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Deutsche Rechenreinigungstechnik überzeugt bei Minen-Wasserkraftwerk in Papua-Neuguinea7 min read

11. März 2024, Lesedauer: 6 min

Deutsche Rechenreinigungstechnik überzeugt bei Minen-Wasserkraftwerk in Papua-Neuguinea7 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Seit dem Spätsommer 2023 wird in Papua-Neuguinea der Einlaufbereich eines Kleinwasserkraftwerks, das Strom für die Ok Tedi Gold-, Kupfer- und Silbermine liefert, mit Technik „Made in Germany“ von Treibgut befreit. Zuständig für die Lieferung des neuen Rechenreinigungssystems war der ­Baden-Württemberger Branchenexperte Wiegert & Bähr Turbinen- und Stahlwasserbau GmbH, der das Referenzprojekt auf der gegenüberliegenden Seite der Erdkugel mustergültig umgesetzt hat. Der Einbau der mit drei separaten Reinigungsarmen bestückten Maschine, die den Reinigungsprozess immens beschleunigt und optimiert, musste innerhalb eines ­knappen Zeitfensters umgesetzt werden, um das Wasserkraftwerk möglichst schnell wieder aktivieren zu können. Dank der peniblen Vorbereitungen, die auch einen aufwändigen Probezusammenbau und Testlauf der Maschine in Deutschland beinhalteten, und der perfekt organisierten Montage vor Ort ging der Einbau in kürzester Zeit über die Bühne.

Kraftwerk Ok Tedi Montage RRM 122 x 162 mm
Bei der Endmontage des von Wiegert & Bähr gefertigten Rechenreinigers für das Wasserkraftwerk der Ok Tedi Mine in Papua-Neuguinea war Fingerspitzengefühl gefordert.
© Wiegert & Bähr

Das über die deutschen Landesgrenzen hinweg als kompetenter Kleinwasserkraftpartner geschätzte Unternehmen Wiegert & Bähr hat vor kurzem ein internationales Referenzprojekt erfolgreich abgeschlossen. „Viel internationaler geht es von Deutschland aus gesehen wohl nicht“, kommentiert der Geschäftsführer Markus Rest den Auftrag in Papua-Neuguinea, dem nach Indonesien und Madagaskar drittgrößten Inselstaat der Erde. Im Kern ging es bei dem Projekt um die Kompletterneuerung einer Rechenreinigungsanlage für das Wasserkraftwerk der Ok Tedi Mine, das die Energieversorgung des großen Gold-, Silber- und Kupfer-Tagebaus sicherstellt. Seinen Namen hat der Minenbetrieb vom Ok Tedi Fluss, der an der Nähe der Landesgrenze zum indonesischen Teil der Insel verläuft.

Kraftwerk Ok Tedi Mine Panorama Wasserfassung 2 122 x 91 mm
Frontansicht der Wasserfassung des Kraftwerks, die im Frühherbst 2023 nach zweimaliger Verschiebung mit neuer Rechenreinigungstechnik „Made in Germany“ ausgestattet wurde.
© Wiegert & Bähr

Neuer Partner Down Under
Der Auftrag für das Projekt in Papua-Neuguinea hat nach Aussage von Markus Rest eine längere Vorgeschichte. Die im Norden von Australien ansässige Metaval Consolidated Pty Ltd., die vorwiegend in den Sektoren Energie- und Industrie beschäftigt ist, war auf der Suche nach einem neuen Partner für die Realisierung von Wasserkraftprojekten. Metaval hatte sich bei seinem in Deutschland ansässigen Geschäftspartner nach kompetenten Branchenvertretern erkundigt. Wiegert & Bähr wurde dabei wärmstens empfohlen „Zunächst habe ich den Geschäftsführer von Metaval, Andrew Garland, vor ca. fünf Jahren auf einer Fachmesse in München getroffen. Bei dem Gespräch wurde vereinbart, dass wir unser Produktprogramm bald darauf direkt in ‚Down Under‘ vorstellen werden. 2019 sind dann mein Kollege Bernhard Wallmeyer und ich in den Flieger gestiegen und haben in Australien gemeinsam mit Andrew ­Garland und dem Metaval-Vertriebsleiter Dale Eastick eine ­ganze Reihe von ­potentiellen Kunden aus der Wasserversorgungs- und Wasserkraftbranche aufgesucht. Dabei sind wir auch beim Ingenieurbüro ‚Entura‘ vorstellig geworden, das mit der Erneuerung des Rechenreinigungssystems der Ok Tedi Mine in Papua-Neuguinea beschäftigt war. Zurück in Deutschland haben wir ein optimiertes Konzept für die Rechenreinigung dieses Projekts erstellt und dem Kunden schließlich als Angebot vorgelegt“, führt ­Markus Rest aus.

Kraftwerk Ok Tedi RRM eingebaut 122 x 162 mm
Das System gewährleistet die Reinigung des Einlaufrechens in einem einzigen Zyklus.
© Wiegert & Bähr

Einlauf in einem Durchgang sauber
Offenkundig fand das von den Wasserkraftexperten entwickelte Konzept bei den Betreibern guten Anklang, denn im Frühjahr 2021 konnte sich Wiegert & Bähr über die Zusage zur Auftragserteilung freuen. Konstruktionsleiter Michael Wiegert erläutert die Grundzüge des neuen Systems: „Bei der alten Maschine handelte es sich um ein auf Schienen fahrbares Gerät, mit dem das auf drei Segmente aufgeteilte Rechenfeld gereinigt wurde. Weil die Maschine aber immer nur an einem der drei Segmente arbeiten konnte, nahm ein kompletter Reinigungszyklus relativ viel Zeit in Anspruch. Unser Konzept bestand darin, den Vorgang durch eine Anlage mit drei nebeneinander positionierten Teleskoparmen, die das gesamte Rechenfeld in einem Zug reinigen, erheblich zu beschleunigen.“ Der für die Projektkoordination zuständige Thorsten Vonthron hebt den Faktor Zeit als eine der wesentlichen Herausforderung des Projekts vor: „Während der Umbauarbeiten am Einlaufbereich konnten die zwei Turbinen im Krafthaus nicht weiterlaufen und mussten zum Stillstand gebracht werden. Für die Stromversorgung der Mine sorgten in diesem Zeitraum mehrere Dieselaggregate, deren Betrieb aufgrund der hohen Treibstoffkosten aber so kurz wie möglich gehalten werden sollte. Verzögerungen beim Einbau des neuen Rechenreinigers waren quasi verboten, weswegen große Bemühungen im Projektvorfeld unternommen wurden, die Montage so reibungslos wie möglich zu gestalten.“

Testlauf in Baden-Württemberg
Bevor es für das komplett am Wiegert & Bähr-Unternehmenssitz in der Kleinstadt Renchen gefertigte System hochseetauglich verpackt auf die Reise ging, wurde die Anlage zu weiten Teilen im Werk zusammengebaut und ausführlichen Trockentests unterzogen. „Bei der Konzeption wurde auch hoher Wert daraufgelegt, dass das System in weit vormontiertem Zustand ausgeliefert wird, um den Einbau vor Ort möglichst schnell über die Bühne zu bringen. Dazu wurden die zentralen elektrotechnischen und ölhydraulischen Komponenten gesammelt in einem Technikschrank untergebracht, der direkt auf der Stahlkonstruktion der Maschine platziert wurde. In mechanischer Hinsicht kommen wegen der Reinigungstiefe von ca. 11 m robuste Zahnstangenantriebe zum Einsatz“, sagt Michael Wiegert, der darauf hinweist, dass das tropische Klima in Ozeanien manche Ausführungsdetails notwendig machte, die in anderen Weltgegenden keine Rolle spielen würden. So verfügen die verbauten elektrotechnischen Komponenten und Hydraulikanlagen aufgrund der konstant hohen Luftfeuchtigkeit über besonders hochwertige Isolierungen. Diverse Kabelstränge erhielten zusätzlichen Schutzwicklungen, um potentielle Schäden durch Nagetierverbiss zu vermeiden.

Kraftwerk Ok Tedi Mine 122 x 91 mm
Die Mine hat ihren Namen vom Ok Tedi Fluss, der auf seinem Verlauf in der Nähe zum Nachbarland Indonesien an manchen Abschnitten eine natürliche Landesgrenze bildet.
© Wiegert & Bähr
Kraftwerk Ok Tedi Mine RRM Montage 2 122 x 162 mm
Für den Einbau des neuen Rechenreinigungssystems standen nur drei Tage zur Verfügung. Durchgeführt wurde die Montage kooperativ von lokalen Kräften und Wiegert & Bähr-Technikern.
© Wiegert & Bähr

Flexibilität gefragt
Nach der erfolgreichen Werksabnahme konnte die in zwei Containern verpackte Anlage im Februar 2022 vom Rotterdamer Hafen nach Brisbane verschifft werden, was mit einem Zwischenstopp in Singapur etwas mehr als einen Monat in Anspruch nahm. Bei der Koordination des finalen Einbaus galt es für Wiegert & Bähr mehrfach Flexibilität zu beweisen. Denn der ursprünglich für den Frühsommer 2022 geplante Montagetermin konnte wegen der damaligen Corona-Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden. Nach der Beendigung der Pandemie-Restriktionen war die Montage dann für den Herbst des Vorjahres vorgesehen, allerdings wurde der Einsatz aufgrund der hohen Treibstoffpreise, die zum Betrieb der Notstromaggregate für den Minenbetrieb notwendig gewesen wären, ein weiteres Mal nach hinten verschoben. Umgesetzt wurde die Endmontage, die kooperativ von Wiegert & Bähr-Technikern und lokalen Kräften durchgeführt wurde, schließlich im Spätsommer 2023. „Unsere Leute waren schon drei Wochen vor dem Einbautermin im Land und bereiteten die finale Montage exakt vor. Beim Einbau des Systems am Einlaufbereich ging man prinzipiell so vor, dass die Komponenten der neuen Anlage direkt vor der alten Maschine fertig zusammengefügt wurden. Nach der Demontage des Altbestands konnte die komplette Anlage mit der Unterstützung eines mobilen Schwerlastkrans nach vorne zum Rechenfeld gehoben, endgültig befestigt und in Betrieb gesetzt werden. Vor Ort hat das alles sehr gut funktioniert, man kann unseren Technikern und dem Personal vor Ort nur sehr gute Noten ausstellen“, betont Projektkoordinator Thorsten Vonthron.

Kraftwerk Ok Tedi Fertigung RRM verpackt 122 x 68 mm
Im Anschluss an den Probelauf der Maschine wurden die Komponenten hochseetauglich verpackt und in zwei Containern auf die Reise nach Übersee geschickt.
© Wiegert & Bähr

Gerne wieder internationale Aufträge
Geschäftsführer Markus Rest zeigt sich ebenfalls sehr zufrieden mit dem Ergebnis des ersten Wiegert & Bähr-Projekts auf der anderen Seite der Erdkugel: „Es ist natürlich sehr erfreulich, dass wir mit der Firma Metaval einen neuen Kunden bzw. Partner mit internationalem Background dazugewinnen konnten. Im Rahmen der Projektumsetzung dürften wir einen guten Eindruck hinterlassen haben, seit der Inbetriebnahme des Rechenreinigers gab es ausschließlich positive Rückmeldungen über dessen Funktionalität und die gesammelten Betriebserfahrungen in der Praxis. Die beträchtlichen Aufwände wie der Probezusammenbau und Testlauf der Maschine bei uns im Werk und die generell sorgfältige Projektkoordination haben sich definitiv bezahlt gemacht. Mit dieser Referenz im Hintergrund bin ich davon überzeugt, dass wir bald wieder international in Erscheinung treten werden.“ In diesem Zusammenhang lässt der Geschäftsführer nicht unerwähnt, dass Wiegert & Bähr im internationalen Sektor auch schon in Afrika seine Kompetenz unter Beweis stellen konnte: „Seit gut drei Jahren sind wir als Subauftragnehmer am Nangbeto-Staudamm in Togo aktiv. Dort wird über einen längeren Zeitraum hinweg – durch die Corona-Pandemie hat sich das Projekt noch weiter in die Länge gezogen – der komplette Stahlwasserbau eines vom Stausee gespeisten Großwasserkraftwerks revidiert.“

Erschienen in zek HYDRO Ausgabe 6/2023

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