Stausee Mooserboden in Kaprun für Revisionszwecke entleert5 min read
Lesedauer: 4 MinutenAls VERBUND Mitte März zur Besichtigung des entleerten Speichers Mooserboden lud, herrschten noch tiefwinterliche Bedingungen auf 2.000 m Seehöhe im hinteren Kapruner Tal.
Nicht ungewöhnlich, vielmehr typisch für die harten Bedingungen, unter denen im Salzburger Hochgebirge zu dieser Jahreszeit notwendige Arbeiten zu erfolgen haben. Der Speichersee Mooserboden war im Rahmen eines turnusmäßigen, circa alle zehn bis zwölf Jahre vorgesehenen Wartungsprogramms entleert worden, um umfassende Revisionen an Grundablass sowie der elektromaschinellen Einrichtung im Pumpspeicherkraftwerk Limberg II durchzuführen. Bis Ostern waren sämtliche Arbeiten abgeschlossen und die „grüne Batterie“ in den Hohen Tauern wieder einsatzbereit.
Der Weg hinauf zum Mooserboden ist beschwerlich, vor allem im Winter. Während im Sommer alljährlich mehr als 100.000 Touristen relativ komfortabel über die Straßen zu den Aussichtsplattformen an den Speicherseen Mooserboden und Wasserfallboden gelangen, ist dieser Weg den ganzen Winter über versperrt. Die Schneemassen und die allgegenwärtige Lawinengefahr machen den äußeren Zugang in der kalten Jahreszeit unpassierbar. Und doch gibt es alternative Möglichkeiten, hinauf zu kommen – und zwar unterirdisch. „Zuerst geht es mit den Autos durch großanlegte Tunnels bis zur Maschinenzentrale von Limberg II. Nach rund 200 m zu Fuß nehmen wir einen Schrägaufzug, der dabei mehrere Hundert Höhenmeter überwindet. Danach folgt erneut eine Fahrt durch Tunnels bis zur Talstation der Seilbahn, die uns zum Mooserboden bringt. Dabei liegt an der höchsten Stelle der Boden knapp 140 m unter uns. Aufgrund der hohen Lawinengefahr der einzige für uns mögliche Zugang, wollen wir nicht den Hubschrauber bemühen“, beschreibt Alexander Zotter, der für den VERBUND die Revisionsarbeiten koordiniert, die aufwändige Tour hinauf auf 2.040 m Seehöhe. Er verweist darauf, dass die Stromproduktion zwar oberste Priorität habe, dem Thema Sicherheit aber im Alltag eine mindestens ebenso große Rolle zukommt. Gerade die Überwachung der Lawinenstriche gehört zur täglichen Routine von Zotter und seiner Mannschaft. „Wir haben hier 46 Lawinenstriche, die wir regelmäßig kontrollieren und zum Teil auch automatisch absprengen. Seit 1955 verfügen wir über einen eigenen Lawinenwarndienst.“
Entleerung alle zehn Jahre
Am Mooserboden angelangt, bietet sich ein ungewohnter, ein seltener Anblick: Nur ein kleines Rinnsal mäandert am Grund des Speicherbeckens, das ansonsten rund 85 Mio. m3 Wasser fasst. Abgesehen von der winterlichen Schneedecke ist der Jahresspeicher leer. Alle zehn bis zwölf Jahre bietet sich diese Perspektive, wenn der VERBUND die behördlich vorgeschriebene Entleerung vornimmt. „Der Grundablass ist die Entlastungseinrichtung in einem Speicher. Um seine Funktionalität sicherzustellen, muss er alle zehn Jahre inspiziert und revidiert werden“, erklärt VERBUND-Sprecher Wolfgang Syrowatka den Hintergrund. Zu diesem Zweck wird die Entleerung bereits im Herbst von langer Hand vorbereitet und erste Schritte gesetzt. Zwar erreicht der Speicher im Herbst seinen Höchststau, doch im Laufe des Winters wird der naturgegebene Zulauf zusehends geringer. Alexander Zotter: „Natürlich wird das gespeicherte Wasser im Winter für die Stromproduktion genutzt. Somit sinkt der Pegel im Stausee in der Regel bis März auf eine Kote von etwa 1960 m. Die letzten 9 Meter bis zum Grund auf 1951 m Seehöhe können dann relativ schnell entleert werden. Wir reden da von etwa 800.000 m3, die in fünf bis sechs Stunden die Turbinen passiert haben.“ Der naturgegebene Mangel an fließendem Wasser stellt somit die entscheidende Grundlage dar, warum in den kalten Wintermonaten unter schwierigen Rahmenbedingungen wichtige Revisionsarbeiten durchgeführt werden. Doch auch dabei gilt – wie der Fachmann aus Kaprun betont: Sicherheit geht vor. Gearbeitet wird nur, wenn die Bedingungen für die Arbeiter sicher sind.
Maschinenteile revidiert
Während der stahlwasserbaulichen Ausrüstung des Grundablasses revidiert wird, finden zeitgleich auch in den unterirdischen Kavernen des Kraftwerks Limberg II, das 2011 in Betrieb genommen wurde, umfangreiche Überprüfungs-, Reinigungs- und Sanierungsarbeiten statt. Zu diesem Zweck werden bestimmte Komponenten der beiden auf 240 MW ausgelegten Francis-Pumpturbinen zerlegt, begutachtet, gereinigt und wieder eingebaut. Analog verfahren die Techniker des VERBUND, gemeinsam mit Fachkräften der unterschiedlichen Herstellerunternehmen, mit anderen Komponenten, wie etwa den beiden Motorgeneratoren, oder den beiden Speicherpumpen, die in der Sekunde bis zu 72.000 Liter Wasser nach oben pumpen. Limberg II gilt als weiterer Meilenstein im Ausbau der Produktionskapazitäten in Kaprun, immerhin wurde mit seiner Inbetriebnahme die Leistungskapazität der Kraftwerksgruppe von bislang 353 MW auf nunmehr 833 MW mehr als verdoppelt. Im Hinblick auf die Betriebsweise hat sich für die Stromproduzenten im Vergleich zu den 1950er Jahren doch einiges geändert, wie Alexander Zotter betont: „Heute sind wir viel stärker marktgetrieben als früher, als man mit dem Speicher eben Strom für die Wintermonate erzeugen wollte.“ Und Wolfgang Syrowatka ergänzt: „Wenn Überschuss aus den Wind- oder Sonnenstromkraftwerken im Netz vorliegt, wird diese Energie zum Pumpen verwendet. Bei Bedarf kann dieses Wasser dann wieder zur Stromerzeugung verwendet werden.“ Auf diese Weise werden Pumpspeicherwerke zu den „grünen Batterien“ der Alpen. Gerade einmal acht Minuten dauere es, wenn die Maschinen vom Turbinen- in den Pumpbetrieb wechseln, so Alexander Zotter. „Die Spirale und das Laufrad werden in dieser Zeit mit Druckluft ausgeblasen. Damit wird der Anfahrtswiderstand markant abgesenkt.“
Bereit für „Energieveredelung“
Neben den Revisionsarbeiten standen nun auch behördliche Inspektionen auf dem Programm. Der Unterausschuss für Talsperrensicherheit überzeugte sich vom technischen Zustand des Sperrenbauwerks. Konkret handelt es sich bei den Sperren am Mooserboden aufgrund der topographischen Gegebenheiten um zwei Anlagen – um die eigentliche Moosersperre, eine 107 m hohe Gewichtsmauer mit Bogenwirkung mit einer Betonkubatur von 665.000 m3, sowie um die Drossensperre, eine 112 m hohe Gewölbemauer mit 335.000 m3 Betonkubatur. Für die permanente Überwachung der Talsperren wurden mehr als 200 Messsysteme integriert, die laufend ihre Daten an die Einsatzleitstelle übertragen. Bis 12. April waren sämtliche Arbeiten am Mooserboden sowie am Pumpspeicherwerk abgeschlossen. Mit Einsetzen der Schneeschmelze steigt nun der Pegel im Speicher Mooserboden wieder, sodass das Pumpspeicherkraftwerk wieder seiner Aufgabe nachkommen und für wertvolle Spitzen- und Regelenergie sorgen kann.
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