Wasserkraftschnecke betreibt Kläranlage5 min read
Lesedauer: 4 MinutenGrund zum Feiern gab es Anfang September im niederösterreichischen Thaya. Obwohl das Kraftwerk der Marktgemeinde am gleichnamigen Fluss schon seit dem Vorjahr in Betrieb ist, wurde die Anlage….
am 5. September mit einem Festakt nun offiziell eröffnet. Herzstück der Anlage ist eine Schneckenturbine, die mit ihrer Leistung von 30 kW den Strombedarf für die Gemeindekläranlage liefert.
Schon seit den 1960er Jahren war die Wehranlage, über die einst eine Mühle an der sogenannten Bruckmühlwehr an der Thaya betrieben wurde, nicht mehr genutzt worden. Seit dem Vorjahr aber wird an dieser Stelle saubere Energie aus dem Fluss zur Versorgung der Gemeindeinfrastruktur gewonnen. Aus diesem Anlass schritten Anfang September Umwelt-Landesrat Dr. Stephan Pernkopf sowie der Bürgermeister der Marktgemeinde, Ing. Eduard Köck, zur offiziellen Inbetriebnahme. „Das neue Kraftwerk ist ein Musterbeispiel, wie Wasserkraft und Gewässerschutz optimal vereinbar sind. Die Marktgemeinde Thaya hat eindrucksvoll bewiesen, dass auch kleine Gemeinden große Beiträge zum Klimaschutz leisten können”, lobt Landesrat Stephan Pernkopf die Umsetzung einer Idee, die vor drei Jahren im Gemeinderat entstanden ist und von der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen wurde.
Selbstverständlich wurde auch auf den Fischreichtum des Gewässers Bedacht genommen und eine Fischaufstiegshilfe errichtet. Das Kraftwerk leistet neben der sinnvollen Energiegewinnung somit gleichsam einen optimalen Beitrag für die Gewässerökologie der Thaya. Vom Bund und dem Land Niederösterreich wurde das Projekt, dessen Kosten sich insgesamt auf 380.000 Euro beliefen, mit einer Förderung von 104.000 Euro bedacht.
Schnecke gibt Gas
Die Verwendung einer Wasserkraftschnecke bietet eine gute Möglichkeit, auch kleine Fallhöhen an einem bestehenden Wehr zur Stromgewinnung optimal zu nutzen. Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Vorteil einer archimedischen Schnecke ist die im Vergleich zu herkömmlichen Turbinen hohe Fischverträglichkeit. Aufgrund der großen Abstände im Schneckengewinde und sehr niedriger Drehzahl kommt es kaum zu Schädigungen der Fische. Kurz gesagt hat sich die Wasserkraftschnecke als effiziente, wartungsarme und ökologisch interessante Niederdrucktechnologie in den letzten Jahren am Markt etabliert.
Außerdem überzeugt die Technik durch vergleichsweise niedrige Anschaffungs- und Betriebskosten. Schon im Vorjahr wurde in der Waldviertler Gemeinde durch den Kraftwerksneubau Strom im Wert von 4.000 Euro erzeugt und damit die Hälfte der verursachten Kosten der Gemeindekläranlage gedeckt. Für 2014 ist man guten Mutes, die Kläranlage vollständig mit selbst produzierter Energie zu betreiben und obendrein auch noch mit einem erwarteten Stromüberschuss zur Versorgung der Ortsbeleuchtung beitragen zu können.
Wegen der niedrigen Fließgeschwindigkeit der Thaya an der Bruckmühlwehr entschied man sich für ein Produkt des holländischen Erzeugers Spaans Babcock, welcher auf über 100 Jahre Erfahrung in der Nutzung von Wasserkraft verweisen kann.
Bei der Kleinanlage kommt eine Wasserkraftschnecke vom Typ „IT 2400“ zum Einsatz, welche bei einer Fallhöhe von nur 1,15 m eine Zulaufmenge von 2.700 l/s Wasser verarbeitet und damit eine Ausbauleistung von 30 kW schafft. Die Wasserkraftschnecke wurde in einer Variante mit Stahlblechrinne zum Hintergießen ausgeführt und zeichnet sich neben ihren soliden Leistungsdaten ebenso durch kompakte Abmessungen aus.
Projekt voll im Zeitplan
Von einem fast reibungslosen Verlauf der Bauarbeiten vom ersten Spatenstich bis zur Inbetriebnahme weiß auch Amtsleiter Alois Semper zu berichten: „Der Bau des Krafthauses und die die Installation der Schnecke haben tadellos geklappt. Bei der Fischaufstiegshilfe hat es leichte Verzögerungen gegeben, die sind aber nicht ins Gewicht gefallen.“ Um einige Wochen verzögert hat sich das Voranschreiten des Projekts auch schon kurz nach Beginn der Bauarbeiten im Jahr 2012, als die Thaya wegen Hochwassers an der Bruckmühlwehr über die Ufer getreten ist.
Eine wichtige Bedingung für die Genehmigung der Kleinanlage war eine Rücksichtnahme auf die Gewässerökologie und den Fischbestand der Thaya. Diesen Auflagen wurde bei der Ausführung gleich zweifach Rechnung getragen: Erstens wurde eine sich harmonisch in das Gesamtbild der Anlage einbringende Fischtreppe errichtet. Und zweitens hat man mit der Wasserkraftschnecke auf genau jenes Instrument der Wasserkraftnutzung gesetzt, das durch seine Bauweise und Strömungseigenschaften eine ausgezeichnete Fischdurchgängigkeit besitzt.
Ein Zeichen im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit hat man auch bei der offiziellen Eröffnung Anfang September gesetzt, bei der vom Fischereiverein zur Verfügung gestellte Jungfische von Kindern im Fluss eingesetzt wurden. Die Kosten der Fischaufstiegshilfe, die eine Dotation von 240 l/s aufweist, beliefen sich auf 80.000 Euro und wurden von der Landesförderung mit einem Zuschuss von 48.000 Euro gestützt.
Holländisches und heimisches Know-how vereint
Um der grauen Betonfassade des KW Bruckmühlwehr ein ansprechendes Äußeres zu geben, wurde von der Firma Mc Fly aus Groß Siegharts ein moderner Schriftzug im Airbrush-Verfahren aufgetragen. Generell wurden bei dem Projekt die Erd-, Beton- und Stahlwasserarbeiten sowie die Planung an heimische Firmen aus der Region Waldviertel und Umgebung vergeben. Lediglich beim Herzstück der Anlage, der Wasserkraftschnecke „IT 2400“, verließ man sich auf die Expertise des Herstellers Spaans Babcock aus den Niederlanden, welcher seit diesem Jahr auch auf eine verlässliche Vertretung in Österreich bauen kann. Mit der TS-Wasserkraft GmbH, die auf dem Gebiet der Kleinwasserkraft über reiche Erfahrungen verfügt, setzen die Schneckenexperten auf einen verlässlichen Partner im Alpenraum. Thomas Schacherleitner, Geschäftsführer der TS-Wasserkraft GmbH, bestätigt seine positiven Erfahrungen mit dem holländischen Unternehmen und freut sich auf anstehende Projekte in Salzburg und Oberösterreich.
Erwähnenswert beim neuen KW an der Thaya ist für Amtsleiter Alois Semper auch die breite Zustimmung aller Beteiligten an dem Projekt von Beginn an: „Die Idee für die Anlage, die durch die enormen Stromkosten der Gemeindekläranlage entstanden ist, wurde von der Bevölkerung von Anfang an äußerst positiv aufgenommen und auch im Gemeinderat einstimmig beschlossen. Ebenso war es bei der Förderstelle beim Land.“ Zuständig für den Betrieb ist die Gemeinde selbst, ein Gemeindebediensteter hält bis zu dreimal in der Woche Nachschau beim Krafthaus. Für heuer ist man zuversichtlich, die Gesamtkosten der Kläranlage zu 100 Prozent zu decken und überdies noch einen Teil der sauber produzierten Energie für die Ortsbeleuchtung einspeisen zu können.
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