Moderne Schaltanlagen für alte und neue Wasserkraftwerke vom Tiroler E-Technikspezialisten6 min read
Lesedauer: 4 MinutenIn seinem 45-jährigen Bestehen hat sich das Tiroler Unternehmen Elektro Bischofer aus Reith im Alpbachtal einen hervorragenden Ruf im Kleinwasserkraftsektor erarbeitet. Das Portfolio von Elektro Bischofer reicht von Automatisierungstechnik über elektro- und regelungstechnisches Equipment bis hin zur Lieferung von Turbinen. Neben der Ausstattung von Neuanlagen zählt auch die Revitalisierung von älteren Kraftwerken zu einem zentralen Betätigungsfeld der Tiroler. Beim Neubau eines Trinkwasserkraftwerks in der Salzburger Gemeinde Leogang und der elektrotechnischen Modernisierung des Wasserkraftwerks vom bayerischen Hofbräuhaus Berchtesgaden konnte Elektro Bischofer seine breit gefächerte Kompetenz unter Beweis stellen.
Seit der Gründung im Jahr 1978 ist das familiengeführte Unternehmen Elektro Bischofer aus dem Tiroler Unterland im Kleinwasserkraftbereich tätig. Aktuell wird der Betrieb in der zweiten Generation geführt, wobei auch schon die dritte Generation im Unternehmen tätig ist. Aktiv ist Elektro Bischofer vor allem in Österreich und dem benachbarten Bayern, außerdem wurden auf internationaler Ebene bereits mehrere Projekte in Japan realisiert. Zum Repertoire der Tiroler zählt das komplette elektro- und regelungstechnische Equipment von Wasserkraftwerken wie Schaltanlagen oder Steuerungssysteme. Darüber hinaus werden auch Pelton-Turbinen mit bis zu 200 kW Engpassleistung geliefert, die in Zusammenarbeit mit lokalen Schlossereien gefertigt werden.
Umfassendes Portfolio
„Wir bieten ein breites Sortiment für den Neubau- und Revitalisierungsbereich, wobei stets auf die individuellen Betreiberanforderungen Rücksicht genommen wird. Grundsätzlich werden alle gängigen Turbinen- und Anlagentypen mit dem notwendigen Equipment ausgerüstet. Die bislang leistungsstärkste Anlage hatte ca. 2 Megawatt, aber auch Kleinstanlagen mit einigen 100 Watt Leistung werden von uns ausgestattet. Dazwischen befindet sich unser Betätigungsfeld, das sich entsprechend vielfältig und umfangreich gestaltet“, erklärt Geschäftsführer Andreas Bischofer. Kraftwerkssteuerungen inklusive Visualisierungen und Fernzugängen werden sowohl für den Insel- als auch für den Netzparallelbetrieb angeboten. Zusätzlich können die Kunden gesicherte Datenbanken für die Speicherung und Auswertung von Betriebsdaten ihrer Anlagen nutzen. „Eine von Elektro Bischofer gefertigte Schaltanlage zeichnet sich in erster Linie durch ihre Zuverlässigkeit aus. Die verbauten Komponenten stammen von namhaften Herstellern, gewährleisten hohe Ausfallsicherheit und sind gleichzeitig sicher am Markt verfügbar. Nicht zu vergessen ist unsere flexible Herangehensweise – wir haben nicht nur ein Steuerungssystem im Angebot, sondern stimmen jede Anlage kundenspezifisch ab“, bekräftigt der Geschäftsführer. Dass dieses Credo selbstverständlich auch für Schaltanlagen aus dem Hause Elektro Bischofer gilt, haben die Tiroler bei zwei vor kurzem erfolgreich abgeschlossenen Projekten in Salzburg und Bayern bewiesen.
Neues Trinkwasserkraftwerk im Pinzgau
In der Salzburger Gemeinde Leogang wurde 2022 im Zuge der Projektierung eines neuen Hochbehälters im Ortsteil Ullach beschlossen, den Höhenunterschied von 137 m für die Errichtung eines Trinkwasserkraftwerks zu nutzen. Die komplette Ausstattung des Maschinengebäudes, bestehend aus einer 1-düsigen Pelton-Turbine und direkt gekoppeltem Generator, Bypass, Schaltanlage, Wandler- und Netzeinspeiseschrank sowie die Verrohrungen, stammt von Elektro Bischofer. Unter Volllast schafft die für 55 l/s Ausbauwassermenge ausgelegte horizontalachsige Pelton-Turbine 60 kW Engpassleistung, das jährliche Regelarbeitsvermögen liegt bei ca. 400.000 kWh Ökostrom. Um die vorrangige Trinkwasserversorgung bei Wartungsarbeiten oder Störungen der Kraftwerksanlage zu gewährleisten, wurde ein vollautomatisches Bypasssystem installiert. Dem Einsatzzweck entsprechend bestehen sämtliche vom Trinkwasser berührten Komponenten der Turbine aus lebensmitteltauglichem Edelstahl.
Reibungslose Ökostromproduktion
Die Schaltanlage des Kraftwerks besteht aus insgesamt vier Schaltfeldern, von denen sich drei im Maschinengebäude befinden. Das vierte Schaltfeld, das als Wandlerzählerverteiler für das Einspeisen des erzeugten Stroms ins Netz der Salzburg AG dient, wurde in witterungsgeschützter Ausführung neben dem Gebäude platziert. Die Schaltfelder im Inneren wurden für die Turbinenregelung, den Leistungsteil der Anlage und die Blindstromkompensation sowie für das Einspeisefeld konzipiert. „Die Steuerung des Kraftwerks sorgt für den vollautomatischen Betrieb des Kraftwerks und kommuniziert mit dem bestehenden übergeordneten Leitsystem der Gemeinde. Seit der Inbetriebnahme Ende Jänner 2023 läuft die Stromproduktion ohne nennenswerte Probleme. Alles in allem handelte es sich um ein gelungenes Projekt, das dank der guten Zusammenarbeit und Kommunikation mit den beteiligten Unternehmen und der Gemeinde während der herausfordernden Begleitumstände im Zuge der Corona-Pandemie zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden konnte“, sagt Andreas Bischofer.
Modernisierung für Bräukraftwerk
Seine Kompetenz im Revitalisierungsbereich konnte Elektro Bischofer bei der Modernisierung der Schaltanlage des Wasserkraftwerks vom Hofbräuhaus Berchtesgaden in Oberbayern unter Beweis stellen. „Bei der Anlage handelt es sich um ein Niederdruckkraftwerk mit vergleichsweise geringer Fallhöhe und hoher Ausbauwassermenge, das in erster Linie den Strombedarf der Brauerei abdeckt. Hervorzuheben bei diesem Projekt ist das Alter der beiden Francis-Turbinen, die zwischen 1922 und 1923 eingebaut wurden und gemeinsam einen einzelnen Synchron-Generator antreiben“, so Andreas Bischofer. Standardmäßig läuft das Kraftwerk im Netzparallelbetrieb, der überschüssige Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. Außerdem beherrscht die Anlage auch den Inselbetrieb. Die Leitapparate der auf jeweils 5,8 m³/s Durchfluss ausgelegten Turbinen werden von einem ebenfalls 100 Jahre alten Öldruckregler reguliert, der von Elektro Bischofer neu automatisiert wurde. Eine wesentliche Projektherausforderung bestand darin, die Komponenten eines modernen Steuerungssystems in eine Bestandsanlage zu integrieren. Darüber hinaus spielte der Faktor Zeit eine wichtige Rolle bei der Projektumsetzung. Der Einbau der neuen Komponenten fand im Herbst des Vorjahres innerhalb der 1-wöchigen Bachabkehr zwischen Ende Oktober und Anfang November statt, während der das Kraftwerk außer Betrieb genommen wurde.
Alte und neue Technik im Einklang
„Ein Hauptgrund für das Modernisierungsprojekt war die gesetzliche Vorgabe, Netzbetreibern bzw. Energieabnehmern mittels Fernwirktechnik einen Zugriff auf die Anlagensteuerung zu verschaffen. Damit kann das Wasserkraftwerk bei einem Stromüberschuss im öffentlichen Netz, der vor allem durch volatile Photovoltaik- oder Windkraftanlagen entsteht, gegebenenfalls gedrosselt oder abgeschaltet werden“, erklärt Andreas Bischofer. Neben der Modernisierung der Schaltanlage, bei der die neuen Komponenten in die bestehenden Schaltschränke eingebaut wurden, zählte auch die Automatisierung der Wasserfassung inklusive der Seilzug-Rechenreinigungsmaschine zu den Projektanforderungen. Für die Gewährleistung der Sicherheit bei Hochwassersituationen wurde eine zusätzliche Entlastungsschütze eingebaut und von den Tirolern in die Anlagensteuerung integriert. Die Wiederinbetriebnahme des Traditionskraftwerks erfolgte wie geplant am 4. Oktober des Vorjahres. „Die Revitalisierung der Anlage war ein schöner und gleichzeitig herausfordernder Auftrag für uns. Das Projekt ist ein Paradebeispiel für die mustergültige Kombination von modernem Elektro- und Regelungsequipment mit faszinierender Technik aus dem vorigen Jahrhundert“, resümiert Andreas Bischofer.
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