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Bedeutung und Nachfrage für Service und Revitalisierung im Steigen8 min read

23. Mai 2022, Lesedauer: 5 min

Bedeutung und Nachfrage für Service und Revitalisierung im Steigen8 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Kundenvertrauen und Kundenbindung schafft man in der Wasserkraftbranche nicht mehr nur mit ausgereiften Produkten. Als immer wichtiger entpuppt sich der so genannte „After-Sales-Markt“.

Also die Betreuung von Wasserkraftkunden in Form von Service, Wartung, Instandhaltung und Revitalisierungen. Vor fast zehn Jahren hat der bekannte Wasserkraft-Allrounder Troyer AG eine hauseigene Service-Abteilung installiert, die heute auch für den immer stärker wachsenden Sektor der Revitalisierungen verantwortlich ist. Philipp Braunhofer, stellvertretender Leiter der Abteilung, erklärt, worauf es dabei ankommt – und warum Kunden der Troyer AG kostenlos ein 24/7-Hotline in Anspruch nehmen können.

 

zek: Herr Braunhofer, können Sie uns etwas zum firmeninternen Hintergrund der Service-Abteilung erzählen?
Braunhofer: Grundsätzlich muss man vorausschicken, dass die Troyer AG schon immer Service angeboten hat. Das ist auch schon früher immer hochgeschätzt worden. Aber nachdem die Nachfrage immer mehr gestiegen ist, wurde 2012 offiziell die Abteilung „Service“ gegründet. Sie besteht heute aus 10 Technikern. Aber wir sind personell flexibel aufgestellt: Bei Bedarf können wir auch noch auf Techniker aus der Montage-Abteilung zurückgreifen. Die Service-Abteilung wird seit Anfang an, also 2012, von Santoni Sepp geführt. Ich fungiere seit 2017 als sein Stellvertreter.
zek: Wie sehen die Aufgabenstellungen für Ihre Abteilung aus?
Braunhofer: Das beginnt bei regelmäßigen Wartungsarbeiten, dem alljährlichen Service, geht weiter über Reparaturen bis hin zur Ersatzteilbeschaffung. Das ist ein breites Feld. Generell kann man sagen, dass wir der Ansprechpartner für bestehende Kunden sind – egal ob es um einen Ersatzteil, oder vielleicht um die Erweiterung eines Schaltfelds geht.
zek: Wo bietet die Troyer AG ihre Service-Dienst an?
Braunhofer: Wir haben Service-Kunden in der Schweiz, Italien, Österreich, Norwegen bis nach Südamerika. Die Arbeiten werden alle von unserem Hauptwerk in Sterzing aus koordiniert, zuweilen nutzen wir auch Kooperationen mit Partnerfirmen vor Ort. Aber das ist eher die Ausnahme, das Meiste machen wir selbst. Das gilt allerdings nur eingeschränkt für unser Betriebsführungs-Angebot.
zek: Sie machen auch Betriebsführungen?
Braunhofer: Ja, das ist sehr sinnvoll für den einen oder anderen Betreiber – und ist auch für unser Team eine Bereicherung. Wir lernen dadurch das Kraftwerk auch von der anderen, der Betreiber-Seite, kennen. Es schadet nie, sich mit der Frage zu beschäftigen: Was ist wichtig, damit ein solider, effektiver Betrieb garantiert werden kann. Aber wir bieten Betriebsführungen nur in Südtirol an. Weiter außerhalb wäre es aufgrund der Entfernungen zu aufwändig.
zek: Was sind denn die großen Herausforderungen beim Thema Service?
Braunhofer: Ganz allgemein kann man sagen, dass wir bei Service-Kunden, die einen Wartungsvertrag haben, oder die sich rechtzeitig vor dem geplanten Service melden, gut vorbereitet sind – und daher die Stillstandszeiten auf ein Minimum begrenzt werden können. Schwieriger wird es nur, wenn das Service zur Reparatur wird, d.h. wir sehr schnell reagieren müssen. Dann ist immer der Faktor Zeit die große Herausforderung. Denn: Nicht immer sind alle Ersatzteile lagernd, vor allem, wenn es sich um Maschinen von anderen Herstellern handelt, und manchmal müssen Bauteile auch erst von uns nachgefertigt werden.
zek: Blöd gefragt: Müssen Sie um die Arbeit bangen, wenn man hört, dass Kraftwerke ja immer wartungsärmer realisiert werden?
Braunhofer: Nein (schmunzelt), zwar werden die Turbinen wirklich immer wartungsärmer gebaut – gerade wenn man die neuen Lagerbüchsen, ausgeführt mit modernen Materialien, mit den alten Stopfbüchsen vergleicht. Aber natürlich haben wir da keine Angst. Im Gegenteil, die Arbeit wird eher mehr als weniger. Ein Kraftwerk hat so viele Komponenten, auf die man als Ausrüster auch kaum Einfluss nehmen kann. Denken Sie an Verschleißteile wie Strahlablenkereinsätze, Düsennadeln, Düsenstöcke, sogar Kugelhähne, die unter Umständen häufig getauscht werden müssen, speziell, wenn das Wasser viel Gletscherschliff aufweist. Oder auch elektronische Bauteile, oder Filter, oder hydraulische Bauteile, die wir oft auswechseln.
zek: Kommen wir zum Thema Revitalisierung: Wie wichtig ist das für die Troyer AG?
Braunhofer: Das Thema Revitalisierung hat für die Troyer AG einen sehr hohen Stellenwert. Und das wird in der Zukunft sogar noch stärker. Schließlich gibt es eine Vielzahl an Anlagen, die seit Jahrzehnten in Betrieb sind, die langsam in die Jahre kommen und wo der Revitalisierungsdruck steigt.
zek: Was wird üblicherweise als Ziel einer Revitalisierung definiert?
Braunhofer: Im Grunde gilt für jedes Revitalisierungsprojekt: Das Ziel ist es, die Effizienz zu maximieren und die Produktionsausfälle zu minimieren, und dafür werden sämtliche technischen Möglichkeiten ausgeschöpft.  
zek: Wo kann man bei einer Revitalisierung am meisten für den Kunden herausholen?
Braunhofer: Eindeutig im Bereich der Steuerung und des Automationsfeldes der Turbine. Es gibt immer noch sehr viele Kraftwerke, die man nur vor Ort steuern kann. Manchen fehlt ein modernes Alarmierungssystem, andere wiederum haben keine Möglichkeit für einen Fernzugriff. Wieder andere haben nur eine nicht-digitale Wasserstandsregelung verbaut. Da besteht natürlich Modernisierungsbedarf.
zek: Wie gehen Sie in einem derartigen Fall vor?
Braunhofer: Wichtig ist, dass an der Wasserfassung eine moderne, digitale Drucksonde installiert wird, die permanent Pegeldaten liefert. An den Turbinen wird ebenfalls eine neue Sensorik angebaut. Dank einer neuen SPS-Steuerungseinheit kann die Turbine anhand des jeweiligen Wasserdargebots geregelt werden. Sollte ein Fehler auftreten, kann dann aus der Ferne interveniert werden. Häufig genügt ja das Quittieren per Mausklick. Der Betreiber muss nicht immer zur Anlage fahren.
zek: In welcher Größenordnung spielen sich die Verbesserungen ab?
Braunhofer:  Allein durch den Austausch der Turbinensteuerung haben wir schon eine Produktionssteigerung von 30 bis 40 Prozent festgestellt. Das Leistungsmanagement des Kraftwerks lässt sich markant verbessern – besonders, wenn mehrere Turbinen installiert sind. Nicht selten haben Betreiber mehrere Turbinen mit unterschiedlichen Nenngrößen. Dann macht es Sinn, die Umschalt- oder Betriebspunkte neu festzulegen. Gerade wenn das Zusammenspiel dieser Maschinen auf die jeweiligen Bestpunkte der einzelnen Turbinen optimal abgestimmt ist, kann dies zu einer merkbaren Steigerung der Gesamteffizienz der Anlage führen.
zek: Welche Art von Turbinen haben Sie in den letzten zehn Jahren bereits revitalisiert?
Braunhofer:  So ziemlich jeden Typ – Pelton-, Francis- und Kaplan-Turbinen. Darunter befanden sich Kraftwerke, die mehr als 100 Jahre in Betrieb gestanden sind. Auch die haben wir saniert und mit einer modernen Automatisierung versehen. Außerdem spielt bei uns der Sicherheitsaspekt eine große Rolle: Das bedeutet konkret, dass wir häufig bei alten Anlagen auch von Hand betriebene Verschlussorgane durch moderne Absperr-Kugelhähne mit Fallgewicht ersetzen. Damit kann im Falle eines Notschlusses der Wasserfluss sicher und sehr schnell gestoppt werden. Zum selben Zweck werden auch Leitapparate mit Fallgewichten oder Federpaketen ausgerüstet.
zek: Ist es nicht gerade bei sehr alten Kraftwerken problematisch, wenn von den alten Bauteilen keine Dokumentationen und Pläne mehr existieren?
Braunhofer: Absolut. In diesem Fall gehen wir so vor, dass wir die Maschine oder die Komponente in ihre Einzelteile zerlegen und – entweder gleich vor Ort oder bei uns im Werk in Sterzing – exakt vermessen. Auf Basis dieser Daten werden dann von unseren Ingenieuren neue Konstruktionszeichnungen erstellt.
zek: Sind die Baumaterialien aus der Vergangenheit dabei auch ein Thema?
Braunhofer: Auch das. Denken Sie zum Beispiel an die Lackierungen. Zahlreiche alte Turbinen sind mit PCB-haltigem Farbstoff lackiert. Dieser muss nach dem professionellen Abtrag auch fachgerecht entsorgt werden. Das bedeutet, dass wir das Bauteil – zumeist sind die alten Turbinen, Gehäuse und Zuleitungsrohre aus Gusseisen – zuerst sandstrahlen und dann einer genauen Materialprüfung unterziehen. Dabei stellt sich dann heraus, ob Haarrisse zum Vorschein kommen, die unter Umständen zu Brüchen führen könnten. Danach entscheiden wir über die Weiterverwendung des alten Bauteils.
zek: Macht Ihr dabei alles selbst, oder arbeitet Ihr mit anderen Spezialisten zusammen?
Braunhofer: Im Wesentlichen versuchen wir so viel wie möglich selbst zu machen. Aber es gibt natürlich Bereiche und Schnittstellen, wo wir mit anderen Firmen zusammenarbeiten. Ein Beispiel wäre etwa die Generatorsanierung, wofür wir drei bis vier Partnerfirmen an der Hand haben. Denn gerade bei der Generatorsanierung gibt es sehr heikle Bereiche: Alte Generatoren weisen mitunter noch eine Isolierung aus Asbest auf. Auch die muss auf professionellem Weg entnommen und entsorgt werden. Aber – wie gesagt: Das Gros der Arbeiten, von der Turbine bis zur Steuerungs- und Schalttechnik wird von uns gemacht. Dabei achten wir auf ein strenges Qualitätsmanagement: Jeder Bauteil wird vorher werksintern geprüft, bevor er beim Kunden eingebaut wird.
zek: Wie ist die Kommunikation zwischen den Kunden und der Troyer AG organisiert?
Braunhofer: Auch das hat einen sehr hohen Stellenwert in unserem Unternehmen. Wir bieten unseren Kunden eine kostenlose Service-Hotline, die 24 Stunden abrufbar ist – sieben Tage die Woche. Sie kann von jedem unserer Kunden einfach, unbürokratisch und vor allem kostenlos genutzt werden.
zek: Wer sind die Ansprechpartner in der Hotline?
Braunhofer: Das sind Mitarbeiter aus unserem Team, natürlich alles Techniker. Auf diese Weise können wir unseren Kunden ganz einfach eine erste technische Hilfestellung geben. Uns ist es wichtig, dass der Kunde jederzeit mit einem Problem zu uns kommen kann. Und dass er nicht sofort auf ein Tonband weitergeleitet wird, sondern einen direkten Draht zu unserem Service-Team hat. Das schafft Vertrauen und ist somit wohl auch ein wichtiges Instrument zur Kundenbindung.
zek: Vielen Dank für das Gespräch!

 

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