Zahnstangenantriebe für Schütze: Effiziente Alternative zum Hydraulikantrieb in der Wasserkraft

25. August 2025, Lesedauer: 5 min

Seit dem Aufkommen der industriellen Nutzung der Wasserkraft ist der Einsatz von Zahnstangenwinden sehr verbreitet. Obwohl diese Antriebsart etwas im Schatten der Hydraulikantriebe steht, ist sie immer noch aktuell und bietet in vielen Fällen sogar Vorteile, wie dieser Artikel aufzeigt.

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Zahnstangenantriebe haben sich seit dem 18. Jahrhundert bewährt
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Historische Entwicklung der Schützantriebe

Seit der Mensch sesshaft wurde, wuchs sein Bedarf an Wasser. Fanden sich die Siedlungen anfänglich an Flüssen und Seen, wurden schon bald entferntere Orte und Ackerflächen erschlossen. Das Wasser wurde über Kanäle bis zum Verbrauchsort geführt und dort durch Umlenkung mit Steinplatten oder Holzbrettern feinverteilt. Immer größere Schütztafeln mussten verfahren werden und der Einsatz von Zahnstangen stellte alsbald den Stand der Technik dar. Zu dieser Zeit kam dem Warentransport auf dem Wasserweg noch eine zentrale Bedeutung zu. So war an mancher Schleuse ein Regelwerk eingebaut, mit welchem die Schleusenkammer oftmals am Tag geflutet und anschließend wieder entleert werden konnte. Hunderte solcher Schleusen sind weiterhin in Betrieb, auch wenn heute viele davon vor allem noch der Freizeitnavigation dienen.

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Der Aufbau einer Zahnstangenwinde ist grundsätzlich einfach und zuverlässig.
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Aufbau von Zahnstangenantrieben

Der Aufbau einer Zahnstangenwinde ist sehr einfach und deswegen auch äußerst zuverlässig: Über eine Kurbel oder einen Elektromotor wird ein Getriebe angetrieben, in welchem die eingebrachte Kraft vervielfältigt wird. Je größer die zu hebende Last, desto größer das gewählte Untersetzungsverhältnis. Das letzte Zahnrad (Ritzel) wirkt auf die Zahnstange, welche in eine lineare Bewegung versetzt wird. Die Übertragung der Kräfte erfolgt im Getriebe rein abwälzend. Im Einsatz finden sich teilweise Antriebe mit Gewindestange und Mutter. Die Kraftübertragung geschieht in dem Fall gleitend. Was anfänglich gut funktioniert, hat jedoch einen großen Nachteil: Jegliche Verschmutzung wird mit einer schleifenden Bewegung durch die unter Last stehende Mutter bewegt. Dem kann mit Schutzrohr und Abstreifer temporär entgegengewirkt werden, auf die Dauer kommt es jedoch unweigerlich zur Abnutzung. Der Zahnstangenantrieb ist aufgrund der Abwälzbewegung hingegen extrem schmutztolerant, was eine ungleich höhere Lebensdauer ergibt.

Auslegung und technische Dimensionierung

Sei es bei einer Neuinstallation oder der Revision einer bestehenden Anlage – mit dem Betreiber sind vorgängig einige Punkte zu klären: die Abmessungen und das Eigengewicht der Schütztafel, die Ausführung der Seitenführungen, Niveau Ober- und Unterwasser. Führt das Gewässer viel Geschiebe? Kann die Schütztafel im Winter anfrieren? Aus dieser Diskussion ergibt sich die notwendige Hubkraft und die bauliche Ausführung.
Bei kleineren Bauwerken und „hohen“ Schütztafeln kommt ein Einfachzug mit mittiger Anordnung einer Winde zur Anwendung. Beim Doppelschütz werden zwei über eine Achse gekoppelte Winden eingesetzt. Durch die doppelte Anlenkung wird bei „breiten“ Schütztafeln das Verkanten seitliche vermieden. Der Antrieb kann auf einer Seite oder aber mittig zwischen den Getrieben positioniert werden.
Bei langem Hub versichert man sich zudem, dass die Zahnstange beim Senken (d.h. unter Druckbelastung) nicht ausknickt. Diese Belastung wird nach den Eulerschen Knicksätzen berechnet. Bei grenzwertigen Resultaten kann auf das nächstgrößere Modell umgestiegen werden, oder man verwendet eine verstärkte Zahnstange, welche auf ein stabiles Grundprofil aufgeschweißt ist.
Der manuelle Antrieb wird dort eingesetzt, wo Schütze nur selten verfahren werden. In gewissen Fällen kann der Antrieb auch mit einem Akkuschrauber erfolgen. In der Regel kommen jedoch elektrische Antriebe zur Anwendung, welche die ganze Palette von einfachem Verfahren vor Ort bis zu ferngesteuertem Betätigen mit Wegüberwachung ermöglichen.

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Doppelt angelenkte Schleusenwinde mit Elektroantrieb in Kanada.
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Einfach angelenkte Schleusenwinde mit elektrischem Antrieb in Mali.
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Regelbetrieb durch moderne Getriebetechnik

Bis vor wenigen Jahren wurden Zahnstangenantriebe nur für den Stell-, jedoch nicht für den Regelbetrieb eingesetzt. Durch eine innovative Neuauslegung des Getriebeteils ist dies nun möglich: Das Ritzel wurde im Durchmesser vergrößert und eingrifftechnisch überarbeitet, die Untersetzung aus dem Gehäuse delogiert. Schmierkartuschen sorgen für Dauerschmierung und lange Revisionsintervalle.
Durch diese Verbesserungen kann im Regelbetrieb gefahren werden. Erfordert es die Anwendung, lassen sich Verfahrgeschwindigkeiten von bis zu 2 m/min oder Hublasten von bis zu 60 Tonnen pro Zug realisieren. Die Hublänge kann 10 Meter betragen, was durch die patentierte Zahnstangenverstärkung auch beim Schließen (Druckbelastung) im zulässigen Knickbereich liegt.

Vorteile und Einsatzbereiche von Zahnstangenantrieben

Durch den rein mechanischen Aufbau sind Zahnstangenantriebe in einem breiten klimatischen Umfeld einsetzbar. Sie funktionieren bei tiefen wie hohen Temperaturen zuverlässig.
Ein großer Vorteil liegt zudem im ölfreien Betrieb. Das Risiko einer Gewässerverschmutzung durch ein Leck ist von Anfang an ausgeschlossen. Der Wegfall von Druckerzeuger, Regeltechnik, Verrohrung usw. bringt einerseits Einsparungen bei der Beschaffung, andererseits beim geringeren Aufwand im Unterhalt.

Effizienz und Nachhaltigkeit vereint

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Schützantriebe mit Zahnstangen folgende Vorteile bieten: Komplett ölfrei, langlebig, unempfindlich gegen Temperatur und Verschmutzung, kostengünstig in Beschaffung und Betrieb, regeltauglich.

Dieser Beitrag wurde vom ROBOR AG-Geschäftsführer Stephan Lüthi verfasst.

Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 4/2025