Bayerischer Maschinenhersteller hält mit bewährter Strategie den Erfolgskurs8 min read
Lesedauer: 7 MinutenDie bloßen Zahlen können sich sehen lassen: Mehr als 340 Kleinwasserkraftanlagen hat der bekannte Turbinenhersteller WATEC-Hydro in seiner über 20 Jahre andauernden Firmengeschichte bereits erfolgreich realisiert. Die Standorte erstrecken sich vom D-A-CH-Raum über Italien und Frankreich bis nach Schottland. Mit den zunehmenden Anforderungen an Maschinen- und E-Technik hat das Unternehmen aus dem bayerischen Heimertingen gerade in den letzten Jahren auch einige Weiterentwicklungen forciert, sodass es heute in der Lage ist, schlüsselfertige Kleinwasserkraftanlagen anzubieten, die unter anderem auch den neuesten Netzanforderungen Rechnung tragen. Die Rückmeldungen vom Markt sind ausgezeichnet. WATEC-Hydro kann sich über volle Auftragsbücher freuen. Mit dem Kraftwerk Lipplmühle in Oberösterreich wurde erst vor kurzem ein weiteres Referenzprojekt erfolgreich umgesetzt.
Es ist kein Geheimnis, dass das Niederdrucksegment in der Kleinwasserkraft einem höheren wirtschaftlichen Druck ausgesetzt ist als der Hochdruckbereich. Dass daher ein gewisser Grad an Standardisierung sinnvoll, ja unabdingbar ist, hat der bayerische Wasserkraftspezialist WATEC-Hydro schon vor über zwei Jahrzehnten erkannt. Als logische Konsequenz entwickelte er damals gemeinsam mit der Technischen Universität Stuttgart und hauseigenen Ingenieuren ein strömungsoptimiertes Laufrad für eine moderne doppeltregulierte Kaplanturbine. Aufgrund ihres besonderen Konzepts sowie der starken Performance gerade im Teillastbereich wurde die Turbine zu einer echten Erfolgsgeschichte. Die WATEC-Maschine weist dabei auf der einen Seite durchaus Charakteristika eines modularen Baukastensystems auf, wird auf der anderen Seite aber für jeden Standort und jeden Kundenwunsch maßgeschneidert. Dies klärt Geschäftsführer Dr.-Ing. Daniel Brumme auf Nachfrage gerne auf: „Jedes Projekt wird von uns individuell adaptiert. Wir können heute auf Baugrößen zurückgreifen, die sich an vergleichbaren Standorten und entsprechenden Rahmenbedingungen bewährt haben. Außerdem verfügen wir nicht über etwa vorgefertigte Modulreihen, die wir auf Lager halten. Schließlich treten bei jedem Projekt Details auf, die man anpassen muss.“
Bauteile made in Germany
Speziell wenn es um Umbauten an bestehenden Wasserkraftwerken geht, kommt man um eine individuelle Anpassung der Turbinen nicht herum. WATEC-Konstruktionsleiter Markus Gerster geht dazu ins Detail: „Was oft gefordert ist: die Adaption des Mauerrings an den bestehenden Fundamentring, auch die Länge der Turbinenwelle sowie die Stützfüße der Turbinen-Traverse müssen häufig an die unterschiedlichen Kraftwerksgegebenheiten angepasst werden. Bei uns kommen nicht nur Serienteile zum Einsatz, sondern auch maßgefertigte Sonder-Bauteile für das jeweilige Projekt. Wir nehmen dabei gerne Wünsche und Anregungen unserer Kunden auf.“ In diesem Zusammenhang ist den Verantwortlichen des bayerischen Wasserkraftallrounders wichtig zu betonen, dass die in einer WATEC-Maschine verbauten Bauteile „made in Germany“ und entsprechend qualitativ hochwertig sind. Bauteile aus Fernost kommen demnach nicht in Frage, da man Sorge hat, dass durch die mögliche Kostenersparnis die Folgekosten umso höher werden. Als weiterer Garant für hohe Qualität dient ein lückenloses Qualitätsmanagement. „Bei uns wird jeder Arbeitsschritt dokumentiert und geprüft. Erst danach verlässt die Turbine unsere Halle. Wir sind stets darum bemüht, dass der Kunde wiederkommt – und nicht das Produkt“, so Dr.-Ing. Daniel Brumme und ergänzt: „Wir wissen, was wir können und wir halten, was wir versprechen.“ Feedback wird regelmäßig vom Markt und von den Kunden eingeholt, intern besprochen und im Bedarfsfall in der Planung bzw. der Produktauswahl und der Konstruktion integriert. Auf diese Weise ist eine permanente Weiterentwicklung der Maschine sichergestellt.
PMG erfüllt alle Netz-Vorgaben
Als besonders innovativ gilt schon seit Jahren der Einsatz des permanenterregten Synchrongenerators, kurz PMG, der höchst kompakt in das Gesamtsystem einer WATEC-Maschine verbaut ist. Das ganze Maschinenensemble wird dadurch äußerst kompakt, weist daneben aber auch weitere sehr überzeugende Vorteile auf. Zum einen ermöglicht der PMG einen flüsterleisen Kraftwerksbetrieb, zum anderen weist er Top-Wirkungsgrade auf, die in der Regel über jenen der modernsten Synchrongeneratoren liegen. Allerdings rief er auch Kritiker auf den Plan, die gerade nach Inkrafttreten der TOR-Regeln in Österreich, sowie der VDE-Vorgaben in Deutschland, welche die technischen und organisatorischen Regeln für den Netzbetrieb sicherstellen, dem PMG ein rasches Ende prophezeiten. Konkret wurde dem PMG unterstellt, dass ihm das mangelnde Vermögen der Blindleistungskompensation zum Verhängnis würde. Ein Fehlurteil, wie sich herausstellen sollte. Dr.-Ing. Daniel Brumme: „Als Reaktion auf diese neuen Netzvorgaben haben wir in enger Zusammenarbeit mit unserem Steuerungsbauer eine funktionelle Anlage für die Blindleistungskompensation entwickelt, die sich längst in einigen Projekten bewährt hat und die von diversen Netzdienstleistern heute angenommen und akzeptiert wird. Die Produktentwicklung ging nicht von heute auf morgen. Aber verständlicherweise wollten wir auch erst mit einem System auf den Markt gehen, das auf Herz und Nieren getestet wurde. Die Anforderungen der Netzbetreiber an die Wasserkraft sind mittlerweile anspruchsvoll, aber mit unserer modernen Kompensationsanlage können wir diese vollständig erfüllen.“
Referenz in Marchtrenk
Als Beleg dafür nennt Dr.-Ing. Daniel Brumme ein neues Kleinkraftwerk im oberösterreichischen Marchtrenk, das von den Bayern unlängst mit einem Komplettpaket ausgerüstet wurde. „Beim KW Lipplmühle handelt es sich um eine Anlage an einem historischen Mühlenstandort, die heute von der Familie Brunner betrieben wird. Wir haben dafür das gesamte maschinentechnische und leittechnische Equipment geliefert. Damit ist ein beachtlicher Leistungssprung möglich geworden“, erklärt Dr.-Ing. Daniel Brumme. Konkret ist das Kleinkraftwerk Lipplmühle am Welser Mühlbach, einem Seitenarm der Traun, situiert, an dem einst zahlreiche Mühlen, angetrieben von groß-en Wasserrädern, in Betrieb waren. 1980 wurden die Wasserräder erstmalig durch eine Turbine ersetzt, die Ära der Stromerzeugung in der geschichtsträchtigen Lipplmühle begann. „Wir haben den Umbau im Zeitraum 2020/2021 vorgenommen. Ziel war es, die Leistung der Anlage im Rahmen einer umfassenden Revitalisierung um mindestens 15 Prozent gegenüber dem Altbestand zu erhöhen, um die Tarifförderung der ÖMAG in Anspruch nehmen zu können. Mit 18 Prozent ist das wunderbar gelungen“, freut sich der Betreiber des KW Lipplmühle.
„Nicht lauter als ein Geschirrspüler“
Ausgelegt ist die doppeltregulierte WATEC-Kaplanturbine auf eine Fallhöhe von 3,2 m und auf ein Schluckvermögen von über 5,3 m3/s. „Leider stehen unserer Maschine aufgrund schon lange bestehender Einschränkungen am Mühlkanal nicht die volle Wassermenge zur Verfügung, die uns dem Wasserrecht nach zustünden. Aber mit der aktuell maximalen Wassermenge von 4,1 m3/s erreicht die neue Maschine rund 129 kW. Der alte Maschinensatz kam unter diesen Bedingungen nicht mehr über 90 kW hinaus. Und dieses Leistungsplus schlägt sich natürlich auch in der Jahreserzeugung nieder, die heute im Durchschnittsjahr bei etwa 1 Million Kilowattstunden liegt“, erklärt der Betreiber, der sich hoch zufrieden mit seiner neuen Anlage zeigt. Vor allem die Vorteile der neuen Steuerung mit Optionen für Fernsteuerung und Fernabfrage haben den täglichen Betrieb markant vereinfacht und erleichtert. Besonders wichtig war ihm ein weiterer Vorzug der WATEC-Turbine – ihre enorme Laufruhe. „Die Maschine läuft unglaublich ruhig, es sind keine Vibrationen festzustellen. Für mich war das völlig ungewohnt, dass man sich im Krafthaus in Zimmerlautstärke unterhalten kann. Die Turbine ist dabei nicht lauter als ein Geschirrspüler. Das ist für uns ein ganz heikles Thema, da wir in unmittelbarer Nähe zum Kraftwerksbereich vier Wohneinheiten haben – und heutzutage ja keiner etwas von einem Kraftwerksbetrieb hören möchte.“ Darüber hinaus funktion-iere die Blindleistungskompensationsanlage ebenfalls hervorragend. Von Seiten der Netz Oberösterreich GmbH wurde das System anstandslos akzeptiert.
Vermessung in eigenen Händen
Das Kraftwerk Lipplmühle ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie mit einer WATEC-Turbine der Sprung in die Neuzeit der Wasserkraftnutzung gelingen kann. Natürlich ist das Know-how der Schwaben nicht nur bei Revitalisierungen und Umbauten gefragt, sondern ebenso, wenn es um Neubauten geht. Um ein möglichst breites Leistungsspektrum abzudecken, wurden im vergangenen Jahr die Baugrößen der Laufräder sowohl nach oben als auch nach unten verändert. Heute hat das Unternehmen Laufradgrößen zwischen 0,4 m und 2,5 m in seinem Portfolio, geeignet für Fallhöhen von minimal ca. 1,10 m bis maximal 14 m.
Neu ist bei WATEC-Hydro auch, dass man mittlerweile die komplette Vermessung mit anbietet. „Zu diesem Zweck haben wir letztes Jahr ein modernes Messgerät angeschafft, das es uns ermöglicht, auch komplexe Geometrien aufzunehmen. Dort wo Meterstab und Laser nicht mehr ausreichen, können wir nun mit dem Messgerät hochexakte Ergebnisse erzielen. Der große Vorteil besteht vor allem darin, dass wir keine zusätzliche Schnittstelle haben und somit eine potenzielle Fehlerquelle ausmerzen konnten“, freut sich Konstruktionsleiter Markus Gerster.
Stabiles Team in Heimertingen
Ein hoher Qualitätsstandard bleibt nach wie vor die Leitprämisse bei WATEC-Hydro. Daher wurden zuletzt auch viel Zeit und Energie in das interne Qualitätsmanagement und Prüfwesen investiert, auf die das Unternehmen verweisen kann. „Generell sind wir heute mit unserer Maschinentechnik, der modernen Steuerung und natürlich auch unserem Personal sehr breit aufgestellt. Mit unserer Belegschaft in Heimertingen von knapp 20 Personen bedienen wir den ganzen Vorgang von der Bestellung, über die Konstruktion bis hin zur Logistik, Montage und Fertigstellung samt Inbetriebnahme“, sagt Dr.-Ing. Daniel Brumme und verweist mit Stolz darauf, dass es gerade in den letzten Jahren kaum Fluktuationen in der personellen Besetzung des Teams gegeben habe. Schließlich seien ein respektvoller und familiärer Umgang zwischen Geschäftsführer und Mitarbeitern und eine flache Hierarchie integrale Bestandteile der Firmenphilosophie von WATEC-Hydro. Wichtig ist dem Geschäftsführer auch die unkomplizierte Kommunikation mit dem Unternehmen.
Erschienen in zek HYDRO Ausgabe 1/2024
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