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Westbahn-Kraftwerk Trenaumühle verdoppelt mit Totalumbau Stromproduktion9 min read

17. Jänner 2022, Lesedauer: 6 min

Westbahn-Kraftwerk Trenaumühle verdoppelt mit Totalumbau Stromproduktion9 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Das von einem Ausleitungskraftwerk zu einer Laufwasseranlage umgebaute Traditionskraftwerk Trenaumühle im oberösterreichischen Frankenmarkt hat dank der Kompletterneuerung ein er­hebliches Leistungs- und Erzeugungsplus erzielt.

Für das neben der Wehr­anlage errichtete Krafthaus schnürte der deutsche Niederdruckexperte WATEC-Hydro GmbH ein elek­tromechanisches Komplettpaket inklusive Leittechnik vom langjährigen Automatisierungspartner Erwin Häring. Das Herzstück des neuen Kraftwerks bildet eine doppeltregulierte Kaplan­-Turbine mit direkt gekoppeltem permanenterregtem Synchron-Genera­tor, der äußerst geräuscharm höchste Wirkungsgrade garantiert. Die massive Wehrklappe zum Aufstauen der Vöckla lieferte der Stahlwasserbauprofi Danner Wasserkraft GmbH. Eine patentierte Fischaufstiegsschnecke von STRASSER/REHART befördert die Gewässerbewohner sicher und komfortabel ins Oberwasser.

Wer von Reisen mit dem Zug die österreichische Westbahnstrecke kennt, dem ist die Trenaumühle in Frankenmarkt höchstwahrscheinlich ein Begriff. In einer langgezogenen Kurve der Bahnstrecke zwischen Vöcklabruck und Straßwalchen fällt der markante Turm der Mühle sofort ins Auge. Paul Stabauer, Müller und Wasserkraftbetreiber in Generalunion, merkt mit einem Augenzwinkern an: „Die Mühle gibt es aber schon viel länger als die Westbahn, historische Aufzeichnungen belegen die Nutzung als Mühlenstandort seit 1430.“ Seit 1910 steht die heute in 4. Generation geführte Trenaumühle im Besitz der Fami­lie. Beim Lokalaugenschein mit zek HYDRO Mitte September im oberösterreichischen Frankenmarkt sagt Paul Stabauer, dass die Umrüstung der Wasserkraftanlage von mechanisch genutzter Energie mittels Wasserrad auf die Erzeugung von elektrischem Strom durch eine  Turbine ca. 1947 erfolgt ist. Vor dem im heurigen Februar abgeschlossenen Totalumbau der Anlage wurde die Kaplan-Turbine des Altkraftwerks erst 2005 einer General­überholung unterzogen.

Neubau ermöglicht Fischwanderung
Aus der behördlichen Vorschreibung, beim Wasserkraftwerk die ökologische Durchgängigkeit durch den Bau eines Fischaufstiegs herzustellen, entstand schließlich der Neubau der Kraftwerkszentrale direkt am Wehrstandort, erklärt Stabauer: „Das erste Konzept entstand um das Jahr 2010 und sah die Errichtung eines technischen Vertical-Slot-Pass an der Wehranlage vor. Da die Vöckla in diesem Abschnitt aus Hochwasserschutzgründen vergleichsweise tief und breit ausgebaut ist, hätte man die für einen Vertical-Slot-Pass obligatorische Strömungsgeschwindigkeit zur Erzeugung der Lockströmung wahrscheinlich nicht erreicht.“ Stabauer ergänzt, dass die von der Behörde bevorzugte Variante, einen Neubau an der Wehranlage mit der Errichtung eines Fischaufstiegs zu kombinieren, zunächst aufgrund der damals sehr niedrigen Strompreise wirtschaftlich nicht rentabel war. Zudem befand sich die erst 2005 komplettsanierte Turbine in einem sehr guten Zustand. „Mit der von der österreichischen Bundesregierung beschlossenen Ökostromnovelle, welche die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen mit verschiedenen Fördermodellen wieder attraktiver gestaltet, zahlte sich die Neugestaltung des Kraftwerks – auf Generationen gerechnet – doch aus“, so Stabauer. Für die 2005 revitalisierte Turbine wurde in Osteuropa ein Käufer gefunden, die Maschine wird in Kürze in Polen wieder in Betrieb gehen.

Müller setzt auf Eigeninitiative
Das auch von behördlicher Seite favorisierte Konzept, die rund 500 m lange Ausleitungsstrecke aufzulassen und die Anlage zukünftig als Laufwasserkraftwerk gleich neben der Wehr zu errichten, wurde schließlich zwischen Mai des Vorjahres und Februar 2021 realisiert. „Wir haben viel Zeit und Energie in das Projekt gesteckt und viele Dinge in Eigenregie erledigt. Um bei einem Projekt dieser Größenordnung im gesteckten Kostenrahmen zu bleiben, ist das unabdinglich. Außerdem haben wir früher auch ein Sägewerk betrieben und sind handwerklich universal geschult. Für ein kleines Unternehmen wie unseres ist es selbstverständlich, einfachere Elektro-, Metall- oder Bauarbeiten selbst zu erledigen. Für alles andere holen wir uns Profis und fähige Unternehmen“, so Stabauer, der nicht unerwähnt lässt, dass das Planungsbüro WWT aus dem oberösterreichischen Neufelden das Projekt kompetent durch die mehreren Projekteinreichungen, Planungen, Umplanungen und Fördereinreichungen führte.

Patentierte Fischaufstiegsschnecke
Die Fischaufstiegsthematik an der Wehranlage wurde durch den Einbau einer patentierten Fischaufstiegsschnecke (FAS) des Systems STRASSER/REHART gelöst. „Ich wollte dieses System unbedingt verwenden, weil auch der geringe Wartungs- und Instandhaltungsaufwand im Vergleich zu einem Vertical-Slot-Pass und die eingesparte Dotationswassermenge erhebliche Vorteil bieten. Die positiven Ergebnisse des ersten Monitorings zur Funktionsfähigkeit der FAS vom heurigen Frühjahr stimmen uns sehr positiv für das Herbst-Monitoring“, sagt Stabauer und bekräftigt, dass er vollauf vom Funktionsprinzip der FAS überzeugt ist. Das freut naturgemäß den FAS-Entwickler Bernhard Strasser, der das System vom deutschen Hersteller REHART exklusiv mit seinem Unternehmen Strasser & Gruber Wasserkraft GmbH (SGW) in Österreich vertreibt. Für das Projekt Trenaumühle wurde eine 12,5 m lange und ca. 8 t schwere FAS geliefert. Die kompakte Bauweise des patentierten Systems, bestehend aus einem Rohr mit innenliegender fix verschweißter Wendel, gewährleistet den Tieren einen verletzungsfreien und schonenden Aufstieg ins Oberwasser. Ein sparsamer 3 kW-Elektromotor sorgt mit einem zwischengeschalteten Übersetzungsgetriebe für die bewusst langsame Rotation der linksdrehenden Schnecke von 6 U/min. „Die benötigte Lockströmung beim Einstiegsbereich der FAS wird nicht zuletzt durch eine spezielle Klappe begünstigt. Die benötigte Sohlanbindung garantiert, dass auch schwimmschwache und bodenorientierte Fische gute Aufstiegsbedingungen vorfinden. Mittlerweile kommt dieser Typ der FAS an 20 Standorten zum Einsatz, bei 13 Anlagen wurden die Funktionsnachweise mittlerweile erfolgreich erbracht. Bei der Trenaumühle ist das Frühjahrsmonitoring gut verlaufen, für den Herbst sind erfahrungsgemäß noch bessere Ergebnisse zu erwarten“, erklärt Bernhard Strasser.

Jahrzehntealte Pläne zur rechten Zeit
Im Zuge der Neupositionierung des Maschinengebäudes neben der Wehranlage wurde auch diese umfassend baulich adaptiert. Zum Aufstauen des Gewässers lieferte die nur 40 Autominuten entfernte Danner Wasserkraft GmbH aus Pettenbach eine einseitig hydraulisch bewegte Wehrklappe mit beheizten Wehrwangen in Fischbauchausführung. Gefertigt wurde das massive Stahlteil nach mehreren Jahrzehnten alten Plänen, die man bereits beim Umbau der Wehranlage in den 1980er-Jahren gezeichnet hatte. Weil damals schließlich auf den Einbau einer Wehrklappe verzichtet wurde und man das Wasser mit einem betonierten Wehrhöcker staute, bei dem die Bodenschiene für die Klappe schon vorgesehen war, wanderten die vorhandenen Zeichnungen ins Archiv. „Bei der erneuten Umgestaltung der Wasserfassung wurden die Pläne wieder ‚ausgegraben‘ und dienten als direkte Vorlage zur Fertigung der nun benötigten Stauklappe“, merkt Stabauer an. Viel Fingerspitzengefühl war beim Einheben des mehrere Tonnen schweren und 17,2 m breiten Bauteils notwendig, das millimetergenaue Positionieren brachte den Mobilkran an seine Belastungsgrenzen. Komplettiert wurde der Lieferumfang von Danner durch beiden Einlaufschützen, das horizontale Feinrechenfeld mit Flussrechenprofil, die Spülklappe sowie die Hydraulikausrüstung für das Krafthaus und die Wehranlage. „Der Transport und die Montage der Wehrklappe haben sehr gut funktioniert. Ein Novum an diesem Projekt für uns war der mit strömungsoptimierten Flussrechen gefertigte Horizontalrechen und die nachgelagerte Spülklappe“, so Danner-­Betriebsleiter Sebastian Lankmaier. Die bestehenden Schotterschleusen und der Grund­ablass wurden von den Stabauers in Eigenregie saniert. Direkt vor dem Krafthaus-Einlauf wurde eine horizontale Rechenreinigungs­maschine nach bewährter Bauart installiert, die für optimale Zuflussbedingungen sorgt, und das von der Rechenfläche entfernte ­Geschwemmsel über eine Spülklappe Richtung Unterwasser abführt. „Diese mit 30° äußerst flach geneigt Klappe mit einem Ausschnitt an der Wasseroberfläche von 30 x 30 cm dient gleichzeitig als Fischabstieg, auch für schwimmschwache Gewässerbewohner. Durch die Anordnung der Fischabstiegsklappe nach dem schräg dazu angeordneten Rechenfeld mit horizontalen Stäben ist auch eine optimale Leitwirkung und Funktionsfähigkeit für den Fischabstieg gegeben“, erklärt Stabauer.

Komplettpaket von Watec-Hydro
Für die elektromechanische Ausstattung des neuen Maschinengebäudes setzte der Betreiber auf die Kompetenz der deutschen WATEC­-Hydro GmbH. Das im Allgäu ansässige Unternehmen hat sich mit seinen leistungsstarken Komplettlösungen einen hervorragenden Ruf als Niederdruckexperte erarbeitet. Für das Kraftwerk Trenaumühle lieferte WATEC-Hydro eine doppeltregulierte Kaplan-Turbine mit direkt gekoppeltem Permanenmagnet-Generator des Typs KDP. „Diesen Maschinensatz mit der von uns mitentwickelten Permanentmagnet-Technologie haben wir mittlerweile über 150 Mal ausgeliefert“, so WATEC-Hydro­-Vertriebsleiter Rolf Gschwind, der selbst als Kleinwasserkraftbetreiber aktiv ist: „Neben unseren kostengünstigeren Maschinen mit Riemenantrieb haben sich unsere doppeltregulierten KDP-Modelle zu den am häufigsten eingesetzten Maschinensätzen entwickelt. Dafür gibt es neben den sehr guten Wirkungsgraden mehrere gute Gründe. Zum Beispiel den geräuscharmen Betrieb, den geringen Platzbedarf im Maschinenhaus oder die wartungsfreundliche Konstruktion“, erklärt Gschwind. Die markante U-förmige Tragkonstruktion des WATEC-Maschinensatzes hält das Gewicht von Turbine und Generator von oben, wodurch auf einen unteren Tragrahmen verzichtet werden kann. Die damit entstehende freie Fläche rund um den Leitapparat schafft eine optimale Zugänglichkeit für Wartungs- und Servicearbeiten.

Permanentmagnet-Technologie
Vor der Auslieferung an die Kunden werden die im Unterallgäuer Heimertingen bei WATEC-Hydro gefertigten Maschineneinheiten ausführlich im Trockenen getestet. Für das Kraftwerk Trenaumühle kommt eine für 3,63 m³/s Nenndurchfluss und 3,8 m Nettofallhöhe konzipierte Turbine zum Einsatz. Komplettiert wurde der WATEC-Hydro Liefer- und Leistungsumfang durch die hydraulische Planung, die Schalung für die Einlaufspirale, das Saugrohr, das Hydraulik-Aggregat für die Leitapparat-Verstellung und das elektrotechnische Equipment sowie die Kraftwerks-Steuerung. Unter Volllast erreicht die mittels Leitapparat und Laufrad-Verstellung doppeltregulierbare Maschine eine Engpassleistung von 112 kW. Das 4-flügelige Laufrad misst 900 mm im Durchmesser und treibt den in vertikaler Richtung direkt gekoppelten Permanentmagent-Generator (PMG) mit exakt 333,3 U/min an. Die von einem tschechischen Partnerbetrieb gefertigten Generatoren wurden in enger Zusammenarbeit mit WATEC­ entwickelt und erreichen dank der namensgebenden Permanentmagnet-Technologie höchste Wirkungsgrade. Im Gegensatz zu „herkömmlichen“ Synchron-Generatoren, bei denen die Erregung durch zugeführten Erregerstrom erzeugt wird, erfolgt der Aufbau des elektrischen Polradflusses bei einem PMG mittels starker Magnete. „Mit dieser Bauweise schaffen PMG Wirkungsgrade, die normale bzw. fremderregte Synchron-Generatoren nicht erreichen. Darüber hinaus trägt das völlig luftdicht ausgeführte Innenleben des PMG dazu bei, dass der Maschinensatz äußerst leise arbeitet. Unterhaltungen in Zimmerlautstärke neben der unter Volllast produzierenden Maschine sind problemlos möglich“, erklärt Gschwind.

Vollautomatischer Betrieb
Die Steuerung sowie das elektrotechnische Equipment lieferte der ebenfalls aus dem Unterallgäu stammende Automatisierungsspezialist für Kleinwasserkraftwerke Erwin Häring. Mit WATEC-Hydro verbindet den Steuerungsexperten eine langjährige Unternehmenspartnerschaft und eine Vielzahl gemeinsam erfolgreich realisierter Projekte, sagt Gschwind: „Die Steuerung von Erwin Häring ist auf dem aktuellen Stand moderner Automatisierungstechnik und regelt den Anlagenbetrieb sicher und zuverlässig. Dank des modularen Aufbaus kann die Leittechnik auch zusätzliche Gewerke der Kraftwerksanlage wie die Rechenreinigungsmaschine oder die Fischaufstiegsschnecke steuern. Die verbaute Hardware, wie die weltweit zum Automatisierungsstandard zählende Siemens SPS-Steuerung SIMATIC S7-1500, stammt ausschließlich von bekannten Herstellern und kann im Bedarfsfall schnell ausgetauscht werden“, erklärt Rolf Gschwind. Im Krafthaus erfolgt die Bedienung der intuitiv aufgebauten Steuerungs-Visualisierung durch ein im E-Technik-Schrank installliertes Touch-Panel. Zur Fernwartung und Überwachung kann der Betreiber über jedes internetfähige Endgerät wie PC oder Smartphone rund um die Uhr auf die Anlagensteuerung zugreifen

Zwei Jubiläen 2022 für Watec-Hydro
Nach rund einem dreiviertel Jahr Betriebserfahrung zieht Paul Stabauer ein äußerst positives Resümee über das neue Wasserkraftwerk Trenaumühle: „Der Komplettumbau war vor allem während der langjährigen Planungs- und Genehmigungsphase mit einer Menge Aufwand und Bürokratie verbunden. Letztendlich hat sich die Mühe aber definitiv gelohnt. Mit der durch den Neubau verdoppelten Energieproduktion decken wir übers Jahr gesehen den Strombedarf des Mühlenbetriebs. Zusätzlich erhalten wir dank der erbrachten Leistungssteigerung der Anlage für einen Zeitraum von 13 Jahren den geförderten Ökostromtarif. Außerdem konnte die Auflage zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit mit der Fischaufstiegsschnecke sehr zufriedenstellend gelöst werden.“ Rolf Gschwind freut sich über einen weiteren zufriedenen Kunden und hat im kommenden Jahr bereits zwei erfreuliche Jubiläen für Watec-Hydro in Aussicht. 2022 feiern die Wasserkraftprofis ihr 20-jähriges Bestehen und werden im Bayerischen Wald die 300. Wasserkraftanlage in Betrieb nehmen.

 

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