Technik

Francis EVO liefert die technische Antwort auf veränderte Umweltbedingungen7 min read

31. August 2023, Lesedauer: 6 min

Francis EVO liefert die technische Antwort auf veränderte Umweltbedingungen7 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Mit seiner EVO-Turbinenreihe ist es dem oberösterreichischen Wasserkraftspezialisten Global Hydro gelungen, eine beachtliche technische Weiterentwicklung der drei bekanntesten Turbinentypen zu realisieren. Analog zur Natur, die evolutiv Anpassungen an sich verändernde Umweltbedingungen hervorbringt, wurde die neue Francis EVO so konzipiert und entwickelt, dass sie optimal an die durch den Klimawandel zusehends veränderten Abflussbedingungen der Gewässer angepasst ist. Sie kann überall dort noch wirtschaftlich betrieben werden, wo konventionelle Francis-Maschinen an ihre Grenzen kommen. Darüber hinaus stellt sie dank ihrer optimierten Wirkungsgradkennlinie eine höchst wirtschaftliche Alternative zu den bekannten Zwei-Maschinen-Lösungen dar. Global Hydro beweist mit dieser bislang am Markt einzigartigen Francis-Variante einmal mehr seinen Innovationsgeist und seine Vorreiterrolle in Forschung und Entwicklung für moderne Wasserkrafttechnik.

Francis Evo Vergleich_coloured
Im Vergleich zu einer typischen Zwei-Maschinen-Lösung im
Verhältnis 2/3 zu 1/3 spart die Baukubatur für die neue
Francis EVO bis zu 40 Prozent.
© Global Hydro

Die Auswirkungen der Klimakrise sind weltweit zu spüren und haben natürlich auch längst die Wasserkraftnutzung erfasst. „Wir sehen es an den aktuellen Abflusskurven zahlreicher Flüsse und Bäche. Sowohl die Trockenperioden als auch die Hochwässer werden mehr und ausgeprägter. Das wirkt sich selbstverständlich auch auf den Kraftwerksbetrieb aus“, erklärt Thomas Eder, Leiter der Abteilung „Production and Product Development“ beim oberösterreichischen Wasserkraftallrounder Global Hydro. Diese Extremsituationen führen dazu, dass die Betriebspunkte vieler Kraftwerke je nach Extremsituation entweder massiv über- oder unterschritten werden. „Kraftwerke mit konventionellen Francis-Turbinen müssten bei Wassermengen von unter 30 Prozent eigentlich abgestellt werden, um hydraulische Belastungsphänomene wie Teillastwirbel und Teillast­zopf sowie die in der Folge auftretende Kavitation an der Maschine zu vermeiden. In der Praxis geschieht das aber häufig nicht, was massive Folgen auf die Lebensdauer einer Maschine hat“, ergänzt Eders Kollege Thomas Sageder, Area Sales Manager bei Global Hydro. Beide sind überzeugt: Der Klimawandel verändert die Abflusskurven der Gewässer.

 

Kennlinie der Francis erweitert
In der Regel liegt die klassische Kennlinie einer herkömmlichen Francis-Turbine zwischen 50 und 100 Prozent, wo sie gute bis sehr gute Wirkungsgrade aufweist. Um auf die geänderten Abflussbedingungen reagieren zu können, brauche es heute aber Francis-Maschinen, die man auch noch bis auf 10 Prozent hinunter sicher und effektiv betreiben kann. Diese Kennlinie der Francis-Turbine in Richtung Teillast zu verschieben, ohne die bekannt hohen Spitzenlast-Wirkungsgrade zu gefährden, nahmen die Ingenieure von Global Hydro als Ausgangsidee für ein neues Konzept der Francis-Maschine. Entstanden ist die Idee bereits vor der Corona-Pandemie im sogenannten HydroLab, einer Abteilung übergreifenden Entwicklungseinheit bei Global Hydro, die für alle drei Varianten – also Kaplan-, Pelton- und Francis-Turbine – neue wegweisende Weiterentwicklungen realisieren konnte. ­Modellversuche, weiterführende, intensive CFD-Studien und schließlich eine umfassende Machbarkeitsstudie bereiteten den Weg für die neue Francis EVO. Worauf das völlig neuartige und am Markt bisher einzigartige technische Konzept der Francis EVO beruht, darüber hüllen sich die beiden Experten von Global Hydro verständlicherweise in Schweigen. Nur so viel können Thomas Eder und Thomas Sageder verraten: „Es handelt sich vom Grundprinzip her immer noch um eine Francis-Turbine. Wir arbeiten auch nicht mit etwaigen Francis-Flügel-Verstellmechanismen, erfahrungsgemäß funktioniert das ohnehin eher schlecht als recht. Fest steht, dass wir dieses neue Designkonzept mit etlichen Spezialisten durchdiskutiert und durchgerechnet haben – und die ebenso überzeugt davon sind wie wir.“

Francis EvoEfficiency_Production Comparison
Im Jahresvergleich liefert die Francis EVO um rund 10 Prozent mehr Strom als die konventionelle Variante.
© Global Hydro

Alternative zur Zwei-Maschinen-Lösung
Im Hinblick auf die Einsatzbereiche in der Praxis tun sich mit der neuen Francis EVO neue, interessante Perspektiven auf. Für den Greenfield Bereich, also den Neubausektor, kommt mit der Francis EVO zum ersten Mal eine höchst sinnvolle Alternative zur häufig verwendeten 2/3-zu-1/3-Lösung ins Spiel. „Auf Basis gewisser Abflusskurven haben sich die Zwei-Maschinen-Lösungen im Verhältnis 2/3 zu 1/3 vielfach bewährt und kommen immer noch regelmäßig zur Umsetzung. Da ist bei professioneller technischer Ausführung auch eine sehr gute Jahresproduktion zu erwarten“, führt Thomas Sageder aus und erläutert im selben Atemzug die wesentlichen Unterschiede zur Francis EVO: „Aber: Dafür braucht es nicht nur zwei Maschinen, sondern auch zwei Generatoren, eine Verteilrohrleitung, zwei Hydrauliksysteme und zwei Steuerungseinheiten – und darüber hinaus ein großes Maschinenhaus.“ Im Vergleich zur größeren Maschine der Zwei-Turbinen-Lösung ist die Francis EVO zwar ein wenig größer, dafür aber hat man nur eine einzige Maschine und ein Krafthaus, das um bis zu 40 Prozent kleiner gebaut werden kann. Alleine über die Baukosten sind somit massive Einsparungen möglich. Hinzu kommt, dass gerade in Mitteleuropa und Skandinavien das Thema Bodenversiegelung eine immer größere Rolle spielt. Daher: Je kompakter ein Maschinenhaus, desto besser. „Wir haben eine Vergleichsrechnung von Francis EVO versus einer Zwei-Maschinen-Lösung für ein Projekt in Skandinavien durchgerechnet. Unseren Auswertungen zufolge lag die zu erwartende Jahresproduktion bei der Francis EVO zwar unter jener der 2/3–1/3–Drittel–Anlage, aber alleine die Mehrkosten für deren Baustruktur würden sich erst nach über 20 Jahren amortisieren. Das überlegen sich viele Kraftwerksbetreiber“, gibt Global Hydro Geschäftsführer Richard Frizberg zu bedenken. Außerdem kann man davon ausgehen, dass im Vergleich zu einer Zwei-Maschinen-Lösung die Instandhaltungskosten um mindestens 30 Prozent geringer ausfallen.

Einfaches Upgrade zur Francis EVO
Eine ebenso vielversprechende Einsatzmöglichkeit für die neue Francis EVO liegt in ihrer Upgrade-Funktion für bestehende Maschinensätze. Es sei möglich – so die Ingenieure von Global Hydro – bestehende Francis-Turbinen zu einer Francis EVO umzubauen. „Prinzipiell betrifft das bevorzugt natürlich Maschinen von Global Hydro. Wir sind aber auch in der Lage, Maschinen anderer Fabrikate zu adaptieren. Unter der Voraussetzung, dass uns dafür alle erforderlichen Daten vorliegen und wir mit unserem HEROS-System die Regelung übernehmen“, so Thomas Eder. Er räumt ein, dass die Regelung der Francis EVO nicht ganz trivial sei. „Aber der Vorteil ist, dass wir mit dem HEROS eine optimale Lösung bieten und durch die Ferndiagnose über HEROS Connect dem Kunden in jeder Situation Unterstützung anbieten können.“
Der Umbau an sich stelle, so Thomas Sageder, keinen allzu großen Aufwand dar, weder technisch noch finanziell. „Im Prinzip werden einfach die gesamte Leitapparat-Batterie und das Laufrad getauscht, alles andere wird belassen. Die Investition lässt sich leicht abschätzen und gut durchkalkulieren. Bisher hatten wir noch kein Projekt gerechnet, bei dem sich durch den Einsatz der Francis EVO kein Vorteil ergeben hätte“, ist Thomas Sageder überzeugt.

Wirtschaftlich ab 1 Megawatt
Natürlich handelt es sich auch bei der neuen Francis EVO nicht um die vielzitierte „eierlegende Wollmilchsau“. Auch sie hat ihre Einschränkungen und Limits. „Wir können sie baulich nicht extrem verkleinern. Das untere Limit liegt hierbei etwa bei einer 200 kW-Maschine. Allerdings gilt es auch zu beachten, dass sie wirtschaftlich erst ab etwa 1 MW Sinn macht. Nach oben hin wird sie durch die Fallhöhe, respektive Langsamläufigkeit begrenzt. Grundsätzlich ist die Francis EVO für mittlere bis niedrige Francis-Leistungsbereiche ko­n­zipiert“, erklärt Geschäftsführer Richard ­Frizberg. Grundsätzlich sei der Einsatz stets projektspezifisch abzuwägen, erklärt er und ergänzt: „Wir haben heute die Möglichkeit, dem Kunden Lösungen aus einem sehr breiten Portfolio anzubieten. Und unser Ziel ist es, die bestmögliche Lösung für den Kunden zu finden.“ Das Augenmerk auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojektes zu legen, stand als Grundprämisse hinter der Entwicklung aller drei Turbinen: Kaplan EVO, Pelton EVO und nun Francis EVO. Daher verbindet auch alle drei Varianten, dass sie massiv zur Reduktion der Baukosten beitragen. Denn – wie meint Thomas Sageder so treffend: „Gebäude produzieren keinen Strom.“

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Die neue Francis EVO wurde in der hauseigenen Entwicklungsabteilung von Global Hydro, dem HydroLab, erdacht und zur Marktreife geführt.
© Global Hydro

Francis EVO vor Markteinführung
Im Hinblick auf die Veränderungen durch den Klimawandel möchten die Wasserkraftspezialisten ihre Kunden verstärkt sensibilisieren. „Viele sind sich der veränderten Abflussbedingungen gar nicht bewusst. Anderen wiederum ist das Problem bewusst und sie akzeptieren einfach die auftretenden Produktionsverluste. Dass es technisch dafür eine geeignete Lösung gibt, wissen viele nicht“, so Thomas Eder.
Nach Angaben von Global Hydro ist die Francis EVO bereits vollständig marktreif. Ein erster Prototyp kann nun gebaut werden. Aktuell ist sie Bestandteil mehrerer Ausschreibungsverfahren, ein Projekt stehe derzeit gerade vor dem Abschluss. Dass die neue Francis EVO gekommen ist, um zu bleiben, und sich ihre Marktposition erobern wird, davon sind die Ingenieure von Global Hydro überzeugt. Und auch davon, dass Nachahmer in der Branche das neuartige Konzept früher oder später wohl abkupfern werden. „Unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung hat mit der Francis EVO einmal mehr gezeigt, dass Global Hydro zu den aktivsten Impulsgebern in der Wasserkraft gehören. Wir waren auch die Ersten am Markt, die Francis-Laufräder aus dem Monoblock gefräst haben. Das ist heute Standard“, zieht Geschäftsführer Richard Frizberg einen passenden Vergleich.

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