Ökologie Technik

Kleines Kraftwerk – großes Potenzial6 min read

2. April 2018, Lesedauer: 5 min

Kleines Kraftwerk – großes Potenzial6 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Die Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtline erfordern vielerorts eine Erhöhung der Restwassermenge. Dank innovativer fischfreundlicher Systeme gibt es die Möglichkeit, das Restwasser auch energetisch zu nutzen. Die DIVE Turbinen GmbH & Co. KG hat ein sehr kompaktes, kombiniertes Rechen-Turbinensystem entwickelt, mit welchem Restwasserpotentiale effektiv genutzt werden können. In Frankreich wurde 2017 ein Restwasserkraftwerk in Betrieb genommen, bei dem eine fischfreundliche DIVE-Turbine nicht nur saubere Energie, sondern gleichzeitig die Lockströmung für den nebenliegenden Fischpass erzeugt. Ein Feinrechen mit Abstiegsöffnungen und automatischem Rechenreiniger runden das Konzept ab.

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Blick vom Oberwasser mit Wehr (linker Bildrand), Fischpass (links) und Einlaufkanal mit Feinrechen, Rechenreiniger und Abstiegskanal (rechts).
© DIVE

Die Ariége entspringt hoch oben in den Pyrenäen nahe der Grenze zu Andorra. Zahlreiche Gewässer fließen ihr zu, bis sie vor Toulouse in die Garonne mündet. Sie ist ein fischreiches Gewässer mit einer langen Wasserkrafttradition. Das Kraftwerk Las Rives liegt etwa eine Autostunde südlich von Toulouse. Mit drei Francis-Turbinen und einer DIVE-Turbine hat das Hauptkraftwerk eine installierte Leistung von über drei Megawatt. Vor dem Zulaufkanal befindet sich das Wehr, über das ein Teil der Gesamtwassermenge als Restwasser im naturbelassenen Flusslauf der Ariége fließt. Mit der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie musste 2017 die Restwassermenge am Wehr erhöht werden. Die DIVE Turbinen GmbH & Co. KG entwickelte gemeinsam mit dem lokalen Partner SAS 2EI Industries ein Konzept, durch welches das Restwasser bei minimalen Investitionskosten effektiv genutzt wird um max. 110 kW elektrische Leistung zu erzeugen und der Fischab- und -aufstieg gleichzeitig gewährleistet wird.

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DIVE-Turbine für das Kraftwerk Las Rives mit fischfreundlichem Laufraddesign.
© DIVE

Konstanter Abfluss – einfach regulierbare Turbine
Da die Wassermenge für den Fischabstieg über das gesamte Jahr gewährleistet werden muss, ist die Abflussmenge konstant, lediglich die Fallhöhe schwankt abhängig vom Gesamtabfluss der Ariége. Die Ingenieure entschieden, dass eine hocheffiziente einfach regulierte Turbine für diesen Standort die beste Variante darstellt. Dabei handelt es sich um eine Propellerturbine mit festen Laufradschaufeln, bei der nur die Schaufeln des Leitapparats verstellbar sind. Bei Kraftwerken mit variierenden Abflüssen ist die DIVE-Turbine doppelt reguliert über eine Verstellung der Drehzahl. Diese Drehzahlverstellung wird über moderne Umrichtertechnik realisiert. Bei der drehzahlfesten DIVE-Turbine, wie im Falle der Restwasserturbine, kann auf die Investition in Umrichtertechnik verzichtet werden, da die Drehzahl von Turbine und Generator direkt mit der Netzfrequenz synchronisiert wird. Diese effiziente Kombination, bestehend aus projektspezifischem hochpoligen Permanentmagnet-Generator und direktverbundener Turbine, erreicht Gesamtwirkungsgrade von über 85 Prozent vom Wasser bis zum Netz, was in dieser Leistungsklasse (Pmax=110 kW) außerordentlich ist. Einfach  regulierte Turbinen eignen sich für Standorte mit überwiegenden Abflüssen im Bereich von 80-100 Prozent der maximalen Ausbauwassermenge, zum Beispiel auch für Standorte mit mehreren Turbinen, wenn bereits doppelt regulierte Turbinen zur Abflussregelung vorhanden sind.

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Vollständig vorinstallierte und getestete Turbinen-Generator-Einheit während der eintägigen Installation.
© DIVE

Fischfreundliche Auslegung der Turbine
Da die DIVE-Turbine im Kraftwerk Las Rives in einem ökologisch besonders sensitiven Bereich installiert wurde und sich sowohl Fischabstieg als Fischaufstieg in direkter Nähe befinden, war es wichtig, dass eine besonders fischfreundliche Turbine zum Einsatz kommt. Um eine möglichst kleine Turbinendrehzahl zu realisieren, wurde ein Laufrad mit vergrößertem Durchmesser gewählt. Dadurch konnte die Drehzahl um 33 Prozent verringert werden. Statt eines eher kurzen Laufrads mit fünf Schaufeln haben die Ingenieure von DIVE ein deutlich längeres Laufrad mit drei Schaufeln entworfen. Dadurch wird das Kollisionsrisiko für eventuell einschwimmende Fische erheblich reduziert – bei gleichbleibend hohem hydraulischen Wirkungsgrad. Die festen Laufradschaufeln der DIVE-Turbine gewährleisten ein sicheres Durchschwimmen der Turbine in allen Betriebspunkten: die Verbindung zwischen Laufradschaufeln und Nabe ist absolut spaltfrei. Zwischen der Außenkante der Laufradschaufeln und dem zylindrischen Mantel ist lediglich ein minimaler Spalt in jedem Betriebspunkt, da der Schaufelwinkel nicht verändert wird. Die Laufradnabe sowie der Turbinenkessel werden vollständig zylindrisch ausgeführt, was sich auch positive auf den hydraulischen Wirkungsgrad auswirkt. Insbesondere kann mit diesem Laufraddesign sichergestellt werden, dass es keine Gefahr für Fische gibt, sich einzuklemmen. Ein weiterer Vorteil der festen Laufradschaufeln ist, dass sie in allen Betriebspunkten maximal geöffnet sind. Dadurch ist der Durchschwimmkorridor jederzeit maximal groß. Es wird erwartet, dass die turbinenbedingte Mortalität im Kraftwerk Las Rives unter einem Prozent liegt. Mit dem vorgeschalteten Feinrechen mit Abstiegssystem ist die Gesamtmortalität des Kraftwerks vernachlässigbar gering, deutlich unter 1 Prozent.

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Blick vom Unterwasser mit DIVE-Turbine in der Turbinenkammer (Bildmitte), Fischpass und Wehr (rechte Bildhälfte).
© DIVE

Kombiniertes, platzsparendes Rechen-Turbinen-System
Neben der Turbinenwahl wird die Fischfreundlichkeit des Kraftwerks vor allem durch den vorgeschalteten Feinrechen bestimmt. Durch die Leitwirkung des Rechens sollen die Fische den Weg am Kraftwerk vorbei über Abstiegsöffnungen ins Unterwasser finden. Als besonders wirksam haben sich dabei sehr flach zur Sohle geneigte Feinrechen etabliert. Über Abstiegsöffnungen gelangen die Fische in einen dauerhaft beaufschlagten Spülkanal und steigen über diesen ins Unterwasser ab. Die sehr hohe Wirksamkeit der flach angestellten Rechen wird derzeit durch ein EU-Projekt unter anderem am Hauptkraftwerk Las Rives erforscht. Der Anstellwinkel des Rechens beeinflusst jedoch auch die Bauwerksgröße. Die Ingenieure der beteiligten Firmen haben daher ein platzsparendes Kompaktsystem mit Turbine, Rechen mit Abstiegsöffnungen und Rechenreiniger entwickelt, bei dem der Platz oberhalb des Einlaufs und der Turbinenkammer so genutzt wird, dass kein zusätzlicher Bauraum notwendig ist. Bei der DIVE-Turbine ist der Permanentmagnet-Generator direkt mit dem Turbinenlaufrad verbunden und befindet sich direkt über der Turbine vollständig überspült in der Turbinenkammer. Lediglich die Kabel werden aus der Turbinenkammer herausgeführt. Somit ist kein Maschinenhaus notwendig: Steuerung und Hilfsaggregate befinden sich in einem kleinen Schrank über dem Einlauf. Der Bauaufwand, die Bauzeit und damit auch die bauwerksbedingten Risiken sind auf ein absolutes Minimum reduziert. Ein weiterer Punkt ist das bestehende Hochwasserrisiko am Wehrstandort. Da Restwasseranlagen in der Regel direkt am Wehr gebaut werden, sind diese im hochwassergefährdeten Bereich. Der große Vorteil der DIVE-Turbine ist, dass diese auch bei Hochwasser betrieben werden kann und keine Gefahr für Turbine oder Generator besteht, da die Einheit ohnehin vollständig überspült betrieben wird. Dies wird durch das einzigartige und wartungsfreie Dichtsystem der DIVE-Turbine dauerhaft sichergestellt. Selbst bei gleichzeitigem Netzausfall besteht keine Gefahr für die Turbinen-Generator-Einheit, da diese gefahrlos mit Durchgangsdrehzahl betrieben werden kann. Somit und auf Grund des wartungsfreien Anlagenbetriebs, wird auch kein zusätzliches automatisches Absperrorgan (Zulaufschütz) benötigt, manuell einzuhebende Dammbalken sind ausreichend. Durch den hochwassersicheren Betrieb von Turbine und Generator und die einfache sowie äußerst kompakte Bauwerksausführung, lassen sich die bauwerksbedingten Kosten und Risiken auf ein absolutes Minimum reduzieren.

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Kompaktkonzept mit DIVE-Turbine, Feinrechen, Rechenreiniger und
Fischabstieg.
© DIVE

Kombination Fischauf- und -abstieg
Neben dem Einlaufkanal mit Fischabstieg befindet sich am Kraftwerk auch ein Fischpass für den Fischaufstieg. Der unterwasserseitige Einstieg in den Fischpass ist direkt am Auslauf des Saugrohrs, so dass eine entsprechende Lockströmung vorhanden ist und der Einstieg in den Fischpass gefunden werden kann. So ist mit dem Dotierkraftwerk Las Rives ein wegweisendes Projekt für höchste Ansprüche an Ökologie, Effizienz und Gesamtwirtschaftlichkeit entstanden. Nähere Informationen unter www.dive-turbine.de

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