Wasserkraftnutzung am Saukaserbach mit Durchström-Technik wiederbelebt5 min read
Lesedauer: 3 MinutenRund 10 km südlich vom Zentrum des Tiroler „Ski-Mekkas“ Kitzbühel entfernt ging in der Gemeinde Jochberg im September das neue Kleinwasserkraftwerk Saukaserbach der Hochfilzer Wasser GmbH ans Netz.
Die am gleichnamigen Wildbach gebaute Ausleitungsanlage konnte dank optimaler Vorplanung und der guten Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen innerhalb von zwei Bausaisonen fertig gestellt werden. Aufgrund der zeitgleichen Errichtung eines WLV-Geschieberückhaltebeckens im Projektgebiet, welches von der Druckrohrleitung unterquert wird, war während der Bauphase eine enge Abstimmung zwischen den ausführenden Unternehmen unerlässlich. Im Hinblick auf die Stromerzeugung setzten die Betreiber auf die Kompetenz des Herstellers Ossberger. Für eine ganzjährig effektive Stromproduktion fertigte Ossberger eine ideal auf die hydrologischen Gegebenheiten am Anlagenstandort ausgelegte Durchström-Turbine mit einer Engpassleistung von 445 kW. Im Regeljahr kann das, auch optisch ansprechend realisierte Kraftwerk rund 2,2 GWh Ökostrom erzeugen.
Neben seinen anderweitigen Professionen als Hüttenwirt und Rinderzüchter kann sich der sympathische Tiroler Oswald Hochfilzer seit dem Herbst auch als stolzer Besitzer eines eigenen Wasserkraftwerks bezeichnen. Die Nutzung von Wasserkraft hat in der Familie Hochfilzer eine lange Tradition, schon Oswalds Großvater betrieb am Standort des neuen Kraftwerks eine Inselanlage zur Elektrifizierung seines Sägewerks. Nachdem das stillgelegte Sägewerk und das im Außenbereich situierte Kraftwerk um die Jahrtausendwende abgerissen wurden, entwickelte Hochfilzer etwa zehn Jahre später sein eigenes Konzept, um die Wasserkraftnutzung am Saukaserbach wiederzubeleben. Wie bei Projekten dieser Art üblich sollten allerdings mehrere Jahre vergehen, bis das Bauvorhaben schließlich in die Realität umgesetzt werden konnte. Neben dem obligatorischen Behördenverfahren mussten sich die Kraftwerksbetreiber im Projektvorfeld und während der Ausführung genauestens mit der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) absprechen. „Weil die WLV im Bereich der Ausleitungsstrecke ein großflächiges Rückhaltebecken inklusive einer 13 m hohen Geschiebesperre geplant hatte, war eine enge Abstimmung unumgänglich“, erklärt Hochfilzer. Nachdem die Betreiber Anfang 2017 die endgültige Baugenehmigung erhalten hatten, startete die konkrete Umsetzung mit der Rohrverlegung im November desselben Jahres. Hochfilzer ergänzt, dass der Baustart bewusst auf die kalte Jahreszeit gelegt wurde, da in diesem Zeitraum die Zufahrt ins Tal möglichst wenig von den Bauarbeiten beeinträchtigt war. Die insgesamt 924 m lange Druckleitung besteht zur Gänze aus GFK-Rohren DN900 des Herstellers Amiblu, die vom niederösterreichischen Rohrvertrieb Etertec bereitgestellt wurden. Nach der Ausleitung verläuft der Kraftabstieg größtenteils in der bestehenden Zufahrtsstraße. Ab einer Brücke, die auch die Stauwurzel des geplanten Retentionsbeckens der WLV markiert, verläuft die Druckleitung im Bachbett. Um dort die erforderlichen Sedimentausbaggerungsarbeiten gefahrlos zu ermöglichen, wurde die Leitung in diesem Bereich bewusst tiefer verlegt.
Ausleitung mit Tiroler Wehr
Die kompletten Hoch- und Tiefbauarbeiten inklusive Rohrverlegung wurden von der im Wasserkraftbereich vielfach bewährten HV Bau GmbH ausgeführt. Von den Fähigkeiten des Unternehmens hatte sich Hochfilzer beim Bau des „Österreichische Bundesforste“-Kraftwerks Taurach in Untertauern, das im heurigen Frühjahr fertig gestellt wurde, persönlich überzeugt. Bei diesem Projekt war HV Bau für die Verlegung der Druckrohrleitung zuständig gewesen. Neben der Rohrverlegung sorgte HV Bau bei der Realisierung des Kraftwerks Saukaserbach auch für die fachmännische Umsetzung der gesamten Baumeisterarbeiten am Krafthaus und der Wehranlage. An der Wasserfassung kommt zur Ausleitung des Gewässers ein klassisches Tiroler Wehr zum Einsatz. Um die ökologische Durchgängigkeit zu gewährleisten, wurde in der Mitte des Grobrechens ein großzügig bemessener Kanal betoniert. Diese Rampe ermöglicht den Bachbewohnern eine optimale Passierbarkeit des Querbauwerks. Gleichzeitig wird auch die ganzjährig dynamische Restwasserdotation – jeweils 20 Prozent des aktuellen Wasserdargebots – über den Betonkanal abgegeben. Nach der Ausleitung wird das Triebwasser direkt in einen unterirdisch angelegten Entsander mit zwei separaten Kammern geführt, in welchem sich die Sedimente ablagern können. Dank dieser Ausführung mit zwei getrennten Becken bleibt die Stromproduktion des Kraftwerks auch bei den regelmäßigen Spülvorgängen des Entsanders unbeeinträchtigt. Ein Feinrechen in vertikaler Ausführung hält Geschwemmsel wie Laub oder kleine Äste von der Druckleitung fern. Zur Reinigung dient ein robuster Teleskoprechenreiniger mit Hydraulikantrieb, der ebenfalls von Ossberger geliefert wurde. Um den Rechenreiniger und das dazugehörige Hydraulikaggregat vor den im Winter extremen Witterungsbedingungen zu schützen, wurde die gesamte Technik in einem Rechenhaus untergebracht.
Ganzjährig effektive Stromproduktion
„Weil das Wasserdargebot des Saukaserbachs das ganze Jahr hinweg relativ stark schwankt, wollten wir eine Maschine installieren, die mit diesen Bedingungen gut zurechtkommt. Somit sind wir relativ früh auf die Ossberger-Turbine, die ja bekanntlich ein sehr breites Betriebsband abdeckt, aufmerksam geworden“, sagt Hochfilzer. Nach eingehender Beratung und der Besichtigung von mehreren Referenzanlagen erhielt Ossberger schließlich den Auftrag für das elektromaschinelle Anlagenequipment. Als Herzstück des neuen Kraftwerks lieferten die Mittelfranken eine optimal auf die hydrologischen Gegebenheiten des Gewässers ausgelegte Durchströmturbine. Das trommelförmige Laufrad besteht aus zwei separaten Zellen, welche unabhängig voneinander arbeiten und dadurch auch bei stark verringertem Zufluss die Stromproduktion zuverlässig aufrechterhalten. Bei vollem Wasserdargebot erreicht die für eine Ausbauwassermenge von 990 l/s sowie ein Bruttogefälle von 59,5 m konzipierte Maschine eine Engpassleistung von 445 kW. Als Energiewandler dient ein direkt in horizontaler Richtung mit der Turbinenwelle gekoppelter Synchron-Generator. Der mit einer Wasserkühlung ausgestattete Generator dreht wie die Turbine mit exakt 600 U/min und schafft eine Nennscheinleistung von 489 kVA. Die elektro- und leittechnische Ausstattung der Anlage lieferte und installierte der Südtiroler E-Technikspezialist En-Co. Via Onlineverbindung kann die vollautomatische Stromproduktion des Kraftwerks rund um die Uhr aus der Ferne überwacht werden, allfällige Störungen werden via SMS an die Betreiber übermittelt.
Der frischgebackene Wasserkraftbetreiber Oswald Hochfilzer zeigt sich nach der im September durchgeführten Erstinbetriebnahme rundum zufrieden: „Trotz der trockenen Herbstmonate haben wir seit der Inbetriebnahme innerhalb weniger Wochen bereits rund 180.000 kWh Strom erzeugt. Dass wir das Kraftwerk nach der langwierigen Vorlaufzeit schließlich in einem Zug ohne größere Verzögerungen erfolgreich fertigstellen konnten, freut uns umso mehr.“
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