Zweiter Generator in Weinzödl angekommen6 min read
Lesedauer: 5 MinutenNach 30 erfolgreichen Betriebsjahren entschied sich der österreichische Energieversorger VERBUND, das im Jahre 1982 in Betrieb gegangene Kraftwerk Weinzödl zu revitalisieren. Die beiden in die..
..Jahre gekommenen Straflo®-Maschinensätze mussten für zwei moderne Kaplan-Rohrturbinengeneratoren das Feld räumen. Der erste Maschinensatz wurde bereits im Frühjahr 2014 angeliefert und montiert. Mit der Ankunft des Ständers für die zweite Maschinengruppe am 23. Dezember 2014, erreichte die letzte große Komponente das Kraftwerk auf dem Grazer Stadtgebiet. Nach der finalen Montage und einer erfolgreichen Testphase rechnet der VERBUND mit einer Inbetriebnahme der Anlage Mitte März 2015.
Das steirische Weinzödl befindet sich im nördlichen Stadtteil von Graz. Es spielte in der Geschichte der Grazer-Wasserkraft seit jeher eine tragende Rolle. Noch in den Zeiten der mechanischen Wasserkraftnutzung wurde bei Weinzödl mittels Grundwehren das Wasser der Mur in einen links- und rechtsseitigen Kanal durch das Stadtgebiet der steirischen Landeshauptstadt geleitet. Was damals als wichtige Lebensader der Wirtschaft im südlichen Österreich galt, verlor aber im Laufe der Zeit an Bedeutung. Mit dem Einzug der Elektrizität waren die Stunden der mechanischen Wasserkraft gezählt und die Kanäle verloren weitgehend ihren Nutzen. Im Jahre 1976 wurde der rechtsseitige Kanal deshalb auch gänzlich stillgelegt. Dem gegenüberliegenden 23 km langen Mühlkanal hingegen blieb dieses Schicksal erspart – er speist heute eine Reihe von Kleinkraftwerken. Ein Jahr später – im Jahre 1977 – gab die Steiermärkische Elektrizität AG (STEG) eine Machbarkeitsstudie für den Bau eines Laufkraftwerks am Standort der ehemaligen Grundwehre in Auftrag. Nach deren positiven Ergebnis und weiteren Untersuchungen wurde daraufhin in den Jahren 1979 – 82 das Kraftwerk Weinzödl realisiert.
Betreiberin setzte auf Straflo-Maschinensätze
Das am 14. Juni 1982 in Betrieb genommene Kraftwerk an der Mur verfügte über zwei horizontal eingebaute Maschinensätze. Sie bestanden aus je einer doppelt regulierten Straflo-Turbine mit einem Laufraddurchmesser von 3.700 mm von Andritz, Graz und Escher Wyss AG Zürich mit einer Nennleistung von 8.300 kW und einem Drehstromsynchron-Außenkranzgenerator der Firma Elin-Union AG mit einer Nennleistung von 9.500 kVA. Im Wehrbereich des Mühlkanals entschied man sich ein Dotierkraftwerk zu errichten und so wurde ein dritter Maschinensatz installiert. Ebenfalls horizontal eingebaut, besteht er aus einer einfach regulierten Turbine mit einer Ausbauleistung von 200 kW. Die Fixdotation beträgt 11 m3/s. Mit einer Leistung von 15,5 MW produzierte das Laufkraftwerk Weinzödl rund 63.000 MWh Strom pro Jahr.
Wechsel des Turbinentyps
Im Jahre 2002 wurde das Kraftwerk Weinzödl und drei weitere Kraftwerke der STEG in die VERBUND Hydro Power GmbH eingegliedert. Etwa ein Jahrzehnt später startete die neue Betreiberin mit der Modernisierung des Innenlebens.
Ein wesentlicher Punkt in der Planung betraf dabei die installierten Straflo-Turbinen. Denn was vor 30 Jahren als letzter Schrei der Technik galt, hat sich mittlerweile überholt. Die Grundidee der Straflo-Turbine beruht auf dem Konzept der Einheit von Turbine und Generator. Laufrad und Generator liegen bei diesem Maschinentyp unmittelbar zusammen und die Welle dient nur mehr der Lagerung und nicht zur Kraftübertragung. Die Generatorpole befinden sich dabei direkt am Außenkranz des Laufrads – außerhalb des durchströmten Rohrs. Aufgrund dieser innovativen aber auch aufwendigen Konstruktion stellt das Konzept hohe Anforderungen an die Dichtungstechnik, denn an die elektrischen Teile des Generators darf kein Wasser gelangen. Straflo-Turbinengeneratoren setzten deshalb üblicherweise auf eine Kombination aus Lippen- und Labyrinth-Dichtung.
Damit aber die Turbine störungsfrei arbeitet, sind regelmäßige Wartungsintervalle der Maschine und im Besonderen des Dichtungssystems obligat. Diese verkürzen sich aber mit zunehmendem Alter der Maschine und durch besonders sedimentreiches Triebwasser. Instandhaltungskosten und Aufwand steigen dadurch stetig an.
Die Verantwortlichen waren also der Ansicht, eine Revitalisierung und der damit verbundenen Leistungssteigerung der Gesamtanlage kann wohl am besten nur durch den Wechsel des Turbinentyps erfolgen. Eine Entscheidung, die das Unterfangen natürlich um ein Stück schwieriger gestaltet wie Projektleiter Meinhard Wessiak betonte: „In ein bestehendes Bauwerk einen neuen Maschinentyp einzupassen, ist wohl die größte Herausforderung bei diesem Vorhaben“.
Das Projektteam entschied sich also die beiden Straflo-Turbinengeneratoren durch zwei Kaplan-Rohrturbinengeneratoren zu ersetzten. Mit 16,4 MW, statt ursprünglich 15,5 MW, wird die Engpassleistung des Kraftwerks Weinzödl um ca. 1 MW erhöht. Die Jahresarbeit kann damit aber um 13,5 GWh gesteigert werden. Das entspricht etwa dem Verbrauch von 4.000 Haushalten.
Bauliche Maßnahmen erforderlich
Im Gegensatz zu den alten Maschinen, die teilweise außerhalb des Durchflussbereiches situiert waren, sind die beiden neuen zur Gänze im Durchflusstrakt eingesenkt. Außerdem sind die neuen Generatoren, wegen der hydraulisch wesentlich größeren Leistung, um 8° zur Horizontale geneigt. Deshalb waren bauliche Maßnahmen nötig um die beiden Schächte auf den neuen Typ anzupassen. Auf diese Weise wurden auch die Lippen-Dichtungen eliminiert, deren Wartung ein großes Problem darstellte und zusätzliche Kosten verursachte.
Montage mit Schienensystem
Nach Fertigstellung der Bauarbeitet, war die Montage der neuen Generatoren die nächste große Herausforderung. Die größte Schwierigkeit bestand dabei im Handling der Generatorteile, da die neuen Maschinen in ihren Maßen und ihrer Masse viel größer als die alten Straflo-Maschinensätze sind. Der erste der beiden Maschinensätze wurde im Frühjahr 2014 angeliefert und komplett montiert. Die Montage unterteilt sich dabei in mehrere Teilschritte. Im ersten Schritt erfolgte die Anlieferung der Kaplan-Turbine aus dem Hause Litostroj Power. Zusammen mit dem Rotor des Generators wurde diese in den angepassten Turbinenschacht installiert. Die Generatoreinheit, ein bürstenloser Synchron-Rohrgenerator, wurde von Koncar Generators and Motors Inc. aus Zagreb geliefert. Die kroatischen Generatorspezialisten überzeugten die Projektverantwortlichen mit ihren robusten, zuverlässigen und preiswerten Maschinen. Gemäß Kundenwusch wurde er auf höchstmöglichen Wirkungsgrad konzipiert. Es wurden zudem relativ niedrige Übertemperaturen der aktiven Teile des Generators vereinbart – unter 65 Grad K. Diesen Wert konnte die Firma Koncar sogar um 20 Grad Kelvin unterbieten – dies ergab eine Messung nach Übernahme des ersten Generators. Zudem liegt die Produktions-stätte in der kroatischen Hauptstadt nur rund 190 km von Graz entfernt, was bei einem Transportgewicht von 40 t die Logistik entscheidend erleichtert. Fertig montiert beträgt die Gesamtmasse eines Generators rund 92 t. Speziell auf das Kraftwerk Weinzödl abgestimmt sind die beiden Maschinen für den dauerhaften Betrieb mit einer Nennscheinleistung von 9500 kVA, bei einem Leistungsfaktor von 0,9 und einer Nennspannung von 5300 V, ausgelegt. Nach erfolgreicher Installation von Turbine und Rotor des Generators erfolgt die Anlieferung und Montage des Ständers. Dieser wird über eine Luke in den neu ausgebrochenen Generatorschacht hinuntergehoben. Am Schachtgrund wird der Ständer auf einem Fahrwagen, der auf einer Schienenkonstruktion steht, fixiert. Dieser Vorgang ist ein sehr heikles Unterfangen, da der Schacht und die Schienenkonstruktion, wie bereits erwähnt, eine Neigung von 8 Grad aufweisen. Das hohe Bauteil mit seinem hohen Schwerpunkt muss also in Richtung Rotor geneigt werden und in dieser 8 Grad Position exakt in der Mitte fixiert werden. Dies geschieht unter anderem mit Deckenverankerungen. Als nächstes wird der Ständer sehr behutsam mit Hilfe des Fahrwagens über den Rotor geschoben. Eine Arbeit die höchste Konzentration vom ausführenden Montageteam erfordert, damit der Ständer mit überhängendem Schwerpunkt nicht kippt. Ein Luftspalt von lediglich 6 mm verdeutlicht, wie genau hier gearbeitet werden muss. Zum Abschluss wird die Maschine noch mit einer Kappe wasserdicht verschlossen.
Mehr als 20 % Steigerung der Jahresarbeit
Am 23. Dezember 2014 erfolgte mit der Anlieferung des Ständers der zweiten Maschinengruppe die letzte kritische Projektphase. Wenn alles nach Plan verläuft, geht auch die zweite Maschine Mitte März 2015 ans Netz. Durch den Austausch der Maschinensätze rechnet man mit einer zusätzlichen Jahresarbeit von 13.500 MWh bei gleichbleibender Wassermenge, was einer Steigerung von knapp über 20 % entsprechen würde. „Das wäre in etwa der Jahresverbrauch einer Kleinstadt“, berichtet die VERBUND AG. Die langfristigen Vorteile liegen dabei neben der Mehrerzeugung auch in der Verlängerung der Lebensdauer und Revisionsintervalle der neuen Kaplan-Rohrturbinen und Koncar Generatoren.
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