Oberösterreichischer Stahlwasserbauprofi bringt Traditionskraftwerke in Schuss6 min read
Lesedauer: 5 Minuten[foogallery id=”7329″]
Im Zuge von hydromechanischen Revitalisierungen wurden die beiden niederösterreichischen Kleinwasserkraftwerke Seibersdorf und Blumau mit neuen Rechenreinigungssystemen ausgestattet. Betrieben werden die Anlagen der Baujahre 1938 und 1922 von der evn naturkraft Erzeugungsgesellschaft m.b.H., einer Tochtergesellschaft der EVN Gruppe. Die Erneuerung der jahrzehntelang im Einsatz stehenden Rechenreinigungsanlagen und den dazugehörigen Schutzrechen war mit technischen Problemen des Altbestands begründet. Für die Lieferung des modernen Stahlwasserbauequipments sorgte der oberösterreichische Branchenspezialist Danner Wasserkraft GmbH, der für beide Anlagen ein zuverlässiges Technikpaket schnürte. Mit den neuen, ölhydraulisch betriebenen Rechenreinigungsmaschinen in Teleskoparm-Ausführung sind die beiden Traditionskraftwerke bestens für die Zukunft gerüstet.
In Summe betreibt der niederösterreichische Landesenergieversorger EVN in den Bundesländern Niederösterreich und Steiermark mehr als 260 Erzeugungsanlagen, die aus den erneuerbaren Quellen Sonne, Wind und Wasser Ökostrom für rund 665.000 Haushalte produzieren. Eine wesentliche Säule in diesem Energiemix bildet traditionell die Wasserkraft. Neben fünf Speicherkraftwerken, die in erster Linie zum Ausgleich von Lastspitzen im Stromnetz dienen, zählen insgesamt 63 Kleinwasserkraftwerke unterschiedlicher Bauart und Leistungsklassen zum Anlagenpark der EVN. „Eine große Zahl der Wasserkraftanlagen sind seit vielen Jahrzehnten bzw. sogar weit über 100 Jahren in Betrieb. Um die reibungslose Funktion dieser Kraftwerke zu gewährleisten, sind Erneuerungs- und Sanierungsmaßnahmen ein dauerhaft wichtiges Thema“, so Gregor List von der EVN-Abteilung Wasserkraft Instandhaltungsplanung.
Branchenprofis aus oberösterreich am Zug
In den vergangenen beiden Jahren war es bei den Kraftwerken Seibersdorf und Blumau, die sich beide in der Nähe der Landesgrenze zum Burgenland befinden, an der Zeit für eine Erneuerung des Stahlwasserbaus. Durchgeführt wurden die Projekte von der im oberösterreichischen Almtal ansässigen Danner Wasserkraft GmbH. Das Unternehmen mit jahrzehntelanger Erfahrung im Kleinwasserkraftsektor gilt als ausgewiesener Experte im Revitalisierungsbereich. Davon zeugen eine Vielzahl erfolgreicher Sanierungsprojekte, die Danner mit seinen bestens geschulten Mitarbeitern seit der Unternehmensgründung im Jahr 1980 durchgeführt hat. Auf der umfangreichen Referenzliste der Oberösterreicher sind auch mehrere Anlagen der EVN vertreten, bei denen Danner in der Vergangenheit seine Kompetenz unter Beweis stellen konnte.
Zeit für ein technisches Update
Das 1938 fertiggestellte Kraftwerk Seibersdorf befindet sich in der namensgebenden Gemeinde am Trautmannsdorfer Werkskanal, der durch das sogenannte Kotzenmühlwehr von der Leitha ausgeleitet wird. Im rund 250 m von der Wehranlage entfernten Maschinengebäude dienen zwei unterschiedlich groß dimensionierte Francis-Schacht-Turbinen mit gemeinsam 342 kW Engpassleistung als Stromerzeuger. Die auf insgesamt 11,45 m³/s Ausbauwassermenge und 3,63 m Bruttofallhöhe ausgelegten Turbinen mit separaten Einlaufbereichen und Rechenreinigern wurden jeweils seitlich im Krafthaus positioniert. Dazwischen befindet sich ein Leerschusskanal, über den das Triebwasser bei einem Maschinenstillstand geleitet wird. „Bei der Turbine 1 wurde die dazugehörige Zahnstangenrechenreinigungsmaschine aufgrund technischer Gebrechen bereits 2014 durch ein hydraulisch betriebenes System ersetzt. Da sich beim Rechenreiniger der zweiten Maschine rund acht Jahre später ähnliche Probleme bemerkbar machten, wurde dieser im Herbst 2022 ausgetauscht“, erklärt Gregor List: „Um die Erneuerung des Stahlwasserbaus möglichst schnell zu erledigen, wurde der Austausch im Projektvorfeld gründlich geplant. Mit der raschen Umsetzung konnten sowohl der Erzeugungsverlust minimiert, als auch die Anforderungen der Fischereiberechtigten und der anderen Kraftwerksbetreiber, deren Anlagen sich weiter unterhalb am Werkskanal befinden, erfüllt werden.“
Zuverlässiges System
Umgesetzt wurde das Projekt schließlich innerhalb von nur fünf Werktagen im Oktober 2022. Anstelle des mechanisch betriebenen Zahnstangenrechenreinigers lieferte Danner eine hydraulisch angetriebene Maschine mit ausfahrbarem Teleskoparm. Ebenfalls erneuert wurde der 3,4 m breite und 2,35 m hohe Feinrechen, der von der Putzharke innerhalb eines 2-minütigen Zyklus komplett gereinigt wird. Das neue System besteht im Wesentlichen aus drei großen Baugruppen: Dem Rechenfeld, einem auf den Betonuferwänden montierten Formrohrträger und dem teleskopierbaren Reinigungsarm mit der dazugehörigen Putzharke. Komplettiert wurde der Lieferumfang durch das Hydraulikaggregat mit Sicherheitsölwanne, der Edelstahlverrohrung sowie die Steuerung der Maschine, die an die Leittechnik des Kraftwerks gekoppelt wurde. „Das Projekt hat in der Umsetzung sehr gut geklappt, ebenso tadellos funktioniert der neue Rechenreiniger. Das moderne System ermöglicht eine weitaus flexiblere Betriebsweise und bietet dank der Sensorik eine umfangreiche Rückmeldung des aktuellen Status an die Kraftwerkssteuerung“, so Gregor List.
Kraftwerk Blumau an der Reihe
Rund ein Jahr darauf wurde im Herbst 2023 beim Kraftwerk Blumau die Rechenreinigungsmaschine auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Die 1922 erstmals in Betrieb genommene Anlage befindet sich rund 30 km westlich vom Kraftwerk Seibersdorf an der Piesting. Das Kraftwerk nutzt eine Ausbauwassermenge von 4 m³/s, wobei das Triebwasser durch eine ca. 4,5 km lange Druckrohrleitung zum Krafthaus geführt wird. Dank der durch die lange Ausleitungsstrecke beträchtlichen Fallhöhe von 30,6 m schaffen die beiden Francis-Spiral-Turbinen im Krafthaus gemeinsam 883 kW Engpassleistung. „Beim Kraftwerk Blumau befindet sich der Schutzrechen direkt beim Wasserschloss an der Wehranlage vor dem Beginn der Druckrohrleitung. Wie bei der Anlage in Seibersdorf traten auch bei den dortigen Zahnstangenrechenreinigern, die direkt nebeneinander am Schutzrechen positioniert waren, vermehrt technische Gebrechen auf. Dabei bereitete vor allem das Einfallen der Weichenführung in das untere Führungslager bei Ablagerungen vor dem Rechen Probleme“, erklärt Gregor List.
Schnelle Umsetzung
Auch beim Kraftwerk Blumau war der Faktor Zeit ein wichtiges Thema, um den Erzeugungsausfall möglichst gering zu halten. Dies erforderte eine umfassende Vorplanung, bei der der Ablauf und die technischen Details des Revitalisierungsprojekts gründlich abgeklärt wurden. Die praktische Umsetzung sollte schließlich im September 2023 erfolgen, wobei der Ablauf in den gleichen Schritten wie beim Kraftwerk Seibersdorf erfolgte. Anstelle der beiden alten, nebeneinander befindlichen Maschinen kommt bei der Neuausführung ein einzelner Rechenreiniger zum Einsatz. Nach dem Abbau des Altbestands wurde der neuen Schutzrechen mit 5,1 m Breite und 2,6 m Höhe montiert. Danach folgte die Befestigung des massiv ausgeführten Formrohrträgers auf den beiden Wehrwangen, der die statische Sicherheit der Maschine gewährleistet. In der Mitte des Formrohrträgers befindet sich der hydraulisch angetriebene Teleskoparm, der den Schutzrechen innerhalb von 2 Minuten vollständig von Geschwemmsel und Treibgut befreit. Neben dem Hydraulikaggregat und entsprechenden Verrohrungen sowie der Maschinensteuerung beinhaltete der Danner-Lieferumfang auch eine Spülpumpe, die in einem neu angelegten Schacht untergebracht wurde.
Revitalisierungen professionell umgesetzt
„Auch beim Kraftwerk Blumau konnte die Erneuerung des Rechenreinigers innerhalb einer Woche abgeschlossen werden. In technischer Hinsicht haben sich die beiden neuen Rechenreinigungssysteme seit den Inbetriebnahmen bestens bewährt. Die Fa. Danner hat bei der Umsetzung definitiv eine sehr gute Leistung abgeliefert. Wie bei allen Projekten war die genaue Vorplanung des Um und Auf, wobei die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Aufragnehmer sehr gut funktionierte“, resümiert Gregor List, der abschließend bekräftigt, dass die Instandhaltung der zahlreichen EVN-Wasserkraftwerke weiterhin ein wichtiges Thema bleiben wird. In der näheren Zukunft stehen bei diversen älteren Kleinwasserkraftwerken Turbinenrevisionen und hydromechanische Erneuerungen auf dem Programm.
Erschienen in zek HYDRO Ausgabe 1/2024
Teilen: