Zunächst im Kraftwerk Klosters und danach im Kraftwerk Küblis, das mit einer Totalleistung von 44 MW durchschnittlich 178 GWh­ Strom pro Jahr erzeugt. Aber auch die Erzeugungskapazität des Kraftwerks Klosters ist beträchtlich, dieses kommt mit seinen zwei Maschinengruppen, die unter Volllast jeweils 8,5 MW Totalleistung erreichen, alljährlich auf ca. 28 GWh Energieerzeugung. Zudem gehört auch noch das Kraftwerk Schlappin, das ein eigenes Einzugsgebiet nutzt, zur Prättigauer Kraftwerkskaskade. Diese Anlage kann im Regeljahr rund 27 GWh Ökostrom produzieren.

Kraftwerk Klosters
Ein Kurzschluss verursachte erhebliche Schäden am Generator.
© Repower

Generatorschaden im Kraftwerk Klosters als Auslöser für umfassende Modernisierung

Betrieben wird die Prättigauer Kraftwerkskaskade von der Repartner Produktions AG, an der die Repower AG, die größte Energieversorgerin im Kanton Graubünden, die Mehrheitsanteile hält. Der Anlagenpark von Repower, zu dem neben Wasserkraftwerken auch Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie ein thermisches Kraftwerk gehören, erstreckt sich weit über die Kantonsgrenzen hinweg, auch in Deutschland und Italien sind die Schweizer äußerst aktiv. Damit die Anlagen möglichst störungsfrei und effizient Energie produzieren können, sind regelmäßige Wartungen, hin und wieder aber auch umfangreichere Modernisierungen, von großer Wichtigkeit. Beim Kraftwerk Klosters war es ein Generatorschaden, der ein großangelegtes Erneuerungsprojekt in Gang gesetzt hat, erklärt Repower Projektleiter René Langer-Guler: „Anfang Dezember 2022 hat sich am Maschinensatz 2 ein Kurzschluss ereignet, der insgesamt fünf Wicklungen und das Blechpaket des Generators schwer in Mitleidenschaft gezogen hat. Nach einer ersten Bestandsaufnahme der Schäden standen zwei Varianten zur Debatte: Entweder man macht eine Notreparatur vor Ort, oder man führt ein gründliches Retrofitprogramm am gesamten Maschinensatz inklusive der Erneuerung der Sekundärtechnik durch. Es hat sich schnell herausgestellt, dass eine umfassende Teilsanierung die wirtschaftlich sinnvollste Lösung darstellt.“ Der Projektleiter merkt an, dass kurz vor dem Generatorschaden bereits andere Sanierungen in der Kraftwerkszentrale durchgeführt worden waren. Konkret waren in den Wintermonaten 2021/22 der Ersatz der Turbinen-Einlaufkrümmer sowie eine Revision am Gehäuse des Kugelschiebers auf dem Programm gestanden.

Kraftwerk Klosters
Die beschädigte Maschine konnte noch im Dezember 2022 demontiert und zur werkseitigen Reparatur abtransportiert werden.
© Repower

Zwei Maschinensätze sichern die Stromproduktion trotz Sanierung

Während der defekte Generator noch 2022 demontiert und zur Reparatur abtransportiert wurde, sollte mit der Erneuerung der Sekundärtechnik etwas länger zugewartet werden. „Ursprünglich wollten wir noch Anfang 2023 mit den elektrotechnischen Modernisierungen beginnen. Zu dieser Zeit waren wir aber mit so vielen anderen Projekten beschäftigt, dass es als sinnvoller erachtet wurde, diesen Teil der Sanierung erst später anzugehen“, so René Langer-Guler, der bald 40 Jahre bei Repower beschäftigt ist. Dass sich die Erzeugungsverluste der Anlage trotz des massiven Schadens in Grenzen hielten, ist der Ausstattung des Kraftwerks mit zwei getrennten Maschinensätzen zu verdanken. So konnte der Maschinensatz 1, der ausschließlich Einphasenstrom für das Netz der Rhätischen Bahn erzeugt, auch während der Sanierungsarbeiten im Krafthaus weiterproduzieren. Das generelle Betriebsregime des Kraftwerk Klosters zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus: Da der als Winterspeicher konzipierte Davosersee während der Sommer- und Herbstmonate auch für den Tourismus und von Wassersportlern genutzt wird, ist der Kraftwerksbetrieb an diverse Auflagen gekoppelt. So darf der Seepegel ab Mitte Juni nur um maximal einen halben Meter abgesenkt werden. Während im Herbst- und Winter ein uneingeschränkter Betrieb möglich ist – in dieser Zeit wird der Davosersee in der Regel zu einem großen Teil abturbiniert –, muss die Stromproduktion im Frühjahr im Kraftwerk Klosters eine Pause einlegen, um die Füllperiode des Davosersees nicht zu beeinträchtigen.

Kraftwerk Klosters
Der Kugelschieber wurde mit einer komplett neuen wasserhydraulischen Steuerung wieder auf Vordermann gebracht.
© Repower

Sanierung unter besonderen Rahmenbedingungen: Planung der Erneuerung im Kraftwerk Klosters

„Aufgrund dieser Auflagen sind umfangreichere Revisionsarbeiten am Kraftwerk Klosters nur zu gewissen Zeiten möglich“, betont der Repower-Automatisierungstechniker Silvio Lardi, der als Teilprojektleiter für das regelungs- und leittechnische Equipment zuständig war. Die Planungen für die Erneuerung der Sekundärtechnik starteten Anfang 2024, die praktische Umsetzung erfolgte dann im Frühjahr 2025. Die primärtechnische Sanierung des Generators war bereits früher abgeschlossen, dieser konnte schon im Spätherbst 2023 wieder montiert werden. Im Rahmen der Werksreparatur wurde die Maschine einer umfassenden Gesamtrevision unterzogen, wobei die Erneuerung des Blechpakets und der Wicklungsspulen sowie der Ersatz des kompletten Wellenstrangs zu den zentralen Maßnahmen zählten. René Langer-Guler zufolge war bei den Montagearbeiten viel Fingerspitzengefühl gefragt: „Der Zugang zur Maschinenhalle des Kraftwerks Klosters ist relativ klein, das ist bei älteren Anlagen keine Seltenheit. Zwar war das Ein- und Ausheben der Maschine mit dem auf 40 Tonnen Last ausgelegten Hallenkran kein Problem – dafür stellte sich aber die Ein- und Ausbringung in das Gebäude als herausfordernd dar. Deswegen wurde ein spezialisiertes Transportunternehmen beauftragt, das den Rotor und die beiden Stator-Hälften mithilfe eines längsausziehbaren Tiefladers aus der Zentrale befördern konnte.“

Kraftwerk Klosters 3D-Modell
Grafische Animation des sanierten Rotors mit neuen Wicklungen.
© Repower

Sekundärtechnik auf neuestem Stand: Digitalisierung und Fernüberwachung bei Repower

Silvio Lardi betont, dass im Rahmen der sekundärtechnischen Modernisierungen zahlreiche Optimierungen hinsichtlich der Fernwirkfähigkeit bzw. der Anlagenüberwachung erzielt werden konnten: „Neben dem Einbau zusätzlicher Sensorik wurden auch neue, zuvor nicht vorhandene Schwingungsmesssysteme installiert. Auch bei den ölgeschmierten Maschinenlagern kommen neue Sensoren und Grenzwertschalter zum Einsatz. Sowohl auf der Turbinen- als auch auf der Generatorseite wurden zuverlässige Komponenten am heutigen Stand der Technik eingesetzt, die eine umfängliche Überwachung des Maschinensatzes ermöglichen.“ Komplett ersetzt wurde zudem die wasserhydraulische Steuerung des Kugelschiebers. Die Erneuerung der Generatoren-Erregung stand ebenfalls im Fokus der Repower-Spezialisten, dabei kommt nun ein bürsten­loses System zum Einsatz. Dank der Einbindung der primär- und sekundärtechnischen Gewerke in das Repower-Leitsystem stehen der Leitstelle in Robbia nun bedeutend mehr Daten und Messwerte zur Verfügung. Somit kann die Anlage aus der Ferne umfassend überwacht und im Anlassfall sehr schnell reagiert werden.

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Nach der umfassenden Teilsanierung ist die Anlage fit für die Zukunft.
© Repower

Drei Millionen Franken für die Zukunft: Erfolgreiche Teilerneuerung des Kraftwerks Klosters

Im Sommer 2025 konnte Repower die Teilerneuerung der Anlage planmäßig abschließen. Rund 3 Millionen Schweizer Franken wurden vom Bündner Energieversorger in die Teilerneuerung des Traditionskraftwerks im Prättigau investiert, womit die Anlage langfristig für einen sicheren und effizienten Betrieb gerüstet ist. René Langer-Guler und Silvio Lardi sprechen unisono von einem erfolgreichen Projektabschluss auf ganzer Linie: „Die Zusammenarbeit mit den externen Lieferanten, aber auch mit dem internen Repower-Projektteam hat sehr gut funktioniert und war zu guter Letzt ein voller Erfolg. Wichtige Entscheidungen wurden stets schnell und klar umgesetzt. In wirtschaftlicher Hinsicht ist es erfreulich, dass der avisierte Kostenrahmen nicht überschritten wurde, und dass die Anlage nun wieder mit maximaler Effizienz Strom erzeugen kann.“

Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 5/2025