Ökologie Technik

Rehart-Fischaufstiegsschnecke als innovative Alternative zu bekannten Aufstiegslösungen4 min read

29. Mai 2017, Lesedauer: 3 min

Rehart-Fischaufstiegsschnecke als innovative Alternative zu bekannten Aufstiegslösungen4 min read

Lesedauer: 3 Minuten

Die Fischaufstiegsschnecke (FAS) des Systems Rehart/Strasser ist auf dem besten Weg, sich als kompakte und kostengünstige Alternative zu bekannten Fischpasssystemen zu etablieren.

Das Funktionsprinzip der FAS des Herstellers „Rehart Power“ ist simpel und dabei hoch effektiv. Mittels einer „normalen“ Wasserkraftschnecke, welche gleichzeitig als Stromerzeuger dient, wird im Unterwasserbereich einer Wehranlage eine Lockströmung erzeugt. Durch diese Strömung angelockt werden wanderwillige Fische in eine seitlich montierte Förderschnecke geleitet und verletzungsfrei ins Oberwasser transportiert. Die offizielle Einweihung der ersten FAS in Deutschland fand Ende Juni 2016 im mittelfränkischen Landkreis Roth statt. Zukünftig dient das mustergültig umgesetzte Kraftwerk am Heckerwehr als Referenzanlage.

Der Einladung zur feierlichen Eröffnung der innovativen Fischaufstiegshilfe am Heckerwehr, rund 30 Kilometer südlich von Nürnberg, waren zahlreiche Vertreter der am Projekt beteiligten Unternehmen und Behörden gefolgt. Nach der Begrüßung durch Gerhard Wolff, der mit seiner S & W GmbH maßgeblich an der Entwicklung der FAS beteiligt war, konnten sich die Gäste ein Bild von der fischfreundlichen Wasserkraftanlage im laufenden Betrieb machen.
Erstmals in Betrieb ging die die Anlage zu Jahresbeginn, die Bauzeit betrug inklusive der Errichtung des Betonbauwerks rund ein Jahr. Erheblich länger dauerte die Genehmigungsphase des Projektes, von den ersten Konzeptionen bis zur endgültigen Fertigstellung vergingen fast 10 Jahre. Betrieben wird die Anlage gemeinsam von den Bauherren. Klaus Schülein und Gerhard Wolff teilen sich den Besitz und Ertrag des Kraftwerks.
Durch ihre vergleichsweise kompakte Bauweise eignet sich die FAS generell zum Einsatz an Wehranlagen und Gefällestufen mit beengten Platzverhältnissen. Zur Auswahl stehen 4 verschiedenen Baugrößen, welche in standardisierter Bauweise gefertigt werden. Bis zu 10 m Höhenunterschied können durch den Einbau des innovativen Transportschneckensystems  bewältigt werden.
Fischfreundlicher Stromerzeuger
Rehart-Power Geschäftsführer Klaus Schülein und Prokurist Christian Habermann gaben den interessierten Gästen in entspannter Atmosphäre bereitwillig Auskunft über die Funktionsweise des kombinierten Schneckensystem. Klaus Schülein betont neben dem energiewirtschaftlichen Nutzen die fischschonenden Eigenschaften des Systems: „Die Schneckenwendel ist durchgängig mit dem zentralen Rohr verschweißt, wodurch eine völlig spaltfreie Ausführung entsteht. Somit besteht für die Fische beim Aufstieg auch keine Gefahr, sich an rotierenden Elementen innerhalb der Schnecke zu verletzen oder in Hohlräumen zu verklemmen.“
Christian Habermann ergänzt, dass neben dem Transportaspekt selbstverständlich auch der Stromerzeugung zentrale Bedeutung zukommt. „Ein eindeutiger Vorteil unseres Systems liegt sicherlich auch in der Ersparnis der Restwasserabgabe, welche bei einem herkömmlichen Beckenpass schnell bei mehreren 100 l/s liegen kann. Bei der Rehart-Wasserkraftschnecke hingegen ist der Fischaufstieg bereits in das System integriert, wodurch die eigentliche Dotationswassermenge gänzlich zur Energieproduktion zur Verfügung steht.“
Am Standort Heckerwehr etwa erreicht die Wasserkraftschnecke bei einer Ausbauwassermenge von 5 m³/s und 3,4 m Fallhöhe eine maximale Leistung von 75 kW. Der erzeugte Strom wird mit einer Spannung von 400 V über eine Erdleitung an eine nahe gelegene Trafostation abgegeben und direkt ins öffentliche Stromnetz eingespeist.

Österreichisches Monitoringergebnis stimmt positiv
Dass die FAS ihrem Namen alle Ehre macht, wurde bereits in vor zwei Jahren an einem baugleichen Kraftwerk in Pilsing in Niederösterreich festgestellt. Dort führte das Ingenieurbüro für Gewässerökologie und Fischerei (IBGF) Mitterlehner im Rahmen eines wasserwirtschaftlichen Versuches ein umfassendes Fischmonitoring durch. Die Ergebnisse der  zwischen Herbst 2014 und Frühjahr 2015 durchgeführten Zählung ergaben, dass an der FAS Pilsing an 104 Untersuchungstagen insgesamt 864 Fische, darunter 18 verschiedene Arten, aufgestiegen waren. Im Vergleichszeitraum wurde an der Oberliegeranlage ebenfalls ein Monitoring durchgeführt. An dieser mit einem Beckenpass als Fischaufstiegshilfe ausgerüsteten Anlage konnten an 97 Untersuchungstagen lediglich 173 Fische gezählt werden, was in etwa einem Fünftel der FAS entspricht.

Vollautomatisches System
Als weiteren Vorteil des Systems Rehart/Strasser zählt Christian Habermann die Ersparnis einer Rechenreinigungsanlage auf. Die tägliche Reinigung des Grobrechens vor dem Schneckeneinlauf geschieht anstelle einer Putzharke durch Wasserdruck von der Gegenseite mittels eines automatisiert eingeleiteten Spülvorgangs.
Dabei wird ein Gegendruck erzeugt, der am Rechen befindliches Geschiebe entfernt und in einen seitlichen Bypasskanal leitet. Neben dem Geschiebe bleiben durch diesen Vorgang auch Sedimente und Schwebstoffe im Gewässerverlauf erhalten. Gefertigt werden die Stahlwasserbauteile ebenso wie die gesamten Schneckensysteme am Rehart-Firmensitz im mittelfränkischen Ehingen. Der Anlagenbetrieb läuft durch die intelligente Steuerung völlig automatisiert ab, die Zuflussregelung erfolgt über Pegelsensoren. Alle wichtigen Parameter des Kraftwerks sind für die Betreiber dank Internetanbindung jederzeit via PC oder Smartphone abrufbar, zudem versendet die Steuerung automatische Warnmeldungen bei etwaigen Betriebsstörungen.

9.000 Testfische im Einsatz
Bei der Wasserkraftanlage am Heckerwehr wurde das vorgeschriebene Fisch-Monitoring, für welches man rund 9.000 Fische im Oberwasserbereich des Kraftwerks aussetzte, erst kürzlich abgeschlossen. Durchgeführt wurde die Untersuchung vom Bayerischen Landesamt für Umwelt in Kooperation mit der TU München. Geschäftsführer Schülein und Prokurist Habermann erwarten aufgrund der äußerst erfolgreichen Monitoring-Ergebnisse bei der niederösterreichischen Anlage mit einem sehr positiven Abschlussbericht.

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