Innovative Strom-Boje stellt ihre Stärken in der Wachau an der Donau unter Beweis6 min read
Lesedauer: 4 MinutenKurz vor der Serienreife steht die innovative, für den Einsatz an mittleren und großen Flüssen entworfene Strom-Boje® der niederösterreichischen Aqua Libre GmbH.
Zu verdanken ist dies in erster Linie Fritz Mondl, der das Konzept des direkt im Fluss platzierten Strömungskraftwerks entwickelt und während der vergangenen ca. 15 Jahre kontinuierlich verbessert hat. Das mit dem Energy Globe und dem Österr. Klimaschutzpreis ausgezeichnete System bietet dank seiner universellen Einsatzfähigkeit, ökologischen Unbedenklichkeit und der konstruktionsbedingten Hochwassersicherheit eine Vielzahl von Anwendungsszenarien. Bei der jüngsten Weiterentwicklung der Strom-Boje® holte sich Fritz Mondl tatkräftige und fachliche Unterstützung von der Bilfinger Industrial Services GmbH. Die international renommierten Industrie- und Stahlbauexperten vom Standort Linz sorgten für die Generalsanierung des letzten Prototyps und die strömungstechnische Optimierung des schwimmenden Kleinwasserkraftwerks. Darüber hinaus fertige Bilfinger das als Katamaran konzipierte Transportschiff „Edith 2“ für die Montage- und Wartungseinsätze der Strom-Boje®.
Als Wassersportler und Ruderer weiß der federführende Entwickler der Strom-Boje® Fritz Mondl bestens über die Kraft des nassen Elements Bescheid. Dieses Wissen, gepaart mit seinem Erfindungsgeist, Kooperationen mit verschiedenen Universitäten, Geschäfts- und Technikpartnern sowie ausführliche Praxistests an der Donau und am Rhein führten dazu, dass die Strom-Boje® nach rund 15 Jahren Entwicklungszeit kurz vor der Serienreife steht. Für den wirtschaftlichen Rahmen des Projekts gründete Fritz Mondl die Aqua Libre GmbH, deren Beteiligungsmodell eine ganze Reihe von Mitgesellschaftern und Unterstützern hinter sich zählt. Der Erfinder beschreibt das Konzept der Strom-Boje® auf der Aqua Libre- Webseite als das weltweit leistungsstärkste, wirtschaftlichste – und als einziges sogar Jahrhunderthochwasser widerstehende – Strömungskraftwerk im Fluss.
Schwimmendes Kleinwasserkraftwerk mit großem Potential
Wie die Bezeichnung Boje verrät, schwimmt das in einer Stahlkonstruktion verbaute Kleinwasserkraftwerk direkt im Fluss, wobei eine am Grund befestigte Kette als Verankerung dient. Konzipiert wurde das System zur Stromerzeugung an größeren Gewässern wie Donau, Rhein oder Inn, wobei prinzipiell auch Einsätze an kleineren Flüssen möglich sind. Mit ihrem bewusst langsam drehenden Rotor DN2500 in 2-flügeliger Ausführung schafft eine Strom-Boje® bei einer Strömung von 3,6 m/s eine Nennleistung von bis zu 100 kW. Für die eigentliche Stromgewinnung kommt ein direkt mit der Rotorwelle gekoppelter Permanentmagnet-Generator mit Spitzenwirkungsgraden zum Einsatz. Der erzeugte Strom gelangt durch Kabel ans Ufer, wird dort von einem Transformator auf Netzspannung umgewandelt und kann im Anschluss direkt ins öffentliche Netz eingespeist bzw. zur Elektrizitätsversorgung einer Wohnsiedlung oder eines Gewerbebetriebs verwendet werden. Abhängig von der Qualität des Standorts – sprich einer idealerweise hohen Strömungsgeschwindigkeit – kann das Kleinwasserkraftwerk bis zu rund 350.000 kWh Ökoenergie im Regeljahr produzieren. Und das mit den geringsten möglichen ökologischen Auswirkungen. Die funktionsbedingt knapp unter der Wasseroberfläche schwimmende Boje hat nachweislich keine negativen Folgen auf die Fischpopulation oder die Gewässerökologie. Außerdem beeinträchtigen Hochwassersituationen die Strom-Boje® in keinster Weise: „Ganz im Gegenteil, wir freuen uns sogar, wenn Hochwasser herrscht, da kommt richtig viel Strom aus dem Kabel, und die Anlage wird von der starken Strömung komplett gereinigt“, sagt Fritz Mondl, der weiter ausführt, dass sich die Strom-Boje® bei steigendem Wasserpegel automatisch der Strömungssituation anpasst und keineswegs in Turbulenzen gerät, wie so manche Projektzweifler zu Beginn der Entwicklung orakelten.
Linzer Stahlbauprofis am Werk
Für das jüngste strömungstechnische Update seiner Erfindung holte sich Fritz Mondl Unterstützung von einem österreichischen „Big Player“ am Industriesektor, der national und international einen hervorragenden Ruf genießt. Gemeint ist die Bilfinger Industrial Services GmbH, die im Geschäftsfeld Wasserkraft in den drei Kernbereichen Druckrohrleitungen und Panzerungen, Stahlwasserbau sowie Turbinen und Armaturen aktiv ist. Zur Bilfinger-Referenzliste bei Wasserkraft-Großprojekten zählten in den letzten Jahren unter anderem die Herstellung der Druckschachtpanzerungen bis zu DN6000 beim Bau des Obervermuntwerk II in Vorarlberg oder die Fertigung von zwei jeweils 44 m breiten Wehrklappen für den Ersatzneubau des Wasserkraftwerks Traunleiten in Oberösterreich. Darüber hinaus hat sich Bilfinger einen Namen als Spezialist bei der Konstruktion und Fertigung von Sonderprojekten erarbeitet. Beispielsweise bei Aufträgen für die voestalpine AG, die das Know-how der ebenfalls in Linz ansässigen Stahlbauexperten bei der Fertigung von Prototypen abseits vom Hydro-Bereich zu schätzen weiß.
Strom-Boje® revitalisiert und optimiert
„Das Projekt Strom-Boje® bleibt mir mit Sicherheit als interessanter Auftrag in Erinnerung“, so Bilfinger-Projektleiter Franz Bacher: „Wir haben die Strom-Boje, die zuvor für längere Zeit in Deutschland im Mittelrhein im Einsatz war, Anfang 2020 zur Komplettsanierung ins Werk bekommen und haben diese gemäß den Vorgaben und in enger Zusammenarbeit mit Herrn Mondl wieder in Stand gesetzt. Im Prinzip wurde diese eigentlich komplett neu aufgebaut. Dank mehrerer Umbauten haben wir eine ganze Reihe von Verbesserungen erzielt, die in weiterer Folge eine deutliche Leistungssteigerung zur Folge hatte.“ Darüber hinaus fertigten die Linzer ein neues Transportschiff für die Strom-Boje®, das für Montage- und Wartungseinsätze zum Einsatz kommt. Die „Edith 2“ wurde als Katamaran mit zwei separaten Schwimmkörpern konzipiert und ist mit ihren beiden jeweils 60 PS-starken Außenbordmotoren in der Lage, bis zu 30 t schwere Lasten gegen die Strömung zu manövrieren. Für das Ein- und Ausheben der Boje sorgen zwei auf dem Schiff montierte Portalkräne, mit denen die ca. 7 t wiegende Strom-Boje® und sogar das gesamte Bohrequipment mit 15 t auf und im Wasser punktgenau bewegt werden können. An ihren niederösterreichischen Bestimmungsort in die Wachau ging es für das neue Schiff und die komplett sanierte Strom-Boje® schließlich im Jänner 2021. Vom direkt neben dem Bilfinger-Werksgelände gelegenen Hafenzugang der Firma Felbermayr erfolgte der Transport nach Kienstock in der Wachau naturgemäß auf dem Wasserweg. In naher Zukunft sollen dort zwei aus insgesamt acht schwimmenden Kleinkraftwerken bestehende Strom-Bojen®-Parks in die Realität umgesetzt werden.
Projekt kooperativ umgesetzt
Der Strom-Bojen®-Entwickler stellt den Stahl- und Wasserkraftexperten der Bilfinger Industrial Services GmbH ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. „Ich habe von Beginn an gemerkt, dass bei Bilfinger ein äußerst fähiges Team aus jungen Technikern und erfahrenen Fachleuten am Werk ist, die das Projekt 1a betreut haben. Die Zusammenarbeit hat auf einer gegenseitig wertschätzenden Basis top funktioniert.“ Franz Bacher zieht ebenfalls ein positives Fazit: „Die stahlbauliche Revitalisierung und die strömungs-hydraulischen Anpassungen führten zu einer grundlegenden Optimierung des System. Es handelt sich um ein weit ausgereiftes und durchdachtes System, das dank des geringen Montage- und Wartungsaufwands, der Umweltfreundlichkeit und nicht zuletzt wegen der lukrativen Energieausbeute für Investoren hochinteressant sein dürfte. Wenn die Strom-Boje® nach Abschluss der ausführlichen Testphase hoffentlich bald in Serien gehen kann, stehen wir auf alle Fälle als Fertigungs- und Technologiepartner gerne zur Seite – in Österreich und international.“
Zwei Strom-Bojen-Parks® in der Wachau geplant
Fritz Mondl hat große Erwartungen auf die Auswirkungen des von der österreichischen Bundesregierung beschlossenen Gesetzesrahmens für den Sektor der Erneuerbaren Energien. Der Entwickler hofft, dass sich die Einspeisebedingungen für die Betreiber von Ökostromanlagen maßgeblich verbessern und die Erzeugung von sauberer Energie dem Aufwand entsprechend zukünftig fair vergütet wird. Aktuell freuen sich Fritz Mondl und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Aqua Libre GmbH über den seit rund acht Monate problemlos laufenden Betrieb der Strom-Boje® in der Wachau rund 10 km flussaufwärts von Krems. In der nahen Zukunft plant die Aqua Libre GmbH die Inbetriebnahmen von zwei „Bojen-Parks“ mit jeweils vier Strom-Bojen® im Bereich der Gemeinden Kienstock und dem ca. 5 km entfernten Spitz an der Donau.
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