Neue Rechenreinigungsmaschine sorgt für freien Durchfluss im Kraftwerk Verbois5 min read
Lesedauer: 4 MinutenNach 60 Betriebsjahren wurden im Jahre 2012 beim Kraftwerk Verbois nahe Genf die Einlaufrechen erneuert. Im selben Zug entschied man sich auch das in die Jahre gekommene Rechenreinigungssystem, …
… bestehend aus zwei manuellen Maschinen, gegen eine moderne und vollautomatische Rechenreinigungsmaschine (RRM) zu ersetzen. Im Ausschreibungsprozess konnte das österreichische Unternehmen Künz überzeugen und erhielt den Zuschlag. Das neue redundant ausgeführte System sorgt für eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit, erhöht die Sicherheit und reduziert die Ausfallzeiten der Anlage. Zudem sorgt die RRM mit Portalstruktur und 7,8 m Spurweite für mehr Platz für das Betriebspersonal und entschärft ehemalige Gefahrenbereiche.
Das Kraftwerk Verbois liegt rund 10 km flussabwärts von Genf an der Rhone und ist mit vier Turbinengruppen ausgestattet. Nach über 60 Betriebsjahren wurden 2012 die Einlaufrechen des Kraftwerks aufgrund natürlicher Abnutzung ersetzt. Die Einlaufrechenanlage zählt mit einer Breite von 65 m und einer Höhe von knapp 20 m zu den größten der Schweiz – der Austausch war also keineswegs ein kleines Unterfangen. Ein Jahr zuvor wurden die Leistungen für die Lieferung einer Rechenreinigungsmaschine öffentlich ausgeschrieben. Das Vorarlberger Unternehmen Künz konnte dabei das am wirtschaftlich besten beurteilte Angebot abgegeben und erhielt den Zuschlag. Die zwei alten manuellen Rechenreinigungsmaschinen wurden nun gegen eine mit redundanter Technologie ausgeführten RRM ersetzt.
Systemwechsel
Die beiden alten RRM arbeiteten nach dem Prinzip der Greiferharke. Dieser Harkentyp ist, wie der Name schon sagt, als Greifer ausgebildet und reinigt von oben beginnend nach unten. Im Hubvorgang bleibt die Harke dabei geschlossen und kann daher kein Geschwemmsel mehr aufnehmen. Für eine gute Reinigungswirkung sind pro Meter zudem hohe Gewichte erforderlich. Dieses System wurde seinerzeit von der Traditionsfirma Jonneret aus Genf hergestellt und hat sich für den manuellen Betrieb gut bewährt. Auf Grund der nur geringen Reinigungsbreite und der Redundanz wurden zwei Maschinen benötigt. Im Gegensatz zum alten System reinigt das neue System in der Hubbewegung mit motorischer Kraft. Im Einsatz kommt hierbei eine sogenannte Schwenkharke. „Sie hat mit 3,5 m eine größere Reinigungsbreite und besitzt auch ein höheres Gewicht – beim Senken können so Widerstände und Geschwemmsel-Teppiche leichter überwunden werden“, so Ing. Samuel Wolfgang, Projektleiter RRM bei Künz.
Sanfte Bewegungen des Riesengerätes
Das Hubwerk und das Fahrwerk sind bei der Rechenreinigungsmaschine aus dem Hause Künz elektromechanisch ausgeführt. Frequenzgeregelte Antriebe sorgen für einen sanften Bewegungsablauf. Um die maximale Leistung der Rechenreinigungsmaschine abzurufen, wird bei geringer Last die Geschwindigkeit des Hubwerkes soweit hochgeregelt, bis die maximal mögliche Leistung erreicht ist.
Hohe Sicherheitsanforderungen
Das Kraftwerk ist so konzipiert, dass am höchsten Punkt eine öffentliche Verbindungsstraße darüber führt. Dies führte dazu, dass der gesamte Arbeitsbereich über eine Länge von 200 m durch eine Umzäunung abgesichert werden musste. Aus betrieblichen Gründen wurden deshalb drei Bereiche geschaffen, was gleichzeitiges automatisches Reinigen und Zusatzarbeiten in anderen Bereichen zulässt. Die verschiedenen Zutritts-Tore in die jeweiligen Bereiche werden überwacht und in die Automatik eingebunden. Neben der Überwachung der Fahrbereiche durch die RRM wurde diese auch mit einer neuartigen Einrichtung zur Erfassung von überlangem Geschwemmsel – wie etwa Baumstämmen – ausgestattet. Jeweils links und rechts der RRM ist zudem ein Portalkran situiert. Diese dienen zu Revisionszwecken und befinden sich im normalen Betrieb in den Endstellungen. Sobald diese sich unvorhergesehen in den Arbeitsbereich der RRM bewegen, wird durch eine Antikollisionseinrichtung die RRM gestoppt. Diese hohen Sicherheitsanforderungen wurden von der SUVA – Schweizerische Unfall und Versicherungsanstalt – abgenommen und für den automatisierten Betrieb freigegeben.
Geringe Ausfallzeiten
Grundidee war es von Anfang an, die Ausfallzeiten so gering wie möglich zu halten, da bisher zwei Maschinen vorhanden waren und nun nur noch eine im Einsatz ist. Spätestens nach 48 Stunden sollte die RRM nach einem Störfall wieder verfügbar sein – so die Vorgabe. Dies führte zu einem Konzept, welches auf Basis von Funktionsausfällen der RRM ausgeht – dem sogenannten MTTR System (Mean Time To Repair). In dieser Übersicht wird definiert, welche Bauteile, Komponenten und Systeme ausfallen könnten, und welche Maßnahmen in diesem Falle getroffen werden müssten. Es gibt auch Auskunft darüber, welche Teile als Ersatz bereits vorhanden sind. Ein entsprechendes Ersatzteilpaket ist vorausschauend vor Ort kurzfristig verfügbar. In diesem sind hauptsächlich Bauteile enthalten, bei denen mit hohen Wiederbeschaffungszeiten oder mit erhöhter Ausfallwahrscheinlichkeit zu rechnen ist.
Riesige Geschwemmselmengen
Das Kraftwerk Verbois ist die erste wesentliche Sperre an der Rhone nach dem Genfer See. Es fallen hier große Mengen an Geschwemmsel und Zivilisationsmüll an. Das bisherige Konzept der Entsorgung bestand aus einer Spülrinne, die das geförderte Geschwemmsel mittels Wasserschwall in das Unterwasser weiterbefördert. Die Entkoppelung der Funktionen „Reinigen“ und „Entsorgen“ wurde beibehalten, aber weiter verbessert. Die RRM ist nun in der Lage, über 20 m3 Unrat in den Zwischenspeicher aufzunehmen und weiter in den linksufrig situierten Container mit 30 m3 Fassungsvermögen abzuladen. Gleichzeitig ist der Zwischenspeicher konstruktiv so gestaltet, dass die OW-seitige Hälfte das geförderte Geschwemmsel direkt in den Spülkanal umleitet, um sofort für den nächsten Reinigungsumlauf bereit zu stehen. Die Reinigungsleistung konnte somit gesteigert werden. Der neue Rechen besitzt jedoch eine große Rechenstabteilung. Somit ist zu rechnen, dass sich größeres Geschwemmsel zwischen die Rechenstäbe einlagert und diese von der Harke an das obere Rechenende geschoben werden. Der Übergang auf die Panzerung erfolgt daher durch schräg zwischen den Rechenstäben verlaufende Blechteile. Die komplette Panzerung ist zudem aus gekanteten nichtrostenden Stahlelementen hergestellt.
Zuverlässige Datenübertragung
Für einen reibungslosen Betrieb zwischen der mobilen RRM und der Leittechnik musste eine Kommunikationstechnik installiert werden, welche in der Lage ist die vielfältigen Meldungen und Befehle zuverlässig übertragen zu können. Künz wählte hierfür eine Verbindung mittels Lichtwellenleiter (LWL). Dieser LWL ist in ein kombiniertes Energiekabel integriert. Somit war es möglich auch die Signale der auf der RRM angebrachten Kameras zu übertragen.
Wieder am Stand der Technik
In den bisherigen Betrieb konnte die Anlage die gestellten Erwartungen erfüllen und teilweise sogar übertreffen. Mit den neuen Einlaufrechen ist das Traditionskraftwerk an der Rhone wieder für die nächsten Jahrzehnte gerüstet. Mit der vollautomatischen Rechenreinigung konnte man die Anlage wieder auf den aktuellen Stand der Technik bringen, und so die Sicherheit und den freien Durchfluss wieder herstellen.
Teilen: