Ökologie Technik

Erste DIVE-Turbine mit Hybridbetrieb: neues Regelungskonzept für höchste Wirkungsgrade5 min read

28. August 2018, Lesedauer: 5 min

Erste DIVE-Turbine mit Hybridbetrieb: neues Regelungskonzept für höchste Wirkungsgrade5 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Die Möglichkeiten der Drehzahlregelung mit Hilfe elektronischer Umrichter haben insbesondere bei stark schwankenden Energiequellen wie Wasser und Wind zu großen Fortschritten in puncto Wirkungsgradoptimierung geführt. In der Wasserkraft setzt der Hersteller DIVE Turbinen GmbH & Co. KG seit vielen Jahren auf die Technologie der Umrichterregelung: Die DIVE-Turbine ist eine doppelt geregelte Propellerturbine mit festen Laufradschaufeln und variabler Drehzahl. Obwohl die umrichterbedingten Wirkungsgradverluste sehr gering sind, kann es sich lohnen, die Umrichter bei Volllast, im Bereich von ca. 80 bis 100 Prozent Leistung, zu entkoppeln, wenn sie nicht benötigt werden.

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Juni 2018: Selbst in den Sommermonaten sieht das Kraftwerk starke Hochwasser.

Der kleine Ort Mazères liegt in Okzitanien, am Fluss Hers-Vif ca. 1 Stunde südöstlich von Toulouse. Der Beiname „Vif“ bedeutet „lebendig“ oder „lebhaft“: der Hers entspringt in den Pyrenäen und führt von dort vor allem im Winter und Frühling spektakulär große Wassermassen mit. Bedingt durch starke Regenfälle im Winter und Frühling erreichen die Pegel mit der Schneeschmelze im Frühling Höchststände. Am Standort Mazéres wurden zwischen 1875 und 2004 Wassermengen von bis zu 1500 m³/s gemessen. Als der Betreiber entschied, die Wasserkraftanlage am Standort Mazères zu modernisieren, war das Thema Hochwasserfestigkeit für die Auswahl der Turbine eines der ausschlaggebenden Kriterien. Darüber hinaus sollten die drei bestehenden Turbinen durch eine einzige, leistungsstarke Turbine ersetzt werden. Es stellte sich also die Frage nach einer sinnvollen Regelung: einerseits sollten bei wechselnden Wasserständen über dem Jahresverlauf hohe Wirkungsgrade im Teillastbereich erreicht werden. Andererseits stehen über den Zeitraum Winter-Frühling konstant hohe Wassermengen zur Verfügung, die eine doppelte Regulierung überflüssig machen würden. Zusammen mit ihrem französischen Partner 2EI Industries entwickelte die DIVE Turbinen GmbH & Co. KG eine sogenannte Hybridlösung für die DIVE-Turbine. Diese kann vollautomatisch zwischen direktem Netzbetrieb (einfache Regulierung) und Umrichterbetrieb (doppelte Regulierung) umschalten.

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Im Vollastbereich werden die Umrichter entkoppelt – der Permanentmagnetgenerator speist mit konstater Drehzahl direkt ins Netz ein. Im Teillastbereich wird die Drehzahl dem Durchfluss angepasst und der Strom über die Umrichter für die Netzeinspeisung aufbereitet.

Funktionsprinzip DIVE-Turbine und Hybrid
Die DIVE-Turbine ist eine Propellerturbine mit festen Laufradschaufeln. Die Wasserzufuhr wird über den verstellbaren Leitapparat
geregelt. Der Generator ist ein Permanentmagnetgenerator. Er befindet sich direkt oberhalb des Turbinenlaufrads und ist komplett vom Triebwasser überspült. Die Drehzahl des Generators wird dem Wasserdargebot und der Fallhöhe angepasst. Der generierte Strom wird in einem Umrichterverbund netzkonform aufbereitet: Im Generator-Umrichter wird der Wechselstrom des Generators in Gleichstrom gewandelt. Im nachgeschalteten Netz-Umrichter wird der Gleichstrom wieder in Wechselstrom gewandelt und mit dem Netz synchronisiert. Bei konstantem Durchfluss bzw. konstanten Drehzahlen ist es möglich, den Generator direkt mit dem Netz zu verbinden – die Umrichter können überbrückt werden. Lediglich eine zusätzliche Synchronisationseinheit ist notwendig. In dieser ist auch ein Generatorschutz für netzbedingte Störungen integriert. Die DIVE-Hybridturbine kombiniert die Vorzüge der einfach und doppelt regulierten Propellerturbine: in Teillast – bei schwankenden Abflüssen und Fallhöhen – wird die Turbine mit Umrichtern, d.h. mit variabler Drehzahl und damit doppelt reguliert betrieben. In Volllast werden die Umrichter überbrückt und die Turbine speist mit konstanter Drehzahl ohne Umrichterverluste direkt ins Netz ein und somit nur einfach reguliert betrieben. Konkret bedeutet das, dass die Turbine im Wasserkraft Mazères im Volllastbetrieb von 100 bis ca. 80 Prozent der installierten Leistung mit fester Drehzahl, d.h. ohne Umrichterverluste läuft. Unter 80 Prozent Leistung werden die Umrichter zugeschaltet und die Drehzahl zur Wirkungsgradoptimierung angepasst. Die Umschaltung erfolgt vollautomatisch.

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Fertig montierte und getestete DIVE-Turbine beim Abtransport aus dem Werk in Amorbach. Die Turbine wird als eine Einheit transportiert und vor Ort innerhalb weniger Stunden eingebaut.

Modernisierung mit minimalen Aufwand
Die Bauarbeiten zur Kraftwerksmodernisierung begannen im August 2017. Aufgrund der Bauart der DIVE-Turbine als eine kompakte, schwingungsarme Einheit aus Generator und Turbine kann diese einfach in bestehende Bauwerke integriert werden. Lediglich eine Schnittstelle verbindet die Turbine mit dem Bauwerk. Risiko und Kosten im Hinblick auf das Bauwerk sind minimal. Der Einbau der Turbine im Kraftwerk Mazéres war daher nach nur wenigen Stunden abgeschlossen: Die Turbine wurde komplett vormontiert eingehoben und mit dem Bauwerk verbunden. Schaltschränke und Hilfsaggregate wurden im vorhandenen Maschinenhaus untergebracht. Das Kraftwerk konnte Anfang März direkt in Probebetrieb gehen und für den Dauerbetrieb eingefahren werden. Die Umschaltung von Umrichter- auf direkten Netzbetrieb ist kaum wahrnehmbar. Die Turbine hat eine Maximalleistung von 400 kW.

 

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Die Inbetriebnahme bei Hochwasser. Der neue Flachrechen ist komplett überspült.

Hochwasserfestes Design
Bereits bei der Inbetriebnahme wurde den Ingenieuren der DIVE Turbinen GmbH & Co. KG ein eindrückliches Bild von den Wassermassen des Hers-Vif präsentiert: Das Hochwasser reichte bis zu den Gitterrosten über der Turbinenkammer. Aufgrund der Konstruktion der DIVE-Turbine mit komplett überspültem Permanentmagnetgenerator stellen Hochwasserereignisse jedoch kein Risiko für die Komponenten und den Kraftwerksbetrieb dar: Die Kombination aus Permanentmagnetgenerator, robustem Propellerlaufrad und Umrichtertechnologie, erlauben auch einen dauerhaften Betrieb bei Durchgangsdrehzahl, so dass große Wassermengen das Kraftwerk auch im bei Netzausfall zuverlässig passieren können.

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Das Kraftwerk Mazères im Probebetrieb bei Hochwasser. Die Turbine-Generator-Einheit befindet sich unterhalb des Rechenreinigers. Dadurch ist der Platz- und Materialbedarf für das Bauwerk minimal.

Ökologie
Um die Durchgängigkeit flussabwärts sicherzustellen, wurde im Zuge der Modernisierung ein Rechen mit Bypass eingebaut. Der Rechen ist sehr flach angestellt und verfügt über Abstiegsöffnungen, die in einen dauerhaft beaufschlagten Bypasss führen. Darüber gelangen flussabwärts migrierende Fische an der Turbinenkammer vorbei ins Unterwasser. Für Fische, die trotz Feinrechen in die Turbinenkammer geraten, stellt die DIVE-Turbine nur ein minimales Risiko dar: als Propellerturbine mit festen Laufschaufeln ist sie komplett spaltfrei und die Gefahr eines Einklemmens somit ausgeschlossen. Auch die Kollisionswahrscheinlichkeit für Fische mit rotierenden Schaufeln ist sehr gering, da die festen Schaufeln in jedem Betriebszustand maximal weit geöffnet sind. Im Teillastbereich sind darüber hinaus die Drehzahlen niedrig, so dass ein einfaches Durchschwimmen möglich ist. Die Konstruktion der DIVE-Turbine mit überspültem Generator erlaubt es, dass der Bauraum über der Turbine für den Rechenreiniger genutzt werden kann. Somit ist die gesamte Grundfläche des Kraftwerks mit flach angestelltem Rechen und Turbine inkl. Generator minimal. Damit sind auch die Kosten und Risiken für das gesamte Bauwerk äußerst gering – bei höchsten Wirkungsgraden in Teil- und Volllast und einem fischfreundlichen Anlagenbetrieb.

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