Restwasser: Dotierturbinen an der Donau und in den Alpen4 min read
Lesedauer: 4 MinutenDie drehzahlgeregelten Propellerturbinen der bayerischen DIVE Turbinen GmbH & Co. KG haben sich seit vielen Jahren als Alternative zu konventionellen Turbinen insbesondere zu Kaplanturbinen etabliert. Neben drehzahlvariablen Turbinen bietet der Hersteller aus Unterfranken inzwischen auch drehzahlfeste, einfach geregelte Turbinen an. Diese eigenen sich sehr gut für Restwasseranwendungen mit konstantem Durchfluss. Zwei Fallstudien in den Alpen und an der Donau zeigen aktuelle Einsatzbereiche auf.
Das Kraftwerk Öpfingen liegt ca. 30 Minuten südwestlich von Ulm in Baden-Württemberg. Als Ausleitungskraftwerk mit 2,7 MW installierter Leistung versorgt es bereits seit 1923 die Gemeinden Öpfingen, Oberdischingen und Ulm mit Strom aus Wasserkraft. Mehr als 12 Mio. Kilowattstunden werden hier jährlich produziert. Das Mutterbett der Donau wird unterhalb des Wehrs mit einer Restwassermenge beaufschlagt. Diese soll ab Herbst 2022 ebenfalls zur Stromerzeugung genutzt werden und eine zusätzliche Lockströmung am Einstieg des Fischpasses erzeugen. Da die Wassermenge konstant ist, kommt eine einfach geregelte Turbine zum Einsatz. Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm entschieden sich für eine drehzahlfeste DIVE-Turbine mit festen Laufradflügeln und verstellbarem Leitapparat. Ein ausschlaggebender Grund für die Wahl der DIVE-Turbine war, dass diese keinen Hochbau (Krafthaus) benötigt und sich somit unauffällig in die Landschaft integrieren lässt. Darüber hinaus wurde nach einer Lösung gesucht, welche keinen störenden Lärm verursacht, was bei der überspülten DIVE-Turbine garantiert ist: Der Generator befindet sich direkt oberhalb der Turbine im Triebwasser. Ein patentiertes Dichtsystem ermöglicht die dauerhafte, verschleißfreie Dichtigkeit des Systems. Somit ist die DIVE-Turbine auch eine dauerhaft hochwassersichere Lösung. Weiterhin bietet das feste Laufrad den Vorteil, dass keinerlei Schmiermittel (Öl/Fett) von der Turbine in den Fischpass gelangen können. Die Turbine verfügt über fünf fest mit der Nabe verbundene Schaufeln und wird mit konstanter Drehzahl direkt am Netz betrieben. So erreicht sie maximale Wirkungsgrade bei konstanter Wassermenge. Mit 130 kW installierter Leistung wird die neue, im Juli eingebaute Turbine ca. 1 Mio. kWh/a produzieren und ca. 275 Haushalte mit regenerativer Energie versorgen. Das entspricht 25 Prozent der Öpfinger Haushalte. 400 Tonnen CO2 lassen sich so jährlich einsparen. Die gesamte Einheit wurde im Werk der DIVE Turbinen GmbH & Co. KG vormontiert, getestet und war innerhalb weniger Stunden vor Ort installiert. Die vormontierte Einheit aus Generator und Turbine stellt geringe Anforderungen an die Bauwerkstoleranzen vor Ort. Auch bei einem überraschenden Hochwasserereignis während der Montagephase besteht keine Gefahr für die Turbinen-Generator-Einheit, da diese das Werk vollständig abgedichtet verlässt. Die Inbetriebnahme des Restwasserkraftwerks Öpfingen ist ab September 2022 geplant.
Alpenregion: Dotierturbine mit Druckkammer
Bereits seit 2011 ist das Kraftwerk Bruckhäusl an der Brixentaler Ache mit einer DIVE-Dotierturbine am Netz. Das Kraftwerk mit ursprünglich zwei Turbinen wurde nach 100-jähriger Betriebszeit generalüberholt, ökologisch komplett saniert und mit einer zusätzlichen Dotierturbine ausgestattet. Hier konnte die damals erst neu entwickelte DIVE-Turbine die Auftraggeber technisch überzeugen: Bei einer Fallhöhe von 9,20 m kam eine Turbine mit 1,15 m Laufraddurchmesser und 360 kW installierter Leistung zum Einsatz. In Kooperation mit dem Kunden und dem IHS der Universität Stuttgart wurden Turbinenkammer und die Turbine selbst hydraulisch optimiert, denn die Einbauverhältnisse waren sehr anspruchsvoll. Turbine und Generator befinden sich in einer betonierten, unterirdischen Druckkammer, über der sich heute ein Parkplatz befindet. Auch Wirkungsgradmessungen durch den Betreiber bestätigten die versprochenen Wirkungsgrade und damit auch das Vertrauen des Betreibers in die damals erst neu entwickelte Technologie der DIVE-Turbine. Ähnliche Projekte wurden in der Zwischenzeit auch mit Druckkammern aus Stahl erfolgreich realisiert. Da die DIVE-Turbine über ein wartungsfreies Dichtsystem verfügt, lässt sich der Betrieb in der Druckkammer mit minimalem Risiko realisieren.
Fischverträglichkeit als entscheidendes Kriterium
In der Anwendung als Dotierturbine rückt wie in allen Niedergefälleanwendungen das Thema Fischverträglichkeit in den Fokus. Hier bietet die DIVE-Turbine aufgrund ihres Aufbaus mit festen Schaufeln und dem drehzahlvariablen Betrieb handfeste Vorzüge: Die festen Schaufeln garantieren eine spaltfreie Ausführung und verhindern so ein Einklemmen von Lebewesen. Weiterhin sind die Drehzahlen um etwa ein Drittel niedriger als bei vergleichbaren Kaplanturbinen, was sich positiv auf das Kollisionsrisiko auswirkt. Drehzahlvariable DIVE-Turbinen bieten zusätzlichen Schutz in Teillast, da das Kollisionsrisiko mit sinkender Drehzahl abnimmt bei voll geöffneten Schaufeln.
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